Swen Schulz (Spandau) (SPD):

Der Antrag der Fraktion Die Linke klingt zunächst sympathisch. Abgesehen von ein paar Ungereimtheiten enthält er eine ganze Reihe von weitgehenden Forderungen und Zielstellungen, darunter den Wegfall aller Zulassungs- und Zugangshürden für das Studium und die Sicherstellung des Rechts auf einen Masterstudienplatz im Wunschfach am Wunschort.
Allein: Das ist nicht nur ambitioniert, sondern ein Wünsch-dir-was-Katalog, der schlichtweg nicht realisierbar ist. Und darum sagt die Linke in ihrem Antrag sicherheitshalber auch nichts über Kosten und zur Fragen, woher das Geld dafür denn kommen soll. So sehr wir Zielstellungen wie die Ausweitung des Studienplatzangebotes – auch beim Master –, die Verbesserung der Lehre oder die soziale Mobilität teilen und unterstützen, so sehr gehört zu verantwortungsvoller Politik auch, dass gesagt wird, was in welchem Zeitraum geht und was nicht.
Tatsächlich muss der Hochschulpakt verbessert werden. Die weiterhin bestehende Deckelung der Finanzierung von Studienanfängerplätzen muss weg. In der Tat gibt es ein immer stärker werdendes Problem mit dem Zugang zum Master. Auch das muss im Hochschulpakt künftig berücksichtigt werden. Die heute veröffentlichte Studie über Bachelorstudierende zeigt, dass die deutliche Mehrheit ein Masterstudium anhängen will. Es reicht eben nicht, Studienanfänger zu finanzieren, es muss ihnen auch eine ordentliche Perspektive gegeben werden. Und es muss auch die Qualität der Lehre und die Betreuung der Studierenden verbessert werden – der Qualitätspakt der Bundesregierung reicht da nicht aus.
Alleine die Aufstockung des Hochschulpaktes für Studienanfänger um 200 000 Plätze bis 2015 würde Bund und Länder 5,2 Milliarden Euro kosten – nach bisheriger Berechnung. Das ist anspruchsvoll, aber machbar. Damit wäre aber bei weitem noch nicht die Forderung nach Wegfall aller Beschränkungen realisiert und auch nicht die Aufstockung des Finanzierungsbetrages. Insofern also haben wir durchaus ähnliche Zielstellungen. Doch während die Linke nach den Sternen greift, erstellen wir Konzepte, die realisierbar sind.
Der Antrag behandelt eine weitere wichtige Fragestellung, nämlich die Regelung der Vergabe von Hochschulplätzen. Wir erleben ja gerade ein Desaster, weil nun erneut ein Anlauf für ein vernünftiges, organisiertes Vergabeverfahren geplatzt ist. 17 000 Studienplätze blieben zuletzt unbesetzt – was für ein Jammer und was für ein Schaden für die Menschen und für die Gesellschaft! Das neue, Dialogorientierte Serviceverfahren sollte Abhilfe schaffen, aber – wir haben das ja gestern bereits im Ausschuss debattiert – die Verantwortlichen haben es nicht hinbekommen.
Mich erzürnt das Schwarze-Peter-Spiel, das jetzt begonnen hat. Jeder weiß ganz genau, dass er nicht verantwortlich ist. Wir fordern eine schonungslose Fehleranalyse – und Offenheit für die richtigen Konsequenzen. Es kann doch nicht sein, dass die Bundesministerin Schavan sich zurücklehnt und „Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts!“ flötet. Die Bundesregierung ist genauso im Boot der Verantwortlichen wie die Länder, die Hochschulen, der Stiftungsrat und die Softwareentwickler. Da stellt sich dann schon die Frage, woran es genau gelegen hat. Wir werden das im Ausschuss näher erörtern. Sind es technische Probleme? Hat es mit der Finanzierung zu tun? Sind es zu viele Akteure, auf deren Kooperation das System angewiesen ist? Ist es überhaupt machbar, den Hochschulen weitgehende Autonomie einzuräumen und gleichzeitig ein bundesweites Verfahren zu organisieren? Wo setzen
wir dann unsere Prioritäten?
Die Linke fordert die bundesgesetzliche Regelung des Hochschulzuganges. Das ist eine starke Forderung, für die es gute Argumente gibt. Wir bekennen uns dazu, dass das durchaus eine der Möglichkeiten ist, die am Ende
des Abwägungsprozesses stehen kann. Doch wir wollen nicht so schnell mit scheinbaren Gewissheiten auftrumpfen, sondern uns gemeinsam mit allen Beteiligten ein Bild machen und das weitere Vorgehen erörtern. Jedoch ist klar, dass umgehend ein „Plan B“ organisiert werden muss, der so lange greift, bis wir ein neues System haben. Dieser Plan B sollte tunlichst nicht in der Variante „Weiter so wie bisher!“ bestehen. Auch das werden wir gemeinsam – aber schnell – beraten müssen.