Die EEG-Novelle sei ein „erster Baustein für ein festes Fundament der Energiewende“, sagte Bundeswirtschafts- und -energieminister, Sigmar Gabriel (SPD) in der Debatte. Der Strompreis sei seit 2010 um über 200 Prozent gestiegen, der Netzausbau sei nicht vorangekommen, ebenso so wenig die Marktintegration der erneuerbaren Energien. Beim Ausbau der Erneuerbaren gelte nicht „je schneller, desto besser“ sondern, „je planbarer, desto besser“, betonte Gabriel.

Für einen verlässlichen Ausbau der Erneuerbaren

Die Zeit des EEG als Technologieförderungsgesetz gehe zu Ende, jetzt müssten die erneuerbaren Energien Systemverantwortung übernehmen. Die EEG-Novelle schreibe deshalb einen verlässlichen Ausbaupfad fest. Gabriel verwies darauf, dass das Ausbauziel von 2.500 Megawatt pro Jahr in den letzten Jahren bei der Photovoltaik nur einmal erreicht worden sei. Damit entkräftete der Minister Vorwürfe, dass diese Ziele den Ausbau der Erneuerbaren bremsen würden. Wichtig sei, dass die Kosten für den Strom aus erneuerbaren Energien durch den Abbau von Überförderung gesenkt werden.

Deutschland sei angetreten, sich als Industrieland von nuklearen und fossilen Brennstoffen zu befreien. Für die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft sei es deshalb wichtig, für die stromintensive Industrie Entlastungen von der EEG-Umlage fortzuführen. „Was nutzt es, wenn die Stromkosten für Verbraucher sinken, aber die Arbeitsplätze verloren gehen“, sagte Gabriel. Zudem zahle die deutsche Industrie 7 Milliarden und die Wirtschaft insgesamt 12 Milliarden Euro für die erneuerbaren Energien.

Neue Forderungen der EU-Kommission sind inakzeptabel

Gabriel lehnte in seiner Rede erneut die erst am 23. Juni  bekannt gewordene Forderung der EU-Kommission nach einer Befreiung der Stromimporte von der EEG-Umlage als inakzeptabel ab. Ebenso verwehrte er sich gegen die Vorstellung des EU-Wettbewerbskommissars Almunia, dass sämtliche Eigenstromversorger 100 Prozent der EEG-Umlage zahlen sollen. Beide Forderungen seien von der EU zuvor nie gestellt worden, stellte Gabriel klar. Das Verhalten der EU-Kommission hatte zu Beginn der Woche zu Änderungen am Gesetzentwurf geführt. Die Kritik der Oppositionsfraktionen, mit den Änderungen am Gesetz überrumpelt worden zu seien, hatte bereits die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin, Christine Lambrecht, in einer Debatte zur Geschäftsordnung zurückgewiesen.

 

Rede von Bundesminister Sigmar Gabriel

SPD-Fraktion orientiert Energiepolitik am Gemeinwohl

SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil hob zu Beginn seiner Rede positiv hervor, dass alle Fraktionen im Bundestag die Energiewende zum Erfolg führen wollten und niemand mehr den Ausstieg aus der Atomkraft in Frage stelle. Er warf der EU-Kommission vor, das EEG sprengen zu wollen. Heil betonte, dass die SPD-Fraktion in der Koalition eine „Energiepolitik im Interesse des Gemeinwohls“ organisiere. Ziel sei es, „die Energiewende wirtschaftlich, ökologisch und sozial“ zu meistern.

Rede von Hubertus Heil, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender

Fragen und Antworten zur EEG-Reform

Warum muss das EEG reformiert werden?

Dank des im Jahr 2000 von der damaligen rot-grünen Bundesregierung einführten Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) haben die erneuerbaren Energien mittlerweile einen Anteil von rund 25 Prozent an der Stromerzeugung in Deutschland. Rund 300.000 Arbeitsplätze sind mit den erneuerbaren Energien verbunden. Das ist ein echter Erfolg. Dennoch ist es an der Zeit, das ursprünglich zur Förderung der damals noch teuren Technologien zur Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen eingeführte Gesetz an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Dabei gilt es vor allem, den Anstieg der sog. EEG-Umlage zu bremsen. Diese Umlage gleicht die Differenz zwischen dem Preis, den der Strom aus erneuerbaren Energien an der Strombörse erzielt, und der garantierten Einspeisevergütung aus.

Wie soll der Kostenanstieg gebremst werden?

