„Sie sagten viel, Sie schrieben viel, Tränenschiffe und seidene Leidenschaften. Gedichte, die das Ende der Erde erreichten, Verwundete Gedichte. Sie sagten: Die Heimat des Taubengurrens verfällt, die Heimat der Zeit, die abermals baute und lehrte. Und die Erde weinte.“

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen,

diese Zeilen stammen von der libanesischen Sängerin Fairuz. 1978 veröffentlichte sie das Lied „Der Vogel kehrt zurück“. Zu einer Zeit, als sich ihr Heimatland mitten in einem blutigen Bürgerkrieg befand. Fairuz hat sich damals bewusst nicht für eine Seite entschieden. Sie engagiert sich für die Einheit von Norden und Süden, von arm und reich, von allen Menschen im Libanon und für den Frieden.

Ein wichtiger Beitrag in einem Land, das wie kaum ein anderes in der Region von verschiedenen Konfliktlinien durchzogen und geteilt wird. Nicht zuletzt deshalb gilt Fairuz als eine der beliebtesten und am meisten respektierten Persönlichkeiten in der arabischen Welt.

Im Jahr 1978 startete die Mission UNIFIL, über die wir gerade beraten. Heute ist es jedoch der Bürgerkrieg im benachbarten Syrien, der die Sicherheit im Libanon bedroht. Zusätzlich zu allen anderen Problemen, die dieses Land hat.

Etwa 1 Million Flüchtlinge aus Syrien sind im Libanon. Eine enorme Belastung für ein Land mit gerade einmal 4 Millionen Einwohnern. Zum Vergleich: Deutschland müsste die gesamte Bevölkerung Australiens aufnehmen, um eine ähnliche Quote zu erreichen. Bei uns finden aber gerade einmal 40.000 syrische Flüchtlinge Zuflucht.

Ich meine, Deutschland muss da einiges mehr tun. Frank-Walter Steinmeier, hat in der vergangenen Woche angekündigt, mehr Menschen aus Syrien nach Deutschland zu holen und ihnen damit Schutz zu gewähren. Gut, wieder einen echten Außenminister zu haben.

Es muss uns auch ein Anliegen sein, den Libanon zu entlasten. Die großen Flüchtlingsstrome haben enorme Auswirkungen auf die Lage der Gesellschaft. Auswirkungen auf das fragile Gleichgewicht zwischen den Konfession. Auch hier müssen wir helfen!

Die Syrienkrise hat auch enorme Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung des Libanon. Und sie ist in hohem Maße sicherheitsrelevant. Nicht nur, weil die Hisbollah an der Seite Assads und sunnitische Kräfte auf der Seite der Rebellen direkt in den Konflikt eingreifen. Da grenzt es an ein Wunder, dass der syrische Bürgerkrieg noch nicht auf den Libanon übergegriffen hat.

Die aktuelle Situation im Libanon gleicht dem Spiel „Jenga“, bei dem man kleine Bausteine aus einem Turm ziehen muss. Wenn der Turm umfällt, hat man verloren. Nur gewinnen würde hier niemand.

Mit den genannten Konfliktlinien, mit Akteuren wie der Hisbollah, mit den demografischen, wirtschaftlichen und sozialen Problemen und dem Bürgerkrieg vor der eigenen Haustür schwankt der libanesische Turm gewaltig.

UNIFIL mag nur ein kleiner, stabilisierender Baustein in diesem Turm sein. Wer ihn in dieser Situation jedoch herauszieht, riskiert den Zusammensturz des gesamten fragilen Gebildes mit schlimmen Folgen für die gesamte Region.
UNIFIL ist ein Beitrag zu mehr Stabilität. Bei allen Zwischenfällen an den libanesischen Grenzen möchte ich mir nicht ausmalen, wie die Lage ohne diesen Beitrag aussähe.

Dass sich die libanesische und israelische Armee bei regelmäßigen Treffen im UNIFIL-Hauptquartier direkt austauschen können, ist ein von allen Seiten hoch geschätzter Beitrag zu mehr Stabilität. Der Aufbau der Marine, mit dem Ziel einer eigenständigen Sicherung der Seegrenzen ist ein langfristiger Beitrag zu mehr Stabilität.

Wir müssen die Kräfte in der Region stärken, die sich für mehr Stabilität einsetzen. Wir müssen den  Dialog und die Zusammenarbeit zwischen allen gesellschaftlich relevanten Akteuren unterstützen. Und wir müssen weiterhin helfen, tragfähige Sicherheitsstrukturen aufzubauen. Dazu wird auch der deutsche Beitrag zu UNIFIL benötigt, der sowohl von den Vereinten Nationen, als auch von der libanesischen und der israelischen Regierung ausdrücklich begrüßt wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Mission UNIFIL ist eine der ältesten UN-Missionen überhaupt. Angesichts dieser langen Zeit wäre es naiv zu hoffen, dass sie bald schon überflüssig sein könnte.

Nicht aufgeben will ich aber die Hoffnung, dass ein erneuter Bürgerkrieg im Libanon verhindert werden kann. Dass der Frieden und die Vögel zurückkehren. Oder, um es mit den Worten von Fairuz zu sagen:
„Aber wir kehren zurück.
Wir kehren aus Bränden zurück
Aus Straßen unter Geschossen.
Der wahre Libanon kehrt zurück,
räumt gefärbte Geschichte
und falsche Versprechen weg.
Und der Winter nimmt sie fort.
Liebe Heimat,
Der Fluss glüht vor Freude
Und mit der Morgendämmerung wird das Leben strahlen.“