Kanzlerin Merkels Gerede von weniger Europa führt in die Irre. Es geht mitnichten um mehr oder weniger Brüssel. Es geht um ein besseres oder schlechteres Europa.

Die Zukunft Deutschlands mit seiner wirtschaftlichen Stärke liegt in Europa, aber die Kanzlerin bleibt Antworten auf drängende Probleme des Kontinents schuldig. Wir werden im deutschen Alleingang weder die Finanzmärkte an die Ketten legen, noch einen wirksamen Schutz von Grundrechten, wie dem Datenschutz etablieren, geschweige denn einen Ausgleich zwischen wirtschaftlichen und sozialen Interessen schaffen. Europa muss von seinen Schulden runter, aber wer die EU verbessern will, muss mehr als kürzen. Die von Kanzlerin Merkel diktierte einseitige Austerität schafft keine Konsolidierung und erst Recht keine soziale Gerechtigkeit.

Ein besseres Europa ist ein sozialeres Europa. Deshalb begrüßen wir die Stärkung der sozialen Dimension, die EU-Kommissar László Andor vorantreibt. Europa braucht endlich wieder ein soziales Gleichgewicht. Trotz unterschiedlichster Ausgestaltungen in den Mitgliedsländern ist das europäische Sozialmodell im weltweiten Vergleich einzigartig. Wir Europäerinnen und Europäer werden darum beneidet.

Es geht nicht um die Vereinheitlichung nationaler Sozialsysteme. Die SPD steht zum Subsidiaritätsprinzip: Nicht alles muss auf europäischer Ebene geregelt werden. Wenn wir ein gerechtes Europa wollen, brauchen wir jedoch eine verbesserte und verbindlichere Koordinierung zwischen den Staaten. Steuer- und Lohndumping müssen unterbunden werden, damit wir gemeinsam stark sind. Und gemeinsame Lösungen müssen zwingend durch Parlamente abgesichert und demokratisch legitimiert sein. Es darf kein Europa der Regierungen, kein Europa von Merkels Gnaden geben. Das kann sich Europa nicht leisten. Deshalb braucht Deutschland, braucht Europa eine starke Sozialdemokratie, die europapolitisch verlässlich ist und sich ihrer Verantwortung stellt.