Sie gelten nicht umsonst als die vierte Macht im Staat. Neben Legislative, Judikative und Exekutive bilden sie das Fundament der Orientierung und die Konditionen, zu denen eine Gesellschaft funktioniert und sich wandelt. „Im Modell der repräsentativen Demokratie dienen Medien als kommunikative Schnittstellen zwischen den politischen Akteuren und den Bürgern“, stellt Hans-Joachim Reeb in der Wochenschau der Landeszentrale für politische Bildung NRW fest. Denn Entscheidungen der Politik sollen transparent und nachvollziehbar gemacht werden, andererseits muss das Volk aber auch die Möglichkeit haben, sich zu artikulieren. Experten sprechen in diesem Zusammenhang von der Mediendemokratie. Sie meint ein politisches Phänomen, „das allein den Medien als Akteur und Instrument die zentrale Rolle in der öffentlichen Meinungsbildung zuweist“, so Reeb.

Denn Politik wird heutzutage in einem bislang nie da gewesenen Maße medial erfahren. Zweifellos sind zu Beginn des 21. Jahrhunderts Zeitung und Fernsehen die beiden wichtigsten Vermittlungsinstanzen von Politik, wobei sich das Internet als dritte Säule etabliert hat. Nicht zuletzt aus diesen Gründen ist es enorm wichtig, ein funktionierendes, stabiles, vielfältiges und freiheitliches Mediensystem zu garantieren. Medienpolitik ist also Teil der staatlichen Daseinsvorsorge und soll die freie Meinungsäußerung ebenso wie die Informationsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger gewährleisten. Es geht also um hoheitliche Regulierungen des publizistischen Systems.

Kürzungen, nichts als Kürzungen

Die SPD-Fraktion hat zur Halbzeit der Regierung eine Zwischenbilanz von deren Medienpolitik erstellt, die offenbart, dass etliche Gesetzesvorhaben der Koalition entweder unzureichend waren, verspätet kamen oder gar nicht umgesetzt wurden. Dazu gehört die Novellierung des Telekommunikationsgesetzes, der „Dritte Korb“ des Urheberrechts, vor allem aber die Stärkung der Pressefreiheit. Besonders dieser letzte Punkt wird von Schwarz-Gelb nicht nur vernachlässigt, sondern sogar gefährdet. Vor wenigen Wochen noch forderte der Vorsitzende des Rechtsausschusses, Siegfried Kauder (CDU), erneut Einschränkungen der Pressefreiheit und sogar Strafverschärfungen für Geheimnisverrat von Journalistinnen und Journalisten. Das ist so populistisch wie falsch. Denn Geheimnisverrat ist bereits nach geltendem Recht strafbar. Warum also solcherlei Äußerungen? Ganz offenkundig geht es Kauder nicht um denjenigen, der entsprechende Geheimnisse offenbart, sondern um denjenigen, der sie publiziert.

Damit hat die Union den Gesetzesenwturf der Regierung eben zur Stärkung der Pressefreiheit – der sogar schon im parlamentarischen Verfahren ist – infrage gestellt. Ziel des Entwurfs: die Entkriminalisierung von Journalisten, die brisantes Material veröffentlichen. Das ist auch dem „Cicero“-Urteil des Bundesverfassungsgerichts geschuldet. Man muss sich klarmachen: Die Forderungen von Herrn Kauder würden, so sie denn umgesetzt werden, kritischen und investigativen Journalismus grundsätzlich zur Disposition stellen und außerdem die durch Artikel 5 gedeckte Freiheit der Meinungsäußerung und Berichterstattung beschränken. Mit der SPD-Fraktion wird es eine solche Einschränkung der Presefreiheit aber nicht geben.

Auch die übrigen Punkte sind unzureichend:

  • Bei der Erneuerung des Telekommunikationsrechtes etwa fehlt aus unserer Sicht die zwingend notwendige gesetzliche Verankerung der Netzneutralität zur Wahrung der Medienvielfalt.
  • Die Vorarbeiten zur Reform des Urheberrechts sind undurchschaubar, weil die Vorlage eines enstprechenden Referentenentwurfs seit über einem Jahr überfällig ist.
  • Auch auf europäischer Ebene stellt die Bundesregierung die Aktivitäten zur Medienvielfalt und -freiheit nicht sicher. Seltsam seelenlos war ihr Agieren in Bezug auf das fragwürdige Mediengesetz in Ungarn. Es reicht nicht, den Zeigefinger zu heben und zu sagen, die Pressefreiheit sei wichtig. Notwendig sind, was wir also wollen, sind Initiativen in Europa, um alle Mitgliedstaaten der EU auf die Wahrung der europäischen Grundrechte zu drängen.
  • Dass in der Richtung wenig geschieht, wundert nicht. Schließlich rüttelt Außennminsiter Westerwelle (FDP) ohnehin an der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. Sie soll eigentlich ein positives, weltoffenes Bild von Deutschland transportieren, sie ist ein Austauschprozess für die Emanzipaition, die Entwicklung, für Demokratie, für Freiheit und Frieden. Die SPD hat in den Jahren ihrer Regierung dafür gesorgt, dass die Kulturpolitik einen hohen Stellenwert hat, dass sie gerade die Transformationsgesellschaften in Osteuropa unterstützt und sich der Globalisierung anpasst.
  • Das neue Konzept des Auswärtigen Amtes beschränkt die Aufgaben der Auwärtigen Kulturpolitik auf „cultural diplomacy“. Es geht nur noch darum, was Deutschland nützt. Das kann in einem vereinten Europa, in Zeiten der Globalisierung nicht funktionieren. Zum Beispiel soll dem neuen Konzept zufolge die erfolgreiche und umfassende Arbeit von Mittlerorganisationen wie dem Goethe-Institut nur noch auf Brennpunkte beschränkt werden. Für neue Programme der Außenwirtschft soll es nur mehr Anschubfinanzierungen geben. So funktioniert kein dauerhafter Austausch. Das ist nur ein neuer Versuch, die Gemeinwohlorientierung in der Außenpolitik zu versenken.

Dabei müssen doch der menschlichen Logik nach die Programme der Auwärtigen Kulturpolitik geerade denen zugute kommen, die sich wenig leisten können, damit sie in ihren Ländern eine Perspektive haben und die gesellschaftliche Entwicklung vorantreiben können. Oberflächlich betrachtet zeigt der Haushaltsentwurf des Auswärtigen Amtes zwar bescheidene Aufwüchse an einigen Stellen. Die kommen aber vor allem den ohnehin veranschlagten Transformationspartnerschaften mit den arabischen Ländern zugute.
       

  • Im Mai 2011 hatte der Bundesfinanzhof (BFH) anhand eines Einzelfalles festgestellt, dass selbstständig tätige Theaterregisseure künftig dem vollen Umsatzsteuerbetrag von 19 Prozent unterliegen sollen. Bislang waren auch freischaffende Theaterregisseure ganz oder zumindest teilweise von der Umsatzsteuer befreit. Diese Regelung entspricht europäischem Recht, nachdem das kulturelle Schaffen und kulturelle Einrichtungen von der Umsatzsteuer teilweise oder ganz befreit sind. Die SPD-Fraktion ist der Meinung: Die Bundesregierung muss darauf hinwirken, dass dieses Urrteil nicht angewendet wird. Das muss der Bundesfinanzminister verfügen. Denn würde das Urteil im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, wären die Finanzverwaltungen zwingend daran gebunden. Und das könnte bedeuten, dass Theater und Opern zukünftig deutlich stärker belastet oder freischaffende Theaterregisseure deutlich weniger Aufträge respektive Honorare erhalten würden. Das träfe genau diejenigen, die ohnehin schon unter prekären Arbeitsbedingungen leiden. Leider konnten sich die Obleute des Ausschusses für Kultur und Medien nicht auf eine gemeinsame Haltung einigen: Der oben beschriebenen Forderung der SPD verwehrt sich die FDP. Sie verhält sich hier absolut kulturfeindlich.
  • Und schließlich: Der Haushaltsentwurf des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) für 2012 sieht Kürzungen in der Kunst, Kultur und den Medien vor. Das ist auch ein Schlag ins Gesicht der Kommunen und Länder. Denn sie versuchen mit größten Kraftanstrengungen wieder und wieder, die Kulturförderung von Kürzungen asuzunehmen.

Zwar sieht der Entwurf im ersten Moment so aus, als ob er eine leichte Steigerung enthalte. Zwei neue Titel und der Aufwuchs für die Mietzahlungen des Deutschen Historischen Museums wurden neu eingestellt (insgesamt plus 59 Millionen Euro). Dafür kürzt Bernd Neumann aber genau bei denjenigen Instrumenten, mit denen man politisch etwas bewegen und gestalten kann:    

  • Bei der Kulturförderung des Landes (minus 2 Millionen Euro) – was eben die Kommunen trifft
  • Beim öffentlichen Denkmalschutz (minus 18 Millionen Euro)
  • Bei der Deutschen Welle (DW) (minus 2 Millionen Euro), obwohl das in Bezug auf den Nahen Osten gerade jetzt zur Unzeit kommt
  • Bei der Auswärtigen Kulturpolitik mit den Goethe-Instituten (minus 4,7 Millionen Euro) und dem Jugendfreiwilligendienst im Ausland (minus 200.000 Euro).

Die SPD wird sich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass in der Kultur- und Medienpolitik  nicht noch weiter gekürzt wird. In unserem „Projekt Zukunft“, das in mehreren Ressorts analysiert, wie die Gesellschaft 2020 aussehen sollte und Antworten auf wichtige Zukunftsfragen erstellt, widmen wir uns unter dem Label Kreativpakt der besonderen Situation derjenigen Menschen, die in der Kultur- und Kreativwirtschaft arbeiten. Denn das ist längst eine Zukunftsbranche. Künstler, Autoren und andere Kreative sehen in ihrer oft projektbezogenen, freiberuflichen Tätigkeit eine Chance für Selbstverwirklichung und Flexibilität. Gleichzeitig müssen sich viele um ihr Auskommen sorgen und sind gegen soziale Risiken wie Arbeitslosigkeit und Altersarmut nur unzureichend abgesichert.

Wir wollen mit Wirtschaft und Künstlern einen Kreativpakt schließen, um gute Rahmenbedingungen für Wachstum und Beschäftigung in der Branche zu erarbeiten. Dazu gehören auch Fragen des Urheberrechts und Angebote für Kreative, um die Unabhängigkeit und Flexibilität mit sozialer Sicherheit in Einklang zu bringen.

Eine positive Nachricht zum Schluss für alle Kulturschaffenden, die bei der Künstlersozialversicherung sind: Deren Abgabesatz bleibt stabil. Die Festsetzung liegt bei 3,9 Prozent. Die Künstlersozialversicherung, Anfang der 80er-Jahre von Sozialdemokraten entworfen, ist zu einem festen Bestandteil unseres Sozialversicherungssystems geworden. Hier finden freiberufliche Künstler und Publizisten – inzwischen sind es fast 170.000 Versicherte – Schutz in der solidarischen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Wie Arbeitnehmer zahlen sie nur den halben Beitrag in die Künstlersozialkasse. Die andere Hälfte teilen sich die Verwerter (30 Prozent) und der Bund (20 Prozent).