Die SPD-Bundestagsfraktion fordert die Bundesregierung auf, in der Energiepolitik nicht mit zweierlei Maß zu messen und daher am Atomausstieg festzuhalten. Auch beim Thema Atomenergie muss gelten, was die Regierung zum Kohleausstieg gesagt hat: "Für mich gelten die Verträge, die wir mit den Beteiligten abgesprochen haben" (Bundeskanzlerin Merkel); "Wir haben den Ausstieg (…) vereinbart. Ich finde, man sollte sich an das halten, was verabredet ist" (Bundesumweltminister Röttgen).

Seit Wochen und Monaten herrscht bei Union und FDP ein chaotisches Stimmenwirrwarr um mögliche Laufzeitverlängerungen. Allein in der CSU reicht die Bandbreite der Forderungen vom sofortigen Abschalten des Reaktors Isar 1 bis zu völlig unbefristeten Atomlaufzeiten. Es sieht alles danach aus, dass am Ende ein Kompromiss steht, bei dem es nur noch darum geht, alle Schreihälse zu beruhigen. Eine in dieser Debatte dringend gebotene sachliche Betrachtungsweise ist leider in den Reihen von Union und FDP kaum sichtbar.

Dabei zeigen allein die Fakten der vergangenen Wochen, dass die Atomenergie alles anderes als eine sichere Energieversorgungsquelle ist. Kaum wurde es mal etwas heißer, mussten Atomkraftwerke wie das AKW Unterweser oder das AKW Brokdorf ihre Leistung zum Teil über 50 Prozent reduzieren - und längere Hitzeperioden werden in den kommenden Jahren klimawandelbedingt noch häufiger auftreten. Bei den völlig veralteten Biblis-Reaktoren sind im Juli gleich eine Reihe Störungen aufgetreten: So gab es ein Leck an einer Armatur in Block B und eine Störung an einer Armatur im Bereich einer Pumpe im Block A. Zuletzt ist bei Biblis B sogar die Stromversorgung für Teile des Notstandssystems kurzzeitig ausgefallen. Die Laufzeiten ausgerechnet von diesem Pannenreaktor, dessen Technik in den Sechziger Jahren entwickelt wurde, auch nur - wie jetzt geschehen - um ein Jahr zu verlängern, ist völlig unverantwortlich.

Dass das Thema Sicherheit aber innerhalb der Bundesregierung hinten ansteht, bestätigt auch die Bundeskanzlerin selbst: zunächst werde über die Verlängerung der AKW-Laufzeiten entschieden, dann müsse über die zusätzlichen Sicherheitsanforderungen entschieden werden.