Nun hat Umweltminister Peter Altmaier (CDU) am 9. Oktober auf einem hektisch einberufenen "Stromspargipfel" verkündet, er wolle dem Anstieg der Strompreise mit einer kostenlosen Energieberatung für alle Privathaushalte bis 2020 entgegentreten. SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber bezeichnete diesen Vorschlag und „einige hektische Operationen am Erneuerbaren-Energien-Gesetz“ als „ein totales Versagen“ des Umweltministers. Die Kanzlerin hatte im vergangenen Jahr noch eine Erhöhung der EEG-Umlage ausgeschlossen. Somit hat Angela Merkel ihr Versprechen gebrochen.

Die SPD-Bundestagsfraktion beschäftigt sich seit geraumer Zeit mit der Problematik, die Energiewende für die Bürgerinnen und Bürger bezahlbar zu gestalten. Vor allem geht es darum, Privathaushalte, die Transfereinkommen wie Arbeitslosengeld II beziehen oder nur über ein geringes Einkommen verfügen, nicht zu überfordern. Denn bereits jetzt sind die gestiegenen Energiekosten für viele Bürgerinnen und Bürger eine große Belastung. Aber auch kleine und mittelständische Unternehmen sind von dem Preisanstieg betroffen.

Die SPD-Fraktion setzt sich mit den Fakten, die mit dem Anstieg der Strompreise in Verbindung stehen, intensiv auseinander und erarbeitet eigene Positionen, um die Strompreisentwicklungen sozial verträglich zu gestalten.

Wie errechnet sich die EEG-Umlage?

Seit dem Jahr 2000 legt das Erneuerbare-Energien-Gesetz fest, dass der aus Erneuerbaren Energien (Sonne, Wind, Wasser und Biomasse) erzeugte Strom vorrangig in die Stromnetze eingespeist wird. Da die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien seit 2000 aufgebaut wird, sind die Produktionskosten auf Grund der notwendigen Investitionen in neue Technologien zunächst vordergründig teurer als der so genannte konventionell erzeugte Strom aus zumeist älteren Anlagen. Deshalb werden die Mehrkosten für den Strom aus Erneuerbaren Energien – auch Grünstrom genannt – über die EEG-Umlage auf die Stromverbraucherinnen und -verbraucher umgelegt.

Der Anteil der Erneuerbaren Energien liegt mittlerweile bei 25 Prozent gegen über 6,4 Prozent im Jahr 2000. Das ist ein Erfolg der Förderung Erneuerbarer Energien. Jede Kilowattstunde Grünstrom, die ins Stromnetz eingebracht wird, vergüten die Netzbetreiber den Herstellern. Die Netzbetreiber verkaufen den Strom. Die Differenzbeträge, die sich aus den höheren Vergütungen für Grünstrom und dem tatsächlich erzielten, niedrigeren Verkaufspreisen ergeben, laufen auf einem Sammelkonto auf. Aus dieser Summe errechnet sich jährlich die Höhe der EEG-Umlage. Sie wird über die Strompreise auf die Stromverbraucherinnen und -verbraucher umgelegt. Das ist ehrlicher und transparenter als der Weg über Subventionen und Förderungen aus dem Bundeshaushalt, denn dadurch ist nie richtig bekannt geworden, was uns die fossilen Energien eigentlich gekostet haben. Umso unverständlicher ist es, dass heute das EEG einseitig als Kostenmoloch hingestellt wird, obwohl klar ist, dass der Umbau eines ganzen Systems nicht ohne Kosten zu haben ist.

Im Jahr 2000 lag die EEG-Umlage bei 0,2 Cent/kWh, 2012 macht sie 3,592 Cent/kWh aus und in 2013 soll sie auf über 5 Cent/kWh angehoben werden.

Warum soll der Strom teurer werden?

Seit 2009 wird Strom aus Erneuerbaren Energien an der Strombörse gehandelt. Weil der Brennstoffkostenpreis von Wind und Sonne bei null liegt, sorgt er auf Grund des Börsenmechanismus für Energie dafür, dass die Erneuerbaren Energien den Börsenpreis 2012 am Spotmarkt (kurzfristiger, tagesbezogener Stromhandel) um 0,3 bis 0,8 Cent/kWh gesenkt haben. Dadurch konnten die Energieversorger und die stromintensive Industrie Strom billiger einkaufen. In den letzten Jahren haben die Energieversorger ihre dadurch erreichten Einsparungen jedoch nicht an die Privathaushalte weitergegeben.
Die durchschnittliche monatliche Stromrechnung von einem drei-Personen-Haushalt ist seit dem Jahr 2000 von 40,66 Euro auf 75,08 Euro im Jahr 2012 gestiegen. Durch die Anhebung der EEG-Umlage in 2013 wird der Strompreis um ca. fünf Euro in einem drei-Personen-Haushalt monatlich steigen. Das sind 60 Euro im Jahr. Trotz allem ist die Preisentwicklung der letzten Jahre in erster Linie auf die erhöhten Preise für die fossilen Energieträger zurückzuführen. Die Erneuerbaren Energien haben sich an der Strombörse eher preisdämpfend ausgewirkt. Denn die Kosten für Erzeugung, Transport und Vertrieb von Strom machen den Löwenanteil am Strompreis aus.

Warum müssen vor allem Privathaushalte und mittelständische Unternehmen höhere Strompreise zahlen?

Die Industrie zahlt je nach Stromabnahme deutlich geringere Strompreise. Weil sie im internationalen Wettbewerb steht, wird sie außerdem bei Steuern, Umlagen und Netzkosten um etwa 9 Milliarden Euro pro Jahr besser gestellt. Doch dies erfolgt per Gießkanne, so dass auch Unternehmen davon profitieren, die gar nicht im internationalen Wettbewerb stehen. Unter Rot-Grün waren 400 Betriebe von der EEG-Umlage befreit, heute sind es rund 2.000 Unternehmen und weitere 2.000 Anträge auf Teilbefreiung liegen für das kommende Jahr vor.

Allein der Effekt aus dieser Befreiung von der EEG-Umlage oder einer Ermäßigung wird bis 2011 auf weitere 2,5 Milliarden Euro geschätzt. Das erhöht die Umlage für die Privathaushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen um weitere 0,96 Cent/kWh. Nach der Einfügung weiterer Entlastungsstufen 2013 für die Wirtschaft durch die schwarz-gelbe Bundesregierung wird eine Erhöhung dieser Begünstigung auf 1,29 Cent/kWh erwartet.

Wie verteilen sich die EEG-Kosten?

Die reinen Förderkosten an der EEG-Umlage (noch 3,59 Cent/kWh) betragen nur 2,07 Cent/kWh. Sie machen einen Anteil von 57 Prozent der Umlage aus. Der Rest verteilt sich auf die Folgen des Absenkens des Börsenstrompreises (15 Prozent), die Kosten der Marktprämie (ein Prozent) und die Entlastung für die stromintensive Industrie (27 Prozent).

Die stromintensive Industrie allein verbraucht 18 Prozent des Stromes in Deutschland. Doch sie zahlt nur 0,3 Prozent der Umlage und für 2013 haben weitere 2 000 Unternehmen einen Antrag auf Teilbefreiung gestellt. Somit ist die Hälfte des von der Industrie verbrauchten Stroms entweder komplett befreit, weil sie auch auf Eigenverbrauch von selbsterzeugtem Strom keine Umlage zahlen müssen oder sie zahlt je nach Höhe des Verbrauchs und dem Anteil der Stromkosten am Produktionswert nur einen Teil. Dieses Privileg wird ab 2013 voraussichtlich einen Anteil von 25 Prozent einnehmen. Mit der Möglichkeit am Spotmarkt günstig Strom kaufen zu können und gleichzeitig von der reduzierten EEG-Umlage zu profitieren, sind diese Unternehmen die eigentlichen Gewinner der Energiewende.

Wie steht es eigentlich um die Förderung der fossilen Energien?

Seit 1970 bis 2012 sind an die fossilen Energieträger 611 Milliarden Euro an steuerfinanzierten Subventionen geflossen. Der Strompreis müsste bei Einrechnung dieser und aller sogenannter externer Kosten, z. B. für Umweltschäden durch den Klimawandel, um mindestens 10 Cent/kWh höher liegen. Zum Vergleich: Die Förderung der Erneuerbaren Industrien beträgt heute 3,592 Cent/kWh.

Wie Schwarz-Gelb die Kosten für die Energiewende in die Höhe treibt

Schwarz-Gelb hat den Rot-Grünen Atomausstieg immer abgelehnt. Deshalb haben die Stromversorger sich auch darauf verlassen, dass die Laufzeiten für Atomkraftwerke bei einem Regierungswechsel verlängert werden. Dadurch wurden wichtige Investitionen in den Ausbau der Netze und der Speicherkapazitäten in den vergangenen 10 Jahren nicht getätigt. Auch, wenn nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima die Laufzeitverlängerung zurückgenommen und der Atomausstieg erneut gesetzlich festgelegt wurde, stellt Schwarz-Gelb die Energiewende immer wieder in Frage und führt dazu den teuren Preis des Ökostroms an.
Gleichzeitig blockiert die Regierung, dass die Potenziale der Energieeffizienz zur Senkung des Stromverbrauchs ausgeschöpft werden. Deutschland hat erheblich mit dazu beigetragen, dass die Anforderungen an die EU-Richtlinie so nach unten geschraubt wurden, dass die Energieeinsparziele nicht erreicht werden können. Diese Einsparziele sind aber notwendig, um langfristig die Energieversorgung zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien speisen zu können und den Energieverbrauch bezahlbar zu halten.

Was muss die Politik tun?

Die Energiewende ist gesamtgesellschaftlich gewollt und sie ist notwendig, um unser Land von den teuren und endlichen fossilen Energieträgern unabhängig zu machen und die Folgen des Klimawandels einzudämmen. Der Beschluss von Rot-Grün aus der Atomenergie auszusteigen in Verbindung mit dem EEG hat die Grundlage für die Energiewende gelegt. Dadurch sind rund 380 000 neue Arbeitsplätze in dieser Branche entstanden. Diese Entwicklung wirkt sich vor allem vor Ort positiv für Kommunen und Bürgerinnen und Bürger aus, die in die Erneuerbaren Energien investieren.

Es wäre ein fataler Fehler das Erneuerbare-Energien-Gesetz in Gänze in Frage zu stellen. Es geht darum, vernünftige Anpassungen vorzunehmen. Deshalb arbeitet die SPD-Bundestagsfraktion an Antworten vor allem auf folgende Fragen:

  • Wie kann gewährleistet werden, dass die Befreiung der Industrie von der EEG-Umlage passgenauer durchgeführt werden, damit die Privathaushalte entlastet werden?
  • Wie kann in allen Privathaushalten und vor allem in den sozial schwachen dafür gesorgt werden, dass der Stromverbrauch reduziert wird?
  • Wie können Bezieherinnen und Bezieher der Grundsicherung und anderer Transfereinkommen wie z. B. BAföG die höheren Strompreise finanzieren?
  • Was kann getan werden, damit Familien mit geringem Einkommen die Strompreiserhöhung verkraften?