Die SPD fordert von Schwarz-Gelb Zugeständnisse bei der Berechnung des Regelsatzes und den Bildungsleistungen für Kinder sowie Verbesserungen in der Leiharbeit. Doch auch das stundenlange Ringen bis zum frühen Montagmorgen hat kein Ergebnis gebracht. Vor allem beim Regelsatz und bei der SPD-Forderung nach gleicher Bezahlung von Leiharbeitnehmern und Stammbelegschaft bleiben Union und FDP stur. Dabei belegt just heute eine aktuelle Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes: Viele Leiharbeitnehmerinnen und –arbeitnehmer können von ihren Löhnen nicht leben – uns sind auf ergänzende Hartz-IV-Leistungen angewiesen.
Es gebe noch viele Punkte zu klären, sagte Manuela Schwesig, Sozialministerin in Mecklenburg-Vorpommern, die für die SPD-regierten Länder die Verhandlungen mit der Koalition führt, nach der nächtlichen Sitzung am Montag.
Berechnung der Regelsätze: „Koalition will sich nicht bewegen“
Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion Thomas Oppermann sagte, für die SPD-Fraktion sei die geplante Erhöhung der Regelsätze ein ausschlaggebender Punkt bei den Gesprächen.
Im ZDF-Morgenmagazin bekräftigte Oppermann die Kritik der SPD an der von Schwarz-Gelb geplanten Erhöhung des Hartz-IV-Satzes um fünf Euro. Die Koalition habe so lange gerechnet, bis sie die für sie gerade noch politisch vertretbare Erhöhung um fünf Euro gefunden habe. „Das war ein politischer Griff und keine verfassungskonforme Berechnung,“ so Oppermann.
Die SPD fordert, die Sätze transparent zu berechnen, um tatsächlich eine verfassungsrechtlich tragfähige Lösung zu finden. SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil: „Da geht es nicht allein um die Höhe, sondern um die Frage, ob da ein menschenwürdiges Existenzminimum auch tatsächlich gewährleistet ist.“ Aber: „Die Koalition will sich in dieser Frage überhaupt nicht bewegen,“ berichtete Thomas Oppermann aus den Verhandlungen.
Mindestlohn und Leiharbeit: „Position der FDP ist blanker Zynismus“
Untereinander zerstritten sind Union und FDP beim Thema Zeitarbeit. Die SPD fordert die Einführung des Mindestlohns sowie eine klare gesetzliche Regelung, die gewährleistet, dass Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern spätestens nach vier Wochen in einem Betrieb den gleichen Lohn erhalten wie ihre Kolleginnen und Kollegen aus der Stammbelegschaft.
Die FDP beharrt darauf, dass der Grundsatz der gleichen Bezahlung frühestens nach neun Monaten greift. Thomas Oppermann nannte die Haltung der FDP „absolut dogmatisch“. Er verwies darauf, dass die meisten Leiharbeiter nach neun Monaten bereits wieder aus der Zeitarbeit raus seien. „Das ist für uns ein blanker Zynismus.“
Bildungsförderung: „Schwarzer Peter darf nicht bei Kommunen landen“
Eine gewisse Annährung hatte sich bereits bei der letzten Verhandlungsrunde vor zwei Wochen bei der Bildungsförderung für Kinder abgezeichnet: „Beim Bildungspaket gibt es Fortschritte,“ sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Dagmar Ziegler. Schwarz-Gelb und die Unions-regierten Länder hätten im Laufe der Verhandlungen wichtige Forderungen von SPD und Grünen übernommen. „Dazu zählt die Ausweitung des Bildungspakets auf die Kinder von Wohngeldempfängern und die Aufgabenübertragung für das Bildungspaket auf die Kommunen,“ so Ziegler.
Doch auch hier gibt es Differenzen – vor allem bei der Frage, wie die Kommunen das Geld erhalten sollen, um diese Aufgabe zu übernehmen. Die Bundesregierung hatte angeboten, dass der Bund die Kosten für die Grundsicherung im Alter übernehme, die bisher von den Kommunen getragen wird. SPD-Ministerin Schwesig bezeichnete dieses Angebot als „Mogelpackung“. Schließlich habe die Bundesregierung diesen Vorschlag den Gemeinden bereits in den Verhandlungen für eine Gemeindefinanzreform gemacht, um sie zu entlasten. Die SPD bestehe dagegen darauf, dass die Kommunen die tatsächlichen Kosten zur Finanzierung der Bildungsangebote für bedürftige Kinder erstattet bekommen, so Schwesig.
Auch SPD-Fraktionsvize Ziegler kritisierte, die Bundesregierung habe bislang „kein akzeptables Angebot unterbreitet.“ Das Bildungspaket werde für die Kommunen zum „schwarzen Peter“, wenn es nicht ausfinanziert ist. „Genau das ist aber der Fall. Die von der Bundesregierung kalkulierten Kosten sind deutlich zu niedrig.“ Auf diese Weise sei eine Aufgabenübertragung vom Bund an die Kommunen nicht zumutbar.
Ziegler forderte außerdem ein Entgegenkommen der Bundesregierung bei der SPD-Forderung nach mehr Schul- und Jugendsozialarbeitern. „Ohne die Menschen, die die Kinder an die Hand nehmen und ihnen tatsächlich die Türen öffnen, bleibt das Bildungspaket Stückwerk,“ kritisierte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende. Dafür sei eine seriöse Finanzierung erforderlich.
Oppermann: „Ich bleibe optimistisch“
Ob der Bundesrat wie ursprünglich geplant noch am Freitag dieser Woche über einen Kompromiss beraten kann, wird immer unwahrscheinlicher. Dennoch hält SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann eine Einigung immer noch für möglich. So lange die Verhandlungen liefen, sei er optimistisch, sagte Oppermann. „Wir werden so lange verhandeln, bis ein Ergebnis kommt.“
Die nächsten Runden sind für Dienstag geplant.