Dem Antrag stimmten am Mittwoch im Bundestag neben der CDU/CSU-Fraktion auch die Abgeordneten der FDP, der AfD sowie mehrere fraktionslose Abgeordnete zu. Erstmals waren die Stimmen der AfD-Fraktion ausschlaggebend für eine parlamentarische Mehrheit. CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz hatte es auf ein solches Ergebnis angelegt und damit einen historischen Tabubruch mit weitreichenden politischen Folgen begangen. Am Freitag versuchte die Union erneut, mit den Stimmen der AfD eine Mehrheit zu erlangen –dieses Mal, um das Zustrombegrenzungsgesetz zu verabschieden – scheiterte jedoch.

„Die Union ist leichtfertig und wissentlich aus der politischen Mitte dieses Hauses ausgebrochen“, sagte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich.

Mützenich sieht die Demokratie in Deutschland durch die Abstimmungen  beschädigt. „Hier ist nicht nur die Lebensader der Demokratie beschädigt worden“, so Mützenich im Deutschlandfunk. „Ich befürchte, wenn das so weitergeht, ist sie sogar durchtrennt.“

Merz habe mit seinem Zusammenwirken mit der in Teilen als rechtsextremistisch eingestuften AfD „eine Tür aufgestoßen, die er jetzt offensichtlich nicht mehr zubekommt", sagte der SPD-Politiker weiter. Der CDU-Chef sei „offensichtlich bereit, mit den Demokratieverächtern zu gehen".

Mützenich sagte, er habe auch persönlich immer wieder bei der Union dafür geworben, „in der demokratischen Mitte weiter zu arbeiten". Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz sei dazu aber nicht bereit gewesen. Stattdessen habe er SPD und Grünen etwas hingeworfen nach dem Motto „friss und stirb“ - und sich dann „in die Hände der AfD begeben“.

Vor der Abstimmung am Freitag über den Unionsentwurf für ein sogenanntes „Zustrombegrenzungsgesetz“, bei dem klar war, dass es unter den demokratischen Parteien keine Mehrheit erreichen würde, appellierte Mützenich an Friedrich Merz: "Der Sündenfall wird Sie immer begleiten. Aber das Tor zur Hölle können wir gemeinsam schließen. Sie müssen die Brandmauer wieder hochziehen. Kehren Sie zurück in die Mitte der Demokratie.“

Der Appell war vergebens, die Union versuchte erneut, mit den Stimmen der AfD eine Mehrheit zu erreichen.

Die SPD-Fraktion wäre damit einverstanden gewesen, den Gesetzentwurf zurückzuüberweisen an den zuständigen Ausschuss und Gespräche zu führen. Allerdings nur zusammen mit all den notwendigen und wichtigen Sicherheitsgesetzen und den Gesetzen zur Gemeinsamen Europäischen Asylpolitik, die SPD und Grüne eingebracht haben. Das hatte die Union abgelehnt.

Die SPD-Bundestagsfraktion war gesprächsbereit und ist es. Gespräche unter Demokrat:innen fordern jedoch Vertrauen und die Bereitschaft, gleiche Augenhöhe herzustellen. "Und diese Voraussetzung wollten Sie leider nicht herstellen!", so Rolf Mützenich mit klaren Worten an Merz.

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte in seiner Regierungserklärung am Mittwoch das Vorgehen der Union bereits scharf kritisiert.

„Sie nehmen die Unterstützung der AfD für Ihre rechtswidrigen Vorschläge offen in Kauf“, so Scholz. Es sei die Unterstützung derer, „die unsere Demokratie bekämpfen, die unser vereintes Europa verachten, die das Klima in unserem Land seit Jahren immer weiter vergiften". Dies sei ein "unverzeihlicher Fehler".

Seit Gründung der Bundesrepublik vor über 75 Jahren habe es immer einen klaren Konsens aller Demokraten gegeben, mit extremen Rechten nicht gemeinsame Sache zu machen, sagte Scholz. „Sie haben diesen Grundkonsens unserer Republik im Affekt aufgekündigt."

Scholz bezeichnete die Vorschläge zur Verschärfung der Asylpolitik als rechtswidrig und sprach von „Scheinlösungen“, die den Rechtsstaat und die Verfassung beschädigten. „Das ist die Antwort der Populisten“, warf Scholz dem Unionskanzlerkandidaten Friedrich Merz (CDU) vor.

Scholz warb stattdessen dafür, die Einigung der EU-Staaten auf die Reform des europäischen Asylsystems weiterzuverfolgen. Gerade jetzt sei die Einigkeit Europas „wichtiger denn je“, sagte er mit Verweis auf Russland und die USA. Das gelte auch in der Migrationspolitik.

Die SPD-Fraktion hat zusammen mit den Grünen Gesetze zur Stärkung der Sicherheitsbehörden und zur Umsetzung der europäischen Asylreform in dieser Woche vorgelegt. Doch die Union blockiert diese.