Die Friedrich-Naumann-Stiftung rechtfertigt und unterstützt die Putschisten in Honduras und behindert damit eine Problemlösung.

Dr. Sascha Raabe (SPD):
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ein Putsch ist ein Putsch ist ein Putsch, und eine Partei wie die FDP, deren politische Stiftung diesen Putsch gerechtfertigt hat, bringt damit Schande über das demokratische Verständnis, das wir in diesem Haus haben. Das bleibt eine Tatsache.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es ist zu spät, Herr Kollege Stinner, wenn Sie sich heute, wenige Tage vor der Wahl in Honduras, ein Stück weit von dem distanzieren, was Ihr Kollege Gerhardt und die Stiftung Ihrer Partei betrieben haben. Denn in der heißen Phase, als es darum ging, auf internationaler Ebene eine Lösung zu finden, als wir ein Zeitfenster hatten, um eine Lösung herbeizuführen, haben Sie die internationalen Bemühungen hintertrieben, indem Ihre Stiftung den Putsch gerechtfertigt hat, Putschisten hofiert und eingeladen hat und Herr Gerhardt mit eigenen fragwürdigen Vorschlägen die internationalen Friedensbemühungen konterkariert hat. Das darf nie wieder vorkommen. Damit haben Sie dem Frieden und der Demokratie bei uns, aber auch in Honduras einen Bärendienst erwiesen.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Mich als Entwicklungspolitiker ärgert daran besonders, dass durch diese Haltung der Friedrich-Naumann-Stiftung die gute Arbeit der politischen Stiftungen, die seit Jahrzehnten in Entwicklungsländern gemacht wird, in ein schlechtes Licht gerückt wird. Denn wir haben in Lateinamerika – ich will den Beitrag nicht überhöhen, weil es natürlich zuerst das Verdienst der dort lebenden Menschen ist – Gott sei Dank auch deshalb mehr Demokratie und Stabilität im Vergleich zu der Zeit von vor 10 bis 20 Jahren, weil es uns im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit mit den politischen Stiftungen gelungen ist, dort Strukturen, Transparenz, Partizipation der Bevölkerung und auch Parlamente aufzubauen, die so stark sind, dass wir eigentlich gedacht haben, dass es zu so einem Putsch wie im Sommer in Honduras nicht mehr kommen kann. Deswegen möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich allen politischen Stiftungen, die sich in Lateinamerika und weltweit engagieren – mit Ausnahme der von mir kritisierten –, ganz herzlich für ihre Arbeit danken.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Natürlich, Frau Hänsel, haben wir an dieser Stelle eine unterschiedliche Bewertung. Auch ein Rechtsbruch ist ein Rechtsbruch und bleibt ein Rechtsbruch. Was Präsident Zelaya gemacht hat, ist vom dortigen Verfassungsgericht verurteilt worden. Sie sollten vielleicht nicht versuchen, von Deutschland aus das Recht in Honduras zu interpretieren. Deswegen sagen wir mit Blick auf die Anträge der Grünen und der Linken: Wir könnten fast jeden Satz darin unterschreiben. Aber da Sie nicht berücksichtigen, wenn Sie den Titel „Demokratie in Honduras“ wählen, dass sich dort auch die Gegner und der rechtmäßig gewählte Präsident in Zukunft anders verhalten müssten, wollen wir uns enthalten. Aber das heißt nicht, dass wir Ihre Anträge nicht ansonsten voll unterstützen würden.

Lassen Sie mich zum Schluss einen ganz wichtigen Punkt ansprechen. In Honduras und in Lateinamerika ebenso wie in vielen anderen Staaten der Welt – auch in Afghanistan, um das es in der folgenden Debatte noch geht – werden wir Demokratie und Stabilität nicht dauerhaft erreichen, wenn wir nicht die Ursachen der Instabilität bekämpfen, wenn wir es nicht schaffen, Hunger und Armut zu überwinden. Wir haben vereinbart, für 2008 bis 2010 44 Millionen Euro für die Entwicklungszusammenarbeit in Honduras zur Verfügung zu stellen. Das ist ganz wichtig. Es gibt mittlerweile 1 Milliarde hungernde Menschen weltweit. Präsident Zelaya hat den Mindestlohn verdoppelt und viele gute Schritte zur Armutsbekämpfung unternommen. Der Konflikt in Honduras ist auch ein Konflikt zwischen den Eliten und denen, die zu Recht Chancen einfordern.
Auch die Friedrich-Naumann-Stiftung hat die Verantwortung, endlich einmal den Eliten, mit denen man sich dort sehr gut versteht, die Meinung zu sagen und deutlich zu machen: Es geht nicht, dass ihr weiter jahrzehntelang, wie ihr es gemacht habt, die Ärmsten der Armen knechtet, Großgrundbesitz habt und nie etwas abgebt. Jetzt ist die Stunde der kleinen Leute dort gekommen. – Dafür müssen wir sorgen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir müssen an den Zielen unserer Entwicklungszusammenarbeit insgesamt festhalten und auch daran, die international vereinbarten Steigerungen der Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit durchzusetzen. Die Bundesregierung hat sich international verpflichtet, im Jahre 2010 0,51 Prozent des Bruttonationaleinkommens für die Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung zu stellen.
Herr Entwicklungsminister Niebel, dass ausgerechnet Sie sich in den letzten Tagen von diesem Ziel verabschiedet haben und angesichts 1 Milliarde hungernder Menschen gesagt haben: „Wir steigen aus“, ist diesen Menschen gegenüber, denen Sie und die Frau Kanzlerin die Steigerung der Mittel versprochen haben, unmenschlich. Frau Merkel, Sie erinnern sich: