Jahre lang konnte ein Trio von Rechtsterroristen untertauchen und Morde begehen. War der Verfassungsschutz, der sie ja observiert hatte, plötzlich auf dem rechten Auge blind?
Die drei waren als hochkarätige Neonazis bekannt. Die Entdeckung von Rohrbomben und Sprengstoff hatte ihre Gewaltbereitschaft gezeigt. Einer war sogar wegen Volksverhetzung verurteilt. Dass es solchen Gewalttätern gelingen kann, in den Untergrund zu gehen und dort 13 Jahre operieren zu können, überstieg bisher meine Vorstellungskraft.
Falsche, aber legale Papiere sollen aufgefunden worden sein. Hatten die drei womöglich Hilfe des Verfassungsschutzes?
Die Rolle des Verfassungsschutzes muss lückenlos aufgeklärt werden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass gewaltbereite Neonazis beim Verfassungsschutz als V-Leute geführt wurden. Aber die Ausweise geben uns Anlass, auch solchen Fragen nachzugehen. Es ist denkbar, dass die Ausweise nicht durch den Verfassungsschutz, sondern über Dritte an die Gruppe gelangt sind. Für mich ist das Ganze ein unbegreiflicher Vorgang. Dazu zählt auch, dass ein Strafverfahren nach fünf Jahren eingestellt wurde, weil die Anschrift nicht ermittelt werden konnte. Das waren potentiell hochgefährliche Täter. So darf die Bürokratie nicht arbeiten.
Sind die Sicherheitsbehörden mit ihrer Zersplitterung in Bundesamt und Landesämter für Verfassungsschutz gut aufgestellt?
Im Vordergrund stehen derzeit nicht organisatorische Fragen, sondern Fragen der Haltung. Der Rechtsextremismus ist in Deutschland systematisch unterschätzt worden. Das zeigt sich auch an der Entscheidung der Bundesregierung, die Haushaltmittel für die Bekämpfung des Rechtsextremismus im Etat 2012 um zwei Millionen Euro zu kürzen. Rechtsextremisten wurden immer als Einzeltäter betrachtet. Politik und Sicherheitsbehörden haben sich dadurch den Blick darauf verstellen lassen, dass die rechtsextremistischen vernetzten Strukturen das Potenzial haben, jederzeit in Gewalt und Terrorismus umschlagen zu können. Diesen Strukturen müssen wir den Nährboden entziehen. Stattdessen stellt Ministerin Schröder Menschen, die gegen Rechtsextremismus kämpfen, mit einer Extremismusklausel unter Generalverdacht.
Ihre Partei fordert ein Verbot der NPD. Fürchten Sie nicht, dass das erst recht zur Radikalisierung führen kann und damit neue Gefahren schafft?
Nein. Die NPD scheint zwar nicht unmittelbar in den Fall verwickelt zu sein. Sie bietet Rechtsextremisten aber ein geistiges Umfeld. Ich finde es unerträglich, dass wir mit Steuergeldern die menschenverachtenden Aktivitäten der NPD finanzieren müssen. Solange diese Partei legal operieren kann, wird sie gewaltbereiten rechtsextremen Kameradschaften immer wieder Rückhalt bieten. Das NPD-Verbot vor dem Bundesverfassungsgericht muss wieder auf die Tagesordnung.
Zuletzt ist es am Einsatz der V-Leute in der NPD gescheitert.
Wir werden den Einsatz von V-Leuten erneut bewerten müssen. Bei den strengen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts könnte ein Rückzug der V-Leute aus den Gliederungen der NPD eine gute Voraussetzung für ein Verbot der Partei sein.