Um den weiteren Kostenanstieg zu bremsen, werden Überförderungen bei der Einspeisevergütung abgebaut, Vergütungen abgesenkt und Boni gestrichen. Die durchschnittliche Vergütung inklusive aller erneuerbaren Energieträger beträgt derzeit ca. 17 Cent/kWh. Für Neuanlagen sind es künftig nur noch 12 Cent/kWh. Außerdem wird die Höhe der Förderung künftig marktgerechter ermittelt. Ab 2017 soll dies durch Ausschreibungen geschehen. Dazu soll es ein eigenständiges Gesetz geben. Die Ausschreibungen sollen so gestaltet werden, dass Bürgerwindparks und Genossenschaften weiterhin faire Chancen haben.

Wie werden die Kosten gerechter verteilt?

Die Energiewende und der Ausbau der erneuerbaren Energien ist eine Gemeinschaftsaufgabe, an deren Finanzierung sich alle beteiligen müssen. Bislang war die Eigenstromerzeugung von der EEG-Umlage befreit. Mit steigender EEG-Umlage wurde die Eigenversorgung immer attraktiver – zum Nachteil der Stromkunden, die sich keine Photovoltaik-Anlagen leisten können. Daher müssen künftig auch Eigenstromerzeuger die EEG-Umlage bezahlen.

Sie wird grundsätzlich voll einbezogen. Sonderregelungen gelten nur für Betreiber von Neuanlagen, die Eigenstrom aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK) erzeugen. Sie müssen bis Ende 2015 30 Prozent, ab 2016 35 Prozent und ab 2017 40 Prozent der EEG-Umlage auf selbstverbrauchten Strom bezahlen. Danach werden alle Neuanlagen mit 40 Prozent an der EEG-Umlage beteiligt. Für KWK-Anlagen soll kurzfristig per Verordnung die Förderung über das KWK-Gesetz angepasst werden können, um Mehrbelastungen auszugleichen. Kleinanlagen wie Solarmodule auf Hausdächern, die eine Leistung von unter 10 kW haben, bleiben von der EEG-Umlage befreit. Gleiches gilt für bestehende Anlagen und auch für deren Modernisierungen. 2017 soll diese Regelung überprüft werden.

Wie sehen die Ausbaukorridore für die Erneuerbaren aus?

Die Koalitionspartner SPD und Union haben sich darauf geeinigt, den Anteil der erneuerbaren Energien bis ins Jahr 2025 auf 40 bis 45 Prozent zu erhöhen. Im Jahr 2035 sollen es sogar 55 bis 60 Prozent sein. Diese Ziele sind nur erreichbar, wenn der Ausbau weiter vorangetrieben wird. Damit der Ausbau für alle Beteiligten planbar und bezahlbar bleibt, werden im Gesetz sog. Ausbaukorridore für die unterschiedlichen erneuerbaren Energieträger festgelegt. Vor allem kostengünstige Technologien wie Windenergie an Land und Photovoltaik sollen ausgebaut werden. Folgende Mengen können dazugebaut werden:

  • Solarenergie: 2.500 Megawatt pro Jahr
  • Windenergie an Land (Onshore): 2.500 Megawatt pro Jahr – werden Windparks erneuert, gilt  nur die zusätzlich erzeugte Energie als Zubau
  • Biomasse: 100 Megawatt pro Jahr, da dieser Energieträger sehr kostenintensiv ist

Bis 2020 soll die Windenergie auf See (Offshore) auf 6.500 Megawatt gesteigert werden und danach um weitere 800 Megawatt pro Jahr. Netzanschlusszusagen sollen bei stagnierenden Projekten durch die Bundesnetzagentur wieder entzogen und neu vergeben werden.

Wird mehr als geplant hinzugebaut, sinkt die Förderung für alle neuen Anlagen des jeweiligen Energieträgers. Aufgrund ihrer Marktentwicklung ist bei Geothermie und Wasserkraft keine Mengensteuerung erforderlich.

Vor allem wird es darauf ankommen, den Ausbau der erneuerbaren Energien und den Ausbau der Netze aufeinander abzustimmen. Dies muss jedoch in einem separaten Gesetz geregelt werden.

Wie sollen die Erneuerbaren in den Strommarkt integriert werden?

Die bessere Integration der erneuerbaren Energien in den deutschen und europäischen Strommarkt wird dadurch erreicht, dass die Betreiber größerer Anlagen mit der EEG-Reform verpflichtet sind, künftig den erzeugten Strom direkt zu vermarkten. Das gilt ab 2016 für alle Anlagen ab einer Leistung von 100 kW. Auch dies war im Gesetzentwurf zunächst anders vorgesehen. Die bisher für die Direktvermarktung gezahlte Managementprämie soll entfallen und Bestandteil der Einspeisevergütung werden. Außerdem entfällt künftig der Anspruch auf Förderung für Erneuerbare-Energien-Anlagen, wenn über einen längeren Zeitraum (mehr als sechs Stunden) sogenannte negative Börsenpreise erzielt werden. Das bedeutet, dass Stromerzeuger, dafür bezahlen müssen, wenn sie ihren Strom verkaufen und die Stromkäufer zusätzlich zum Strom Geld erhalten. Dies ist der Fall, wenn es ein Überangebot an Strom bei gleichzeitig geringer Nachfrage gibt. Außerdem müssen alle EEG-Anlagen bis auf wenige Ausnahmen künftig fernsteuerbar sein, um die Stromproduktion regulieren zu können.

Was gilt für stromintensive Unternehmen?

Die „Besondere Ausgleichsregelung“ für die stromintensive Industrie, die im internationalen Wettbewerb steht, sieht bisher eine Begrenzung der Belastung durch die EEG-Umlage vor, damit diese Unternehmen im Wettbewerb bestehen können.

Diese Regelung der Begünstigung wird nach langen und konstruktiven Gesprächen mit der EU-Kommission gemäß ihrer Leitlinien europarechtskonform weiterentwickelt. Unter Berücksichtigung der neuen Energie- und Umweltbeihilfeleitlinien der EU-Kommission ist eine Lösung vorgesehen, die es stromintensiven Industrieunternehmen erlaubt, auch künftig in Deutschland wettbewerbsfähig zu produzieren. Gleichzeitig soll die Entlastung stärker auf wirklich energieintensive Unternehmen konzentriert werden.

Wer kann begünstigt werden?

Antragsberechtigt für die Begünstigungen sollen künftig Unternehmen aus insgesamt 68 Branchen sein, die die Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien der EU-Kommission als stromkosten- und handelsintensiv einstufen. Der Anteil der Stromkosten an ihrer Bruttowertschöpfung muss mindestens 16 Prozent (ab 2015:17 Prozent) betragen. Daneben sollen im Einzelfall auch besonders stromintensive Unternehmen anderer Branchen begünstigt werden. Der Anteil der Stromkosten an ihrer Bruttowertschöpfung muss mindestens 20 Prozent betragen.

Wie soll die Begünstigung aussehen?

Alle begünstigten Unternehmen werden künftig grundsätzlich 15 Prozent der EEG-Umlage tragen. Sie sollen zunächst für die erste Gigawattstunde die volle EEG-Umlage zahlen und für alle weiteren Kilowattstunden mindestens 0,1 Cent. Diese Mindestumlage soll den Grundbeitrag der begünstigten Unternehmen für das EEG-Konto sicherstellen. Die Belastung soll bei sehr hoher Stromkostenintensität auf 4 Prozent bzw. 0,5 Prozent der Bruttowertschöpfung des Unternehmens begrenzt werden. Um wirtschaftliche Verwerfungen zu vermeiden, zahlen Unternehmen der Nichteisenmetall-Branche (z. B. Aluminiumwerke) nur 0,05 Cent pro Kilowattstunde.

Übergangs- und Härtefallregelungen

Um Verwerfungen bei Unternehmen, die durch die Neuregelung stärker als bisher belastet werden, zu vermeiden, soll eine schrittweise Erhöhung der Belastung erfolgen: Bis zum Jahr 2019 darf sich die EEG-Umlage für diese Unternehmen von Jahr zu Jahr höchstens verdoppeln. Die Systemumstellung soll durch weitere Übergangsregelungen für alle Unternehmen erleichtert werden. So soll die Antragsfrist in diesem Jahr bis zum 30. September 2014 verlängert werden. Unternehmen, die im Jahr 2014 in der Besonderen Ausgleichsregelung begünstigt sind, künftig aber nicht mehr antragsberechtigt sein sollen, sollen ab 2015 20 Prozent der EEG-Umlage bezahlen.

Durch die Entlastung sollen mehrere hunderttausend Industriearbeitsplätze in Deutschland  gesichert werden. Nur wenn Deutschland ein wettbewerbsfähiger Wirtschafts- und Industriestandort bleibt, kann die Energiewende nachhaltig erfolgreich sein.