Eurokrise

Bundestag beschließt Finanzhilfen für Spanien

Der Bundestag hat am Donnerstag Finanzhilfen für Spanien zugestimmt. Das marode Bankensystem soll nun mit einer Milliardenhilfe aus dem Euro-Rettungsschirm gestützt werden. 473 der 583 anwesenden Abgeordneten votierten in der Sondersitzung für die Hilfen. 97 waren dagegen. 13 enthielten sich. Erneut verfehlte Kanzlerin Merkel deutlich die Kanzlermehrheit. Das Hilfspaket für Spanien unterliegt nun strengen Auflagen. Der Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier betonte in seiner Rede, die Hilfen gingen nicht an die Banken direkt und forderte darüber hinaus eine weitere Regulierung des Finanzsektors. Entscheidend sei die Stärkung der Realwirtschaft für stabile Verhältnisse in allen europäischen Staaten.

Europaflagge
(Foto: BilderBox.com)

Spanien hatte am 25. Juni offiziell Hilfe aus dem Euro-Hilfsfonds EFSF für seine Banken beantragt. Das Programm soll über 18 Monate laufen, die Obergrenze für die Hilfen liegt bei 100 Milliarden Euro. Zu den Bedingungen zählt, dass das Land seinen maroden Bankensektor saniert, der an den Folgen einer geplatzten Immobilienblase leidet. Die erste Tranche von 30 Milliarden Euro soll bis Ende Juli zur Verfügung stehen.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier hatte vor der Plenardebatte eingeräumt ein, dass „viele“ in seiner Fraktion „überhaupt nicht überzeugt“ von den geplanten Finanzhilfen für Spanien seien. Er habe dennoch die Zustimmung empfohlen. Der Schaden durch eine Verweigerung Deutschlands gegenüber Spanien könne fatal sein, denn die Stabilität der viertstärksten Wirtschaft Europas sei für das Wohlergehen der gesamten Eurozone entscheidend, ergänzte der Fraktionschef in der Debatte.

Offen sagen, was ist

Steinmeier eröffnete die Aussprache im Plenum für die SPD. Er warf der Bundesregierung vor, planlos zu agieren und ständig selbst gesetzte Grenzen zu überschreiten. Auch die Grünen hielten der Regierung einen falschen Kurs in der Euro-Krise vor. Der SPD-Fraktionschef kritisierte Schwarz-Gelb wiederholt für intransparente Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern. So werde die Politik die Bevölkerung auf dem europäischen Weg verlieren, sagte Steinmeier. „Wir Deutschen haben das größe Interesse an der Überwindung der Krise und wir müssen offen sagen, dass er hart wird, dass er dauert, und dass er mit erheblichen Lasten einhergehen wird.“ Steinmeier merkte an, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung dieser Aufgabe bislang nicht nachgekommen sei. Darüber hinaus mahnte er die Bundesregierung, ihre Informationspolitik gegenüber dem Parlament deutlich zu verbessern.
Der SPD-Chef lobte hingegen die Anstrengungen des Bundestages, in der Eurorettung zusammenzuarbeiten: „Wir sind eines der wenigen Parlamente, die sich wegen der europäischen Krise nicht zerlegt haben. Das ist ein Gewinn.“ Jedoch würde Merkel nur noch regieren, weil „Rot und Grün in der europäischen Frage nicht parteitaktisch“ agierten.

Realwirtschaft schützen

Steinmeier hatte schon vor der Fraktionssitzung betont, dass die Hilfen für Spanien keine direkten Bankenhilfen seien, sondern an den spanischen Staat gingen, der auch hafte. Rettungsschirme seien dazu gebaut worden, um die Realwirtschaft zu schützen, wenn das Bankensystem zusammebreche. Die Finanzhilfen für Spanien seien mit strengen Auflagen verbunden. Es werde sehr genau geprüft, welche Finanzinstitute ein für die Zukunft tragfähiges Geschäftsmodell hätten. Eine „Bankenrettung um jeden Preis“ schloss er aus. „Wer sich kaputt spekuliert hat, der muss vom Markt“, so Steinmeier. Er sprach sich weiterhin für eine stärkere Regulierung im Bankensektor aus und für einen eigenen Banken-ESM, der sich über eine europäische Bankenabgabe finanzieren solle.

Solidarität mit europäischen Nachbarn

Axel Schäfer, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion, unterstrich die Forderungen nach Regulierung. Er plädierte in seinem Redebeitrag für Solidarität in Europa und erläuterte die Zusammenhänge im gemeinsamen Wirtschaftsraum. „Deutschland kann es nur gut gehen, wenn es den anderen nicht schlecht geht. Es kann uns nur gemeinsam gut gehen“, so Schäfer. Ebenso erinnerte der SPD-Abgeordnete Lothar Binding daran, das gemeinsame Europa im Blick zu behalten. Die Menschen in Spanien zeigten sich dankbar für die deutsche Unterstützung, so Binding.

Merkel verfehlt Kanzlermehrheit erneut

Die wichtige Kanzlermehrheit von 311 Stimmen verfehlte Bundeskanzlerin Merkel zum wiederholten Male bei einer Abstimmung über eine Euro-Rettungsmaßnahme. "Merkel hat erneut in einer elementaren Frage nicht die erforderliche Unterstützung in den eigenen Reihen", kommentierte Thomas Oppermann, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion. Die Kanzlerin sei somit auch für die kommenden Entscheidungen in der Eurokrise nicht handlungsfähig. Bei jeder wichtigen Abstimmung müsse sie fürchten, dass die Opposition sie dazu zwingt, die Vertrauensfrage zu stellen. "Frau Merkel ist eine Kanzlerin auf Abruf."

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier in seinem Pressestatement vor der Sondersitzung der Fraktion anlässlich der Abstimmung über die Finanzhilfen für Spanien.

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