„Es ist bitter, dass auch beim EU-Gipfel in Salzburg wieder einmal die Flüchtlingspolitik alle anderen wichtigen europäischen Aufgaben in den Hintergrund drängt. Insbesondere die Reform der Wirtschafts- und Währungsunion, die zu scheitern droht, wenn die Staats- und Regierungschefs sie nicht endlich richtig angehen.

Noch bitterer ist es, dass sich die Flüchtlingspolitik der EU mehr und mehr in Richtung einer reinen Abschottungspolitik entwickelt. Natürlich sind ein verstärkter europäischer Grenzschutz, schnellere Verfahren und eine bessere Rückführung von Migranten ohne Bleibeperspektive zweifellos wichtig. Trotzdem darf dies nicht auf Kosten der Menschenrechte und humanitären Verantwortung Europas erfolgen.

Und es darf auch nicht das einzige Standbein der europäischen Flüchtlingspolitik sein. Zumindest eine Gruppe verantwortungsbewusster Staaten muss im Sinne einer solidarischen Flüchtlingspolitik vorangehen und bei der Aufnahme und Verteilung konstruktiv zusammenarbeiten. Zugleich sollten mehr Möglichkeiten der legalen Einwanderung geschaffen werden, etwa über Arbeitsvisa oder Stipendien.

Wenn beim EU-Gipfel keine Fortschritte in diese Richtung gelingen, erwarte ich von Kanzlerin Merkel, dass sie die Initiative für ein Bündnis verantwortungsbewusster Staaten ergreift, das für eine solche solidarische Flüchtlingspolitik Europas einsteht. Die Demokraten und Fortschrittswilligen in Europa müssen jetzt mehr denn je ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen, um vernünftige Lösungen im Interesse der Menschen zu erreichen und den Rechten und Nationalisten in Europa das Wasser abzugraben.“