Helge Lindh, zuständiger Berichterstatter;
Michelle Müntefering, MdB:

Der Deutsche Bundestag diskutierte gestern über die Aufarbeitung des kolonialen Unrechts. Deutschland muss sich den blinden Flecken der Geschichte stellen, um endlich die Wunden der Vergangenheit zu heilen. Für die SPD-Bundestagsfraktion sind Anerkennung und Aufarbeitung der eigenen Verantwortung, Überwindung der eurozentrischen Weltsicht, Dialog, kooperative Provenienzforschung, Rückführungen von Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten und Kooperation mit den Herkunftsgesellschaften essentielle Schritte, um das koloniale Unrecht aufzuarbeiten.

„In Deutschland herrschte lange die Illusion vor, aus der Kolonialzeit mit einem blauen Auge davongekommen zu sein. Zu oft hieß es, die deutsche Kolonialzeit sei zu kurz gewesen, um wirklich großes Unheil anzurichten. Diese alte Leier hört man bis heute. Das Problem: Die Platte hat einen Sprung.

Es ist gut, dass wir inzwischen offen über die Kolonialzeit diskutieren. Es darf kein Selbstgespräch im nationalen Elfenbeinturm werden. Wir brauchen die Beteiligung von Wissenschaft, Kultur und Zivilgesellschaft aus Deutschland und den Ländern mit Kolonialvergangenheit. Wir sollten auch die Rolle der deutschen Behörden während der Kolonialzeit erforschen. Der Kolonialismus war keine Fußnote der Geschichte. Wir stehen noch ziemlich am Anfang eines langen Weges.

Kolonialismus stellt kein abstraktes Problem dar. Zum Erbe des Kolonialismus und der damit verbundenen Unterdrückung und Demütigung gehören Rassismus und rassistische Strukturen in unserer heutigen Gesellschaft. Die SPD-Bundestagsfraktion fordert den Abbau von postkolonialen Strukturen. Inklusion der Betroffenen von Anfang an und Kooperation in Sachen Bild, Erinnerung und Restitution sind das Gebot der Zeit.“