Die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind gut aufgestellt: Sie haben einen Gesetzentwurf zur Einführung einer Frauenquote in Vorständen und Aufsichtsräten von Unternehmen vorgelegt, der morgen im Bundestag debattiert wird. Ein weiterer Gesetzentwurf für die gleiche Entlohnung von Frauen und Männern bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit ist in Arbeit.
Etwas zum Status quo in Sachen Gleichberechtigung
Am 26. Februar 2011 hatten 250 Journalistinnen von ihren meist männlichen Chefs die Einführung einer Frauenquote für Führungsfunktionen in Verlagen und Redaktionen gefordert. Nur vier Tage später mahnte die Expertengruppe „Forschung und Innovation“, das Ehegattengattensplitting abzuschaffen und auf das Betreuungsgeld zu verzichten. Am 5. März meldete die OECD, dass in keinem anderen euopäischen Land die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen so groß ist wie in Deutschland. Frauen verdienen bei gleicher und gleichwertiger Arbeit in Vollzeit laut OECD bis zu 21,6 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Der Durchschnitt liegt in Europa bei 16 Prozent. Ebenfalls am 5. März stellte EU-Kommissarin Viviane Reding eine EU-weite Frauenquote in Aussicht, da Freiwilligkeit bisher keine Veränderung in den Chefetagen gebracht hat.
Regierung soll endlich konsequent Gleichstellungspolitik betreiben
„Nichtfrauenministerin“ Schröder hatte den Gleichstellungsbericht in ihrer Rede mit keinem Wort erwähnt. Dabei stellt er eine hervorragende Anleitung dar, um Frauen endlich in allen gesellschaftlichen Bereichen und vor allem auf dem Arbeitsmarkt zu gleicher Teilhabe und gleichen Rechten zu verhelfen. Die Sozialdemokratinnen forderten Schröder und die Bundesregierung in der Debatte auf, die Minijobs und das Ehegattensplitting zu reformieren, das Betreuungsgeld zu stoppen, Quoten für Frauen in Führungspositionen gesetzlich festzuschreiben, Regelungen für gleiche Löhne für Frauen und Männer zu schaffen, Kitas und Ganztagsschulen weiter auszubauen und Frauen im Niedriglohnsektor mit einem gesetzlichen Mindestlohn zu stärken. Kurz und gut: die Regierung soll endlich konsequent Gleichstellungspolitik betreiben.
„Nichtfrauenministerin“ Schröder leidet unter Realitätsverlust
Deutschland sei in diesem Jahr genauso weit von gleichen Chancen für Frauen und Männer wie 2011, warf Fraktionsvizin Dagmar Ziegler der Bundesregierung vor. Die Rahmenbedinungen stimmten einfach nicht: Familien müssten finanziell unterstützt werden, aber Frauen nicht von der Erwerbsarbeit abgehalten werden. Männer müssten einen gerechten Lohn bekommen, aber Frauen deshalb nicht mit Niedriglöhnen und Minijobs abgespeist werden. Unternehmen müssten rentabel arbeiten, aber Frauen deshalb nicht von Führungsfunktionen fern gehalten werden. „Nichtfrauenministerin“ Schröder ignoriere die Notwendigkeit gesetzlicher Regelungen für Lohngleichheit von Frauen und Männern und eine Frauenquote für Führungspositionen. Der „Realitätsverlust“ zeige sich darin, dass Schröder am Betreuungsgeld festhalte. Und Ministerin von der Leyen (CDU) wolle anstatt eines gesetzlichen Mindestlohns den „Irrweg der Minijobs“ ausweiten. Bundeskanzlerin Merkel sehe diesem Treiben desinteressiert zu.
Gleichstellungsbericht bestätigt gleichstellungspolitischen Kurs der SPD
Die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben sich über den Gleichstellungsbericht gefreut, sagte Christel Humme, gleichstellungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. Denn er bestätige den Kurs der SPD-Fraktion, der die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern am Erwerbs- und Familienleben zum Ziel habe. Als Kernforderungen nennt der Bericht eine konsistente Gleichstellungspolitik, die den gesamten Lebenslauf betrachtet. Dazu gehört die Abkehr von starren Rollenbildern, denn Frauen wollen nicht mehr Zuverdienerinnen und Männer nicht mehr Haupternährer sein. Ebenso müssen veraltete Strukturen beseitigt und die Weichen richtig werden.
Minijobs und Ehegattensplitting reformieren
Antworten auf den Gleichstellungsbericht habe die schwarz-gelbe Koalition nicht, sagte Christel Humme, denn sie halte an Ehegattensplitting und Minijobs fest. Beides anzugehen hatte Professorin Klammer, Vorsitzende der für den Gleichstellungsbericht zuständigen Sachverständigenkommission, der Politik bereits vor einem Jahr empfohlen.
Minijobs verfestigen die nicht mehr zeitgemäße Zuverdienerrolle der Frau und führen in die Armut. Die überwiegende Mehrheit der erwerbstätigen Frauen arbeitet in schlecht bezahlten Teilzeit- und in noch schlechter bezahlten Minijobs. „Dabei wollen sie mehr arbeiten und auf eigenen Füßen stehen,“ stellte Humme fest. Das Ehegattensplitting signalisiere mit der Steuerklasse V, dass Frauen zu Hause bleiben oder nur einer geingfügigen Beschäftigung nachgehen sollten, weil der Ehemann als Alleinverdiener einen hohen Steuervorteil habe.
Fraktionsübergreifend Gleichstellungspolitik voran bringen
Dagmar Ziegler forderte alle Abgeordneten auf, das Gemeinsame zu betonen und endlich die Frauenquote für Vorstände und Aufsichtsräte auf den Weg zu bringen, weil 2013 viele Aufsichtsräte gewählt werden. Die Parlamentarierinnen hätten schon in der Vergangenheit gesetzliche Regelung, die einen Fortschritt für Frauen bedeuteten, gemeinsam und solidarisch erzielt. Dazu gehörte unter anderem der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz 1992. Zigeler beendete ihre Rede mit den Worten: "Lassen Sie uns gemeinsam ein weiteres Frauenrecht erkämpfen!"