Der dauerhafte Stabilitätsmechanismus ESM soll früher in Kraft treten, die Europäische Zentralbank (EZB) eine tragende Rolle spielen, und die Beteiligung privater Gläubiger im Falle einer Zahlungsunfähigkeit von Staaten taucht nur noch in der Präambel des ESM-Vertrages auf. Und die Bundesregierung will die Banken in Europa und Deutschland rekapitalisieren, notfalls auch gegen deren Willen. Nach dem am 8. Dezember 2011 veröffentlichten Ergebnis des Stresstests der Europäischen Bankenaufsicht brauchen Europas Banken 114,7 Milliarden Euro frisches Kapital. In Deutschland besteht danach ein zusätzlicher Kapitalbedarf von 13,1 Milliarden Euro.

 

Der Gipfel der Staats- und Regierungschefs hat am 9. Dezember 2011 nicht  beantwortet, wie die Bankenkapitalisierung umgesetzt werden soll. Die Bundesregierung hat kein rechtliches Instrument mehr, da das Finanzmarktstabilisierungsgesetz („SoFFin-Gesetz“) ausgelaufen ist. Das Banken-Restrukturierungsgesetz sieht eine Rekapitalisierung nur im Fall der Restrukturierung einer Bank für den systemisch relevanten Teil vor.

Daher befürwortet die SPD-Bundestagsfraktion grundsätzlich die Neuauflage des SoFFin-Gesetzes, aber nur dann, wenn wir aus vergangenen Fehlern lernen und sie korrigieren. Der SoFFin war finanziell damals gut vertretbar. Es gab 2008 keine fertigen Antworten auf die Finanzmarktkrise, heute wissen wir mehr.
 

Die Forderungen der SPD-Fraktion:

  • Richtig ist: Die Kreditinstitute stehen weiter unter Druck. Die Abwertung zahlreicher Staatsanleihen und die Meinung der Aufsichtsbehörden, Staatspapiere müssten künftig auch als Risikopapiere behandelt werden, zwingt die Banken, entweder mehr Eigenkapital vorzuhalten oder risikogewichtete Vermögenswerte einschließlich Staatsanleihen zu verkaufen, jedenfalls keine neuen mehr zu kaufen. Des weiteren funktioniert der Interbankenmarkt nicht, auf dem sich viele Banken Liquidität besorgen. Anstatt sich gegenseitig Geld zu leihen, bunkern es die Banken lieber bei der EZB. Durch mangelhaftes Vertrauen wächst der Kapitalbedarf also zusätzlich. Die Finanzpolitiker der SPD-Fraktion, Joachim Poss, Nicolette Kressl und Carsten Schneider, meinen, mit einer direkten Beteiligung an Banken in Form von Aktien haben wir bessere Erfahrungen gemacht als mit stillen Einlagen. Wer zahlt oder Kapital stellt, muss auch mitbestimmten können. Und wer Kapital stellt, muss auch an künftigen Gewinnen beteiligt werden, nicht nur an den Verlusten. Als Anteilseigener wäre es möglich, Einfluss auf die Geschäftspolitik zu nehmen. Das heißt nicht, dass die Bundesregierung als „bessere Banker“ die Tagespolitik eines Kreditinstituts bestimmen soll. Das heißt aber sehr wohl, Einfluss auf die längerfristige strategische Ausrichtung einer Bank zu nehmen.
  • Es ist keine gute Entwicklung, wenn Staatsanleihen von Investoren mittlerweile als Risiko- und Ausfallpapiere deklariert werden. Staatsanleihen aus dem Euro-Raum sind nicht irgendwelche risikogewichteten Wertpapiere. Sie sind Darlehen, die die verlässliche Sicherheit von Staaten tragen, die weder insolvent werden noch sich aus ihrer finanziellen Verantwortung stehlen. Mit ihnen wird nicht spekuliert, in sie wird investiert.
  • Die Banken müssen endlich die Krise überwinden. Wir sollten uns nicht noch einmal auf das Prinzip der Freiwilligkeit einlassen. Die Kreditwirtschaft muss diese Chance bezahlen. Als das Finanzmarktstabilisierungsgesetz beraten wurde, hatte die SPD bereits eine Sonderabgabe für Banken und Versicherungen gefordert, um die Kosten der Rettung dem Bankensektor aufzuerlegen. CDU/CSU haben das in der großen Koalition abgelehnt. Diesen Fehler dürfen wir nicht zweimal zulassen. Diesmal muss der Sektor über die Finanztransaktionssteuer und durch die direkte Kapitalbeteiligung des Bundes die staatliche Stützung finanzieren. Wenn die Banken diese Chance nicht freiwillig ergreifen, müssen wir sie dazu zwingen. Die übliche Drohung der Banken und ihrer Verbände, sie schränkten dann die Kreditvergabe für Unternehmen und Private ein, sollte dabei nicht schrecken: Zum einen brauchen die Banken das Kreditgeschäft, um Gewinn zu machen. Zum anderen haben wir Anfang 2009 den Deutschlandfonds eingerichtet, der kleinen, mittleren und großen Unternehmen bei deren Refinanzierung und Kreditaufnahme geholfen hat, und zwar sehr erfolgreich. Das können wir wiederholen.
  • Eine weitere Lehre der vergangenen Jahre ist, dass es nicht allein bei der Stützung von Banken bleiben darf. Notwendig sind weitere, auch strukturelle Reformen. Eine entscheidende ist: Es ist niemandem mehr zu erklären, weshalb die enormen Gefahren aus dem Geschäftsfeld des Investmentbankings weiterhin mit dem klassischen Bankgeschäft aus Kundeneinlagen und Krediten vermischt werden dürfen. Wir müssen deshalb klären, ob das Modell der Universalbanken verändert werden muss. Die USA, Großbritannien und die Schweiz setzen auf unterschiedliche Elemente eines Trennbankensystems, um Risiken aus dem Investmentbanking gesondert aufzufangen. Denn wenn Banken im Eigenhandel Geld verlieren, darf es weder das Geld der Kunden noch das der Steuerzahler sein.