Im Rahmen des „Projekts Zukunft – für einen Infrastrukturkonsens“ befasst sich die SPD-Fraktion deshalb mit der Schieneninfrastruktur. Vor allem auch weil dort besondere Engpässe bestehen. Dazu hat die Projektgruppe Infrastrukturkonsens ein neues Dialogpapier vorgelegt. Dieses hat sie am 21. Mai 2012 mit 80 Expertinnen und Experten aus Verbänden und Unternehmen aus dem Bahn- und Transportsektor, aus den Verkehrsministerien der Länder, aus Gewerkschaften und Betriebsräten sowie von Umweltverbänden und Bürgerinitiativen in einem Werkstattgespräch diskutiert.

Ziele formulieren und Fragen stellen zum Schienenverkehr

Dabei gehe es der SPD-Fraktion zunächst nicht darum, konkrete Forderungen zu formulieren, sondern die Ziele zu definieren und Fragen zu stellen, erläuterte SPD-Fraktionsvize Florian Pronold in seiner Begrüßung. Das Dialogpapier diene dazu, um mit Expertinnen und Experten sowie Interessierten ins Gespräch zu kommen. „Wir wollen Ihnen heute zuhören, was Sie uns zu sagen haben,“ sagte Pronold. Ziel der SPD-Fraktion sei es „zu einem Konsens zu kommen, wie es mit der Infrastruktur in unserem Land, wie es mit der Schien weitergeht,“ mit diesen Worten eröffnete Pronold die Diskussion.

Erstes Ziel: Konsens herstellen

Im Bereich des Schienenverkehrs wollen die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten Lösungen, die die Basis für einen breiten Konsens in der Gesellschaft böten und mit denen sowohl die Beschäftigten als auch z.B. die Konkurrenz der Konkurrenz der Deutschen Bahn (DB) AG gut leben könnten, erklärte der Sprecher der Projektgruppe, Sören Bartol.

Verkehrskollaps verhindern

Die SPD-Fraktion wolle mehr Verkehr auf die Schiene bringen, weil nur so der Verkehrskollaps auf den Straßen zu verhindern sei. Das beträfe vor allem den Güterverkehr. Zusätzlich seien die klimaschutzziele im Verkehrsbereich nicht erreichbar, wenn die Verlagerung der Verkehre nicht gelingt. Nun ginge es, laut Bartol darum, zentrale Fragen zu beantworten: „Was können erreichen? Wo müssen wir investieren? Welche Prioritäten müssen gesetzt werden? Und wie können wir die vorhandene Schieneninfrastruktur nutzen?“

Eine neue Netzstrategie für die Schiene ist gefragt

Die SPD-Bundestagsfraktion will eine neue Netzstrategie für die Schiene erarbeiten. Dazu müssen die Kapazitäten des Schienennetzes erhöht werden, denn im Güterverkehr wird auf vielen Verkehrskorridoren bereits heute die Grenze erreicht. Dies muss finanziert werden. Jedoch reichen die Baukostenzuschüsse des Bundes gerade mal dazu aus, die in Planung befindlichen Großprojekte bis 2020 fertig zu stellen. Die Engpassbeseitigung im Güterverkehrsnetz ist noch nicht einmal begonnen worden. Um Investitionen in das Schienennetz tätigen zu können, besteht die SPD-Fraktion drauf, dass die Einnahmen aus den Vergütungen für die Trassennutzungen, ohne Abstriche wieder ins Netz zurück fließen und nicht an den Konzern abgeführt werden.

Prioritäten bei Investitionen setzen

Die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten hinterfragen, in welche Projekte investiert werden soll. In den vergangenen Jahrzehnten waren es vor allem Hochgeschwindigkeitstrassen für den Personenverkehr. Denn in den 80er und 90er Jahren wurde vor allem Wachstum im Personenverkehr prognostiziert. Doch diese Strategie ist nur bedingt aufgegangen. Heute steht fest, dass der wachsende Güterverkehr bewältigt werden muss. Weil es unmöglich ist, alles gleichzeitig zu finanzieren, will die SPD-Fraktion Prioritäten setzen. Ihre Priorität lautet: Güterverkehr und regionaler Personenverkehr.

Dabei lauten die zentralen Fragen: Wie können die Kapazitäten des Netzes vergrößert und bestehende Kapazitäten bestmöglich genutzt werden? Wie kann das Netz zuverlässiger gemacht werden.

Lärmschutz muss Bestandteil der Netzstrategie sein

Ein weiteres wichtiges Thema im Dialogpapier der Projektgruppe Infrastrukturkonsens ist der Lärmschutz. Für viele Anwohner höre die Liebe zur Eisenbahn da auf, wo der Lärm der Züge unerträglich werde, sagte Sören Bartol. Die SPD-Fraktion bereits 2011 hat ein Konzept zur Verbesserung des Lärmschutzes vorgelegt. Lärmschutz steht für sie auch im Zentrum einer neuen Schienenstrategie. Dazu müssen zeitnah kostensparende und wettbewerbsverträgliche Lösungen gefunden werden.

Strukturen kritisch betrachten

Die Entwicklung einer neuen Netzstrategie verlangt auch, sich mit den Strukturen der Bahn auseinander zu setzen, heißt es im Dialogpapier. Dabei geht es der SPD-Fraktion nicht darum, die Bahnreform von 1994 in Frage zu stellen, die aus der defizitären Staatsbahn ein florierendes Wirtschaftsunternehmen gemacht hat. Dennoch wird auch heute noch das Netz pro Jahr mit rund vier Milliarden Euro vom Staat finanziert. Werden die Regionalisierungsmittel inklusive der Trassenentgelte hinzu gezählt, wachsen die Beträge, die der Steuerzahler für den Bahnverkehr aufbringt. Aus diesem Grund steht für die SPD fest, dass die Bürgerinnen und Bürger und somit ihre parlamentarischen Vertreter wie auch die Bundesregierung die Kontrolle und Entscheidungsgewalt über die Verwendung der Gelder haben müssen. Dazu bedarf es mehr Transparenz.

Die Interessen der Beschäftigten stehen an erster Stelle

Es existieren unterschiedliche Einschätzungen und Zahlen darüber, ob und wie viel Mittel aus dem Netz geflossen sind. Es kommt jetzt darauf an, Lösungen zu finden, die garantieren, dass die Gewinne der DB-Netz AG vollständig dem Netz zu Gute kommen. Klar ist für die SPD-Fraktion, dass sie keine Lösungen mitträgt, die zu Lasten der Beschäftigten geht. Für sie steht z. B. der einheitliche Arbeitsmarkt in der DB AG nicht zur Disposition.

Wettbewerb darf nicht zu Lohndumping führen

Auch beim Thema Wettbewerb ist die sozialdemokratische Position eindeutig: Mehr Wettbewerb auf der Schiene, ist ein Mittel, um mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen. Dazu gilt es, existierende Diskriminierungen von Wettbewerbern zu beseitigen. Was die SPD nicht will, ist ein Wettbewerb, der über Lohnunterbietung und Dumpinglöhne läuft. Wettbewerb darf nicht zu Lasten der Beschäftigten gehen. Deshalb sollen strukturelle Lösungen gemeinsam mit den Beschäftigten der DB AG und der anderen Unternehmen, die auf dem Bahnmarkt tätig sind, gefunden werden.

Nichts geht im Konsens ohne Bürgerbeteiligung

Außerdem will die SPD-Fraktion die Öffentlichkeit beteiligen, wenn es um die Weiterentwicklung des Schienennetzes in Deutschland geht, denn nicht nur Stuttgart 21 hat deutlich gezeigt, das Infrastrukturvorhaben nur im Konsens mit den Bürgerinnen und Bürgern umgesetzt werden können.


Veranstaltungsteilnehmer loben Dialog mit der SPD-Fraktion

Die Veranstaltung und auch das Dialogpapier „Mehr Verkehr auf die Schiene – Eine neue Netzstrategie für die Eisenbahn“ kamen bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Werkstattgesprächs sehr gut an. Die offene Herangehensweise wurde vielfach gelobt. Das Papier soll nun in den kommenden Monaten im Dialog mit Verbänden, Unternehmen, Gewerkschaften, Bürgerinitiativen und Umweltorganisationen zu einem Konzept weiterentwickelt werden.

Programm des Werkstattgesprächs am 21. Mai 2012 in Berlin

13.00 Uhr Begrüßung

Florian Pronold MdB, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender

13.05 Uhr Einführung ins Thema

Sören Bartol, MdB, Sprecher der Arbeitsgruppe Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

13.15 Uhr 1. Diskussionsrunde: Wie muss eine neue Netzstrategie für die Schiene aussehen?

Input: Eine neue Netzstrategie aus Sicht der Arbeitnehmer

Alexander Kirchner, Vorsitzender Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG)

Moderation: Uwe Beckmeyer MdB, Leiter der Projektarbeitsgruppe „Verkehrsinfrastruktur“

Zwischenfazit: Rita Schwarzelühr-Sutter, MdB

15.15 Uhr 2. Diskussionsrunde

Welchen institutionellen Rahmen braucht eine neue Netzstrategie?

Input: Michael Holzhey, KCW

Moderation: Martin Burkert, MdB, Bahnbeauftragter der SPD-Bundestagsfraktion