Der Kandidat von SPD und Grünen mit überwältigender Mehrheit zum Staatsoberhaupt gewählt

Herzlichen Glückwunsch! Joachim Gauck ist neuer Bundespräsident

Um 14.20 Uhr ist der ostdeutsche Protestant Joachim Gauck von der Bundesversammlung zum neuen Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt worden. Gauck erhielt 991 von 1228 gültigen Stimmen, das entspricht knapp 80 Prozent der Stimmen. Der 72-jährige evangelische Theologe und ehemalige Leiter der Stasi-Unterlagen-Behörde ist damit der elfte deutsche Präsident.

Nach seiner Wahl sagte Joachim Gauck: "Was für ein schöner Sonntag!" Er erinnerte an die einzigen freien Wahlen in der DDR, am 18. März 1990. "Zum ersten Mal in meinem Leben im Alter von 50 Jahren durfte ich in freier Wahl abstimmen", sagte Gauck. Er habe sich damals gesagt: "Ich werde niemals eine Wahl versäumen." Er stellte klar: "Ich kann mich nicht denken ohne Freiheit, aber auch nicht ohne die Praxis der Verantwortung". Es sei beglückend, wieviele Menschen ihn zuvor ermutigt hätten, sich dieser Wahl zu stellen. Er werde nicht alle Erwartungen erfüllen können - aber: "Ich sage Ja mit dem Herzen und mit allen meinen Kräften zu dieser neuen Verantwortung." Er wolle sich nun auf neue Themen und Personen einlassen. "Ich will eine lebendige Bürgergesellschaft!"

Kümmern um Werte wie Freiheit und Demokratie

Vor der Wahl kamen die Wahlmänner und Wahlfrauen der SPD zu einer gemeinsamen Fraktionssitzung im Otto-Wels-Saal zusammen. Alle Delegierten waren anwesend. Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hatte zuvor geäußert, dass Joachim Gauck einen Lebenslauf vorweise, der zeige, dass Werte wie Demokratie und Freiheit nicht bleiben, wenn die Menschen sich nicht kümmern.

Hans-Jochen Vogel sagte zu spdfraktion.de vor der Wahl: "Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass Joachim Gauck seit 2003 Vorsitzender des von mir gegründeten Vereins Gegen Vergessen – Für Demokratie ist." Damit sei auch allen Kritikern das Fundament entzogen, die behaupteten, Gauck, interessiere sich zu wenig für Themen wie Rechtsextremismus.

Zeichen für junge Leute

Die jüngste Wahlfrau der SPD, die 19-jährige Katharina Digel, sagte, dass sie froh sei, dass mit ihrer Aufstellung auch Jüngere berücksichtigt würden. "So kann man ein Zeichen setzen und auch die jungen Leute erreichen, die sich sonst nicht für Politik interessieren", sagte Digel.

Der Schauspieler Jan Josef Liefers, Wahlmann der SPD-Sachsen, zeigte sich gegenüber spdfraktion.de erleichtert und froh über den Vorschlag, Gauck zum Präsidenten zu wählen. Liefers: "Ich kann sagen, ein Teil von mir wird mit Joachim Gauck Bundespräsident".

"Es ist gut, dass er überparteilich ist"

Die Schauspielerin Senta Berger, entsand von der SPD-Bayern, erklärte, dass sie an Gauck besonders das "Widerborstige" schätze. "Es ist gut, dass er überparteilich ist", sagte sie. Mit Blick auf die Vorwürfe, er sei mit seinem Freiheitsbegriff zu einseitig, stellte Berger klar: "Wer sein halbes Leben das Lied singen musste, 'die Partei, die Partei, die Partei hat immer recht', für den ist natürlich der Freiheitsbegriff das Wichtigste"; das sei auch kein Problem. Niemand habe Grund, Gauck skeptisch zu beurteilen.

Der Komiker Ingo Appelt, schon seit vielen Jahren für die SPD aktiv, klärte augenzwinkernd auf, dass er bereits sein präsidiales Outfit mitgebracht habe, falls Joachim Gauck durchfalle. "Ich stehe zur Verfügung", sagte er. Auch Appelt begrüßte, dass Gauck von fast allen gewählt wurde. "Er braucht sich darum nicht im Stich gelassen fühlen wie Horst Köhler, das wird ihm viel Kraft geben." Vor allem habe Gauck Humor, "der kann auch über eigene Fehler lachen, der wird sich nicht vor den Karren spannen lassen", so Appelt.

Nach der Wahl schloss Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) die Sitzung mit einem Seitenhieb auf die zügige Organisation der Bundesversammlung: "Demokratie kann anstrengend, aber sie kann auch sehr effizient sein".

Am 18. März hat die 15. Bundesversammlung Joachim Gauck zum neuen Bundes-präsidenten gewählt. Gauck erhielt im ersten Wahlgang eine deutliche Mehrheit. Wir haben beide Tage mit der Kamera begleitet und haben mit einigen der Delegierten, z.B. mit dem Schauspieler Jan Josef Liefers, über die Wahl und Joachim Gauck gesprochen. Viel Spaß!

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