Mit den Programmen „CIVITAS“, „ENTIMON“ und „VIELFALT TUT GUT“ unterstützt der Bund Initiativen und Vereine im Kampf gegen Rechtsextremismus und im Eintreten für Demokratie. Durch ihre Bildungs- und Präventionsarbeit leisten die geförderten Projekte einen unverzichtbaren Beitrag zur Stärkung der demokratischen Zivilgesellschaft und für die Achtung der Menschenrechte. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass Empfänger von Zuwendungen des Bundes auf dem Boden des Grundgesetzes stehen müssen. Durch ihre Arbeit beweisen diese Initiativen mehr als viele andere, dass sie für die Geltung des Grundgesetzes aktiv eintreten, dass sie die demokratische Kultur stärken und die Demokratie vor ihren Feinden schützen wollen.
Proteste der betroffenen Initiativen gegen „Demokratieerklärung“
Nach dem Willen der schwarz-gelben Koalition und vor allem von Bundesministerin Schröder erhalten Träger von Projekten gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus künftig im Rahmen des neuen Nachfolgeprogramms „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ kein Geld, wenn sie nicht vorher eine „Demokratieerklärung“ unterschreiben.
Mit einer solchen „Extremismusklausel“ müssen sich Zuwendungsempfänger künftig nicht nur zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen, sondern sich auch dazu verpflichten, all ihre möglichen Partner auf Verfassungstreue zu überprüfen und hierfür im Zweifel beim Bund oder beim Verfassungsschutz anzufragen.
Die Familienministerin hat damit heftige Proteste der betroffenen Initiativen ausgelöst. Vor allem der zweite Teil der abverlangten Erklärung stößt auf Widerstand: Kooperationspartner auf Verfassungstreue prüfen zu müssen, empfinden sie als „gegenseitigen Bespitzelungszwang“.
SPD-Fraktion lehnt Neuregelung ab
Auch die SPD-Fraktion hält die „Extremismusklausel“ ausgerechnet bei Demokratieinitiativen für widersinnig und paradox – und lehnt die neue Regelung ab. Schwarz-Gelb und Ministerin Schröder unterstellen, dass gerade Demokratieinitiativen in einem besonderen Maße geneigt seien, mit antidemokratischen Partnern zu kooperieren. Sie stellen damit all jene, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren, unter Generalverdacht. Eine stichhaltige Begründung für eine solche Unterschriftspflicht fehlt. Träger, die sich nachweislich gegen die Ziele des Grundgesetzes richten, sind ohnehin von der Förderung ausgeschlossen. Zudem ist nicht hinreichend klar, welches konkrete Verhalten seitens der Zuwendungsempfänger zu erwarten ist und welche Rechtsfolgen drohen. Die Initiativen und Vereine, die sich gegen Rechtsextremismus und für Demokratie engagieren, werden durch die Neuregelung vor große bürokratische Hürden gestellt.
Gutachten zweifelt an Verfassungskonformität der Klausel
Ein aktuelles Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes kommt außerdem zu dem Schluss: Die „Extremismusklausel“ ist verfassungsrechtlich problematisch. Der Staat, so das Gutachten, habe in einem bloßen Zuwendungsverhältnis (anders als bei der Verbeamtung oder der Einbürgerung) wohl kein Recht, ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu verlangen, da der hohe Wert der verfassungsrechtlich geschützten Meinungsfreiheit dem entgegenstehe. Auch hinsichtlich der Verpflichtung, potenzielle Partner auf ihre Verfassungstreue zu überprüfen, äußert das Gutachten verfassungsrechtliche Bedenken: Die entsprechenden Formulierungen verstießen eventuell gegen das Bestimmtheitsgebot und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot).
Das Gutachten zweifelt zudem an der Zweckmäßigkeit einer solchen Extremismusklausel: „In einem Klima des Misstrauens und der gegenseitigen Gesinnungsüberprüfung dürfte sich das Erleben von demokratischer Teilhabe kaum organisieren lassen.“
SPD-Antrag: „Demokratieerklärung“ streichen
Die Bundestagsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben einen gemeinsamen Antrag in den Bundestag eingebracht, der Bundesministerin Kristina Schröder zum Verzicht auf die Erklärung auffordert.
Wenn der Staat erwartet, dass Bürger für eine demokratische Kultur, also für die Grundlagen des demokratischen Staates selbst eintreten, so tut er gut daran, diesen Bürgern nicht a priori mit Misstrauen zu begegnen.