Frage: Der Bundestag hat die Mietpreisbremse beschlossen. Was sagen Sie zum Ergebnis?

Antwort: Mit der Mietpreisbremse und dem Bestellerprinzip bei den Maklergebühren setzten wir zentrale Vorhaben der SPD-Fraktion um. Beides haben wir gefordert und im Koalitionsvertrag durchgesetzt.

Die Diskussion in der Koalition war nicht einfach. Die Union wollte über Exklusivvereinbarungen mit Maklern doch wieder die Mieter zahlen lassen und modernisierte Wohnungen weitergehend ausnehmen. Jetzt haben wir den Gesetzentwurf von Heiko Maas im Bundestag ohne Abstriche beschlossen.

„Die Diskussion in der Koalition war nicht einfach“

Welche Wirkung versprechen Sie sich von dem Gesetz?

Bisher gibt es bei neuen Mietverträgen keine wirksame Grenze nach oben. Vermieter können verlangen, was der Markt hergibt. 30 bis 40 Prozent Aufschlag sind in boomenden Städten an der Tagesordnung, und das allzu oft ohne jegliche Verbesserung an der Wohnung. In Zukunft verhindern wir solche exzessiven Mietsteigerungen. Die neue Miete darf in angespannten Wohnungsmärkten nicht mehr als 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Das gilt übrigens ohne Einschränkung auch für Staffelmietverträge.

Wie viele Menschen werden davon profitieren?

Die Länder können die Mietpreisbremse gezielt in angespannten Wohnungsmärkten einsetzen. Von den gut 21 Millionen Mietwohnungen in Deutschland liegen etwa 5 Millionen Wohnungen in diesen Gebieten. Wenn man davon ausgeht, dass jedes Jahr zehn Prozent der Mieter umziehen, werden jährlich etwa 500.000 Mieter von der Mietpreisbremse profitieren. Die Mietpreisbremse gilt für neu abgeschlossene Mietverträge, für bestehende Mietverträge gibt es in vielen Städten schon die abgesenkte Kappungsgrenze.

„Wir wollen den Neubau nicht ausbremsen“

Von der Mietpreisbremse ausgenommen sind Neubauten und Erstvermietungen nach Modernisierung. Warum brauchen wir diese Ausnahmen?

Ganz klar: Wachsende Städte brauchen Neubau. Den wollen wir nicht ausbremsen und ebensowenig Investi tio nen in den energieeffizienten, alters gerechten Umbau der Wohnungsbestände.

Wer kontrolliert die Einhaltung der Mietpreisbremse?

Wenn im Mietvertrag eine Miete vereinbart wird, die mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, ist das unwirksam. Mieterinnen und Mieter können die zuviel gezahlte Miete zurückverlangen. Dafür müssen sie den Verstoß gegen die Mietpreisbremse rügen. Sie müssen also selbst aktiv werden. Im Zweifel ist es immer gut, sich erstmal Rat zu holen, zum Beispiel beim Mieterverein.

Den Makler soll künftig derjenige zahlen, der ihn auch bestellt, in der Regel ist das der Vermieter. Tausende Immobilienmakler haben angekündigt, gegen diese Regelung vorm Verfassungsgericht zu klagen. Haben sie Chancen?

„‚Wer bestellt, der bezahlt‘ ist ein klares und marktwirtschaftliches Prinzip“

Da ist auch viel Panikmache dabei, um die Neuregelung zu verhindern. Gerichtliche Entscheidungen kann ich nicht vorwegnehmen. Aber ich sehe nicht, dass das Bestellerprinzip die Freiheit der Berufsausübung einschränkt. „Wer bestellt, der bezahlt“ ist ein klares und marktwirtschaftliches Prinzip. Ich bin sicher, dass Makler, die seriös und professionell arbeiten, auch in Zukunft genug Aufträge bekommen.

Wie wird verhindert, dass die Maklerkosten nicht auf anderem Wege wieder bei den Mieterinnen und Mietern landen?

Viele befürchten, dass Vermieter in Zukunft einfach auf die Miete aufschlagen oder die Maklercourtage über hohe Ablösezahlungen wieder reinholen. Menschen, die in Berlin, Hamburg oder München auf Wohnungssuche sind, haben erlebt, dass für Küchen oder anderes Inventar utopische Summen verlangt werden. Ablösezahlungen sind nach dem Wohnraumvermittlungsgesetz aber schon jetzt unwirksam, wenn der Preis in einem auffälligen Missverhältnis zum Wert steht. Umso wichtiger ist es, als Mieterin oder Mieter die eigenen Rechte zu kennen und wahrzunehmen.

Aufschläge auf die Miete sind durch die Mietpreisbremse in Zukunft begrenzt. Das gilt zwar nur für die von den Ländern festgelegten angespannten Wohnungsmärkte, aber gerade da ist es ja auch wichtig. Wo Wohnungen knapp sind, liegt es zumindest für manche nahe, das zu Lasten der Mieter auszunutzen.

Das Bestellerprinzip ist neu, und wir müssen abwarten wie es in der Praxis wirkt. Umgehungsversuche und Missbrauch können wir nicht ausschließen, und wenn nötig, müssen wir nachsteuern.

Auch aus der Immobilienbranche wird das Gesetz scharf kritisiert. Die Mietpreisbremse würde Neubauten verhindern und Investoren abschrecken. Stimmt das?

Da gilt das gleiche wie für die Maklerverbände, Trommeln gehört zum Geschäft. Wenn es darum geht, den eigenen Interessen Gehör zu verschaffen, ist jedes Argument recht, auch wenn es nicht stimmt. Denn gerade für den Neubau und die erste Vermietung nach einer umfassenden Modernisierung gilt die Mietpreisbremse nicht. Außerdem lässt sie auch weiterhin Mieterhöhungen bis auf zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete zu. Die Mietpreisbremse stoppt nur exzessive Mietsteigerungen. 30, 40, manchmal sogar 50 Prozent Mietaufschlag beim Mieterwechsel haben nichts mehr mit einer angemessenen Rendite zu tun.

Richtig ist allerdings, dass die Mietpreisbremse nicht zu einem größeren Wohnungsangebot führt. Was plant die SPD-Fraktion, um mehr Wohnraum zu schaffen?

Das stimmt, die Mietpreisbremse ist kein Allheilmittel gegen Wohnungsmangel. Wir haben das auch nie behauptet. Sie ist ein kurzfristig wirksames Instrument zum Schutz der Mieterinnen und Mieter – nicht mehr und nicht weniger. Und sie ist Teil unseres Gesamtpaketes für „Gutes und bezahlbares Wohnen“, das wir Schritt für Schritt umsetzen. Dazu gehört die Erhöhung der Städtebauförderung mit dem Leitprogramm Soziale Stadt genauso wie die Wohngeldnovelle, die in den nächsten Monaten in die parlamentarische Beratung gehen wird.

Uns muss klar sein, dass die großen Städte, aber auch etliche Mittelstädte und Universitätsstädte weiter wachsen werden. Der Zuzug aus dem ländlichen Raum, aber auch aus dem europäischen Ausland hält an, und auch Flüchtlinge brauchen Wohnungen. Deswegen brauchen wir Neubau, vor allem von Mietwohnungen.

„Wir brauchen Neubau, vor allem bei Mietwohnungen“

Derzeit werden vor allem Eigentumswohnungen gebaut, neue Mietwohnungen entstehen eher im oberen Preissegment, und der Anteil der Sozialwohnungen sinkt. Was kann die Bundesregierung tun, damit auch bezahlbare Wohnungen gebaut werden?

Den notwendigen Neubau und den energieeffizienten, altersgerechten Umbau der Bestände gibt es nur, wenn private Wohnungswirtschaft, öffentliche und genossenschaftliche Wohnungsunternehmen zu Investitionen bereit sind, und wenn Bund, Länder und Kommunen gute Rahmenbedingungen und Anreize für den Neubau von Mietwohnungen und sozial gebundenen Wohnungen schaffen. Bauministerin Barbara Hendricks hat deswegen das „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“ ins Leben gerufen.

Wir brauchen eine Wiederbelebung des sozialen Wohnungsbaus, der in den 2000er Jahren vernachlässigt worden ist. Wir haben die klare Erwartung, dass die Länder die Bundesmittel in angespannten Wohnungsmärkten für geförderten Neubau oder Rückkauf von Belegungsrechten einsetzen. Inzwischen haben etliche Länder deutlich umgesteuert: Es werden wieder Sozialwohnungen gebaut, und auch private Investoren verpflichtet, einen Anteil geförderter Wohnungen zu errichten. Das ist ein gutes Modell, denn es schafft lebendige, durchmischte Quartiere.

In Städten und Ballungszentren ist Bauland oft der entscheidende Engpass. Grundstückskosten machen zum Teil mehr als 20 Prozent der Kosten von Neubauten aus. Die Liegenschaften von Bund, Ländern und Kommunen können deshalb einen Beitrag leisten, Bauland für bezahlbaren Wohnungsbau bereitzustellen. Der Bund muss dabei mit gutem Beispiel vorangehen.

Eine zunehmende Belastung für Mieterinnen und Mieter ist auch, dass sie die Kosten für energetische Gebäudesanierung mittragen müssen. Wird ihnen hier zuviel zugemutet?

Für den Klimaschutz ist es wichtig, dass weiter energetisch saniert wird, für Mieter bringt das Einsparungen bei den Energiekosten. In aller Regel aber nicht in dem Maße, dass die Mietsteigerung ausgeglichen wird. Deswegen werden wir die Förderung der energetischen Gebäudesanierung stärken. Zugleich wollen wir aber mit dem 2. Paket der Mietrechtsreform die Belastung der Mieter durch Modernisierung begrenzen. Es kann nicht sein, dass Mieter aus ihren Wohnungen herausmodernisiert werden, weil die Miete um ein Vielfaches steigt.

Der Beitrag stammt aus der Arbeitnehmerzeitung Gute Arbeit