An diesem Montagmorgen war der heutige SPD-Fraktionschef Steinmeier bereit, vor dem Parlamenatrischen Kontrollgremium PKGr auszusagen, das die deutschen Nachrichtendienste überwacht. Denn im Raum stand der Vorwurf, eine Verwaltungsvereinbarung von 2002 zwischen BND und NSA sei Grundlage für die heutige Ausspähung durch die NSA mittels Prism und XKeyscore. Dann aber knickte die Bundesregierung ein: Mit ihrer Mehrheit lehnte die schwarz-gelbe Koalition eine Aussage von Steinmeier plötzlich ab. Vor der Presse stellte Steinmeier fest: "Der Regierung Merkel geht es nicht um Aufklärung, sondern um Flucht aus der Verantwortung." Das Verhalten der Koalition sei „erbärmlich“. Denn hier würden zwei Sachverhalte vermischt: Einerseits die geordnete Zusammenarbeit der Nachrichtendienste auf gesetzlicher Grundlage, 2002 nach den furchtbaren Terroranschlägen vom 11. September, klar geregelt. Steinmeier: Damit wurde erstmals überhaupt sichergestellt, dass Abhörmaßnahmen nach Recht und Gesetz stattfinden. Und ein Abhören von deutschen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern haben wir abgelehnt.“ Was 2002 stattgefunden habe, sei „keine Ausweitung, sondern Ablehnung“ gewesen.

 

 

Auf der anderen Seite steht die ungeklärte Ausspähung durch die NSA und die Engländer mithilfe der Systeme Prism und Tempora. Die Regierung liefert hier seit neun Wochen keine Antworten.

Gern hätte Steinmeier den Sachverhalt auch noch einmal den Mitgliedern des PKGr genau erläutert (ein Gremium, das übrigens die Regierung, nicht die Opposition kontrollieren soll). Dass er dort nun nach all den haltlosen Vorwürfen nicht Rede und Antwort stehen soll, findet er „ungeheuerlich“. Er gehe davon aus, dass die Koalition so versuche, die persönliche Diffamierung gegen ihn fortsetzen zu können. Steinmeiers Urteil: „Hier werden nicht die Suchscheinwerfer angeschaltet, sondern Nebelkerzen geworfen“.

Sollte er zu einem späteren Zeitpunkt, doch noch aussagen dürfen, geht Steinmeier davon aus, dass auch Kanzlerin Angela Merkel und sein Nachfolger als Kanzleramtsminister, Thomas de Maizière vor dem PKGr erscheinen.

An diesem Montag sollte zunächst der aktuelle Kanzleramtsminister Ronald Pofalla erneut aussagen. Denn noch immer ist die Bundesregierung die Antworten schuldig geblieben: Wieviele deutsche Bürger werden wo in welchem Umfang durch welche Maßnahmen von der NSA bzw. dem englischen Geheimdienst GCHQ ausgeforscht?

 

Unter Rot-Grün ging es allein um Auslandsaufklärung

Nach der Sitzung sagte Thomas Oppermann, Vorsitzender des Gremiums, die Behauptung der Regeirung, Rot-Grün habe 2002 der Ausforschung durch die NSA Tor und Tür geöffnet, sei endgültig und komplett widerlegt worden durch die Erklärungen Pofallas. Es sei "allein um Auslandsaufklärung gegangen, und zwar nach deutschem Recht. Die Vereinbarung sei darum "mustergültig". Das habe Pofalla heute dargelegt.

Die von der NSA gelieferten Einlassungen zu den Ausspähprogrammen Prism und XKeyscore seien ihm "zu schwammig". Oppermann: "Wir wollen, dass unsere Grundrechte respektiert werden.

Er führte aus, BND und NSA wollten nun ein Abkommen ("No Spy") aushandeln, das unter anderem zum Ziel habe, sich nicht gegenseitig auszuspionieren. Das allerdings dürften laut Oppermann nicht die Präsidenten von Nachrichtendiensten verhandeln - da müsse die Regierung selbst ran.

 

 

Über Prism wisse man nun immer noch nichts, und das in der neunten Woche.

Mit Blick auf die Ein- und dann wieder Ausladung vom Ex-Kanzleramtsminister und heutigem SPD-Fraktionschef Steinmeier bemerkte Oppermann: "Das war die skurrilste Geschäftsordnungsdebatte, die ich je erlebt habe". Die Koalition habe offenbar Angst, das Aufklärungsinteersse sei jedenfalls gering. Oppermann  schloss die Einladung weiterer hochkarätiger Zeugen nicht aus.

Das PKGr tagt am kommenden Montag erneut.

Alexander Linden