Von einem „hartherzigen und erbarmungslosen“ Verhalten der beiden katholischen Krankenhäuser gegenüber dem Vergewaltigungsopfer sprach der gesundheitspolitische Sprecher und Kölner Abgeordnete der SPD-Fraktion, Karl Lauterbach, gegenüber dem „Kölner Stadtanzeiger“. Seine Überlegungen gingen dahin, ob bei einer Wiederholung die gynäkologische Notfallbetreuung in katholischen Krankenhäusern noch akzeptabel sei. Auch in der Landesregierung werden rechtliche Schritte gegen ein solches Verhalten geprüft.

Dieser Fall führt in besonders drastischer Form vor Augen, auf welche Probleme Frauen stoßen, die die „Pille danach“ auf Grund von Verhütungsfehlern oder ungeschütztem Geschlechtsverkehr am Wochenende oder am Abend benötigen, wenn die Arztpraxen bereits geschlossen sind und kein Rezept mehr ausstellen können. Vor allem in vielen ländlichen und katholischen Regionen Deutschlands stoßen Frauen auf Hindernisse und auch auf abschätzige Bemerkungen durch Klinikpersonal.

„Pille danach“ ohne Rezept nach Beratung in der Apotheke abgeben

Aus diesen Gründen will die SPD-Bundestagsfraktion, dass die „Pille danach“ mit dem Wirkstoff Levonorgestrel (LNG) endlich auch in Deutschland rezeptfrei in Apotheken zu erhalten ist. Dazu haben die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Oktober 2012 einen Antrag in den Bundestag eingebracht. Vorgesehen ist darin, dass vor der rezeptfreien Abgabe eine Beratung der Frau in der Apotheke zu erfolgen hat. Zudem soll der Umgang mit der „Pille danach“ nach Aufhebung der Rezeptpflicht evaluiert werden. SPD-Fraktionsvizin Dagmar Ziegler äußerte gegenüber der „Frankfurter Rundschau“: „Ich finde eine Beratung sehr wichtig, aber die kann auch in der Apotheke verantwortlich erfolgen. Eine Rezeptpflicht ist meiner Meinung nach dafür nicht notwendig“. Dass die Freigabe des Notfallmittels nicht zu Missbrauch geführt habe, zeigten zudem die Zahlen aus den anderen EU-Ländern, wo es seit Jahren frei erhältlich ist.

„Pille danach“ ist kein Abtreibungsmedikament

Die „Pille danach" ist kein Abtreibungsmedikament, wie von den Gegnern der rezeptfreien Abgabe oft behauptet, sondern eine Notfallverhütung, die ungewollte Schwangerschaften und Schwangerschaftsabbrüche verhindert. Denn das Medikament wirkt nicht, wenn sich die Eizelle bereits eingenistet hat. Es muss so schnell wie möglich – allerspätestens 72 Stunden nach dem Geschlechtsverkehr– eingenommen werden.

In vielen Ländern geht es ohne Rezept

In 28 europäischen Ländern – darunter Frankreich, Großbritannien, Spanien und Schweden – sowie weltweit in 79 Ländern können Frauen die „Pille danach“ ohne Rezept bekommen. Mehrere Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass die rezeptfreie Abgabe des Medikaments nicht dazu führt, dass Frauen die Verhütung vernachlässigten. Zudem sind – anders als von Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion gern behauptet – durch die „Pille danach“ auch keine gesundheitlichen Belastungen der Frauen bekannt. Bereits 2002 hat das Europäische Parlament in seiner Resolution zu sexueller und reproduktiver Gesundheit und Rechte die Mitgliedstaaten dazu aufgerufen, die „Pille danach“ zur Notfallverhütung zu erschwinglichen Preisen und rezeptfrei zur Verfügung zu stellen. 2003 hat auch der Sachverständigen-Ausschuss des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte die Aufhebung der Verschreibungspflicht empfohlen und diese Forderung 2009 wiederholt. Das damals SPD-geführte Gesundheitsministerium hat dazu keine Schritte unternommen, weil klar war, dass es dafür im Bundesrat keine Mehrheit gegeben hätte. Mittlerweile hat auch die schwarz-gelbe Bundesregierung auf schriftliche Fragen geantwortet, dass in Bezugnahme auf europäische Untersuchungen keine arzneimittelrechtlichen Gründe gegen die Aufhebung der Rezeptpflicht für die „Pille danach“ sprächen.

 

Anja Linnekugel