Metin Hakverdi, zuständiger Berichterstatter;
Markus Töns, zuständiger Berichterstatter:

Premierministerin Mays Angebot zur überparteilichen Zusammenarbeit beim Brexit kommt extrem spät. Ob ein Kompromiss in nur drei Tagen gefunden werden kann, ist mehr als fraglich, nachdem die britische Regierung während des zweieinhalbjährigen Austrittsprozesses jeden ernsthaften Dialog verweigert hat. Sollte bis zum Wochenende kein stabiler, mit klarer Mehrheit vom Unterhaus akzeptierter Kompromiss entstehen, kann es eine weitere Brexit-Verlängerung nur geben, wenn sich das Land an den Europawahlen beteiligt.

„Neun Tage vor dem neu festgesetzten Austrittsdatum 12. April 2019 soll nun gelingen, was seit dem Austrittsreferendum im Juni 2016 bewusst ausgeschossen wurde. Endlich geht Theresa May auf die anderen politischen Kräfte zu und wendet sich von den sektiererischen Brexit-Hardlinern in ihrer Partei ab. Angesichts dieser abrupten 180-Grad-Wende, aber auch ihrer Vorbedingung, dass es kein zweites Referendum geben darf, muss man sehr skeptisch über die Erfolgsaussichten sein.

Sollte tatsächlich eine Verständigung gelingen, muss diese breit im Unterhaus getragen werden. Eine Billigung mit nur wenigen Stimmen Mehrheit wäre zu fragil. Die Europäische Union darf sich nicht in die Hand von Zufallsmehrheiten begeben. Denn bei der innerstaatlichen Umsetzung des Brexit könnten entscheidende Stimmen wieder fehlen. Die Regierung könnte in einer solchen Zwangslage vielleicht sogar den Brexit-Antrag zurückziehen, nachdem May jetzt eingestanden hat, dass ein No-Deal dem Königreich enorm schaden würde. Das Land würde dann EU-Mitglied bleiben, es müsste Abgeordnete zum Europäischen Parlament gewählt haben.

Eine Beteiligung an der Europawahl am 23. Mai hat May ausdrücklich ausgeschlossen. Die einzig logische Konsequenz daraus ist, dass der Europäische Rat auf seiner Sondersitzung am 10. April die Verlängerung bis kurz vor die EP-Wahl nur billigen darf, wenn es im Unterhaus eine stabile Mehrheit für einen Kompromiss gibt.“