Frage: Herr Steinmeier, mit dem Euro Hawk wurde erstmals ein großes Rüstungsprojekt komplett gestoppt. Mehrere hundert Millionen Euro sind verbrannt. Wer trägt für das Desaster die Verantwortung?

Frank-Walter Steinmeier: Dass ein Projekt dieser Größenordnung völlig aus dem Griff gerät, ist unfassbar. Da mögen sich Minister de Maizière und andere noch so sehr bemühen, Schuld abzuwälzen: Es sind in Folge drei Verteidigungsminister der Union, die sich schlicht nicht gekümmert haben. Wo immer sich der Schaden zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Euro bewegt,  ist das eine Größenordnung, die nicht ohne parlamentarische Folgen bleiben kann.

Plant die SPD einen Untersuchungsausschuss?

Das ist nicht abschließend entschieden. Zunächst steht der Verteidigungsminister in der Pflicht, Rede und Antwort zu stehen. Er hat bisher seinen Staatssekretär vorgeschickt. Damit wird Minister de Maizière seiner Verantwortung nicht gerecht. Hier ist ein Projekt völlig aus den Fugen geraten. Da kann ein Minister nicht Verantwortung auf der Arbeitsebene abgeben.

Also warum kein Untersuchungsausschuss?

Der Verteidigungsminister hat Glück, dass die Vorgänge nicht zur Mitte der Legislaturperiode bekannt geworden sind. Ein Untersuchungsausschuss wäre dann zum Selbstläufer geworden. Vier Monate vor Ende der Legislaturperiode muss eine Opposition bedenken, ob der Vorlauf für einen solchen Ausschuss nicht die wenige Zeit verbraucht, die jetzt für die dringend notwendige Aufklärung zur Verfügung steht.

Was genau werfen Sie dem Verteidigungsminister vor?

Der Euro Hawk ist eines der neueren und großvolumigen Beschaffungsprojekte der Bundeswehr. Mit Sicherheit stand er auch im Fokus der Spitze des Ministeriums. Hier war nicht nur die Finanzierung zu klären, sondern auch die technische Eignung einer Neuentwicklung. Wenn es stimmt, wie einige Verantwortliche aus dem Ministerium sagen, dass die Schwierigkeiten schon 2011 bekannt waren, dann ist es absolut unverständlich, warum darüber gegenüber dem Verteidigungsausschuss, dem Haushaltsausschuss und dem Parlament als Ganzem Stillschweigen gewahrt worden ist.

Kann Thomas de Maizière noch im Amt bleiben?

Das hängt von den Antworten ab, die er geben wird. Wir haben die notwendigen Fragen dazu gestellt. Thomas de Maizière hat sie so rechtzeitig vor der nächsten Sitzungswoche zu beantworten, dass darüber im Plenum eine vernünftige Debatte geführt werden kann.

Welche Folgen hat der Absturz der Aufklärungsdrohne Euro Hawk für Pläne, auch Kampfdrohnen zu beschaffen?

Der Verteidigungsminister hat der deutschen Öffentlichkeit gesagt, sich vor der Wahl bei weiteren Drohnen-Beschaffungsprojekten zurückzuhalten. Gleichwohl hat er dazu nach Zeitungsberichten weitere Gespräche mit den USA geführt. Auch da muss Licht ins Dunkel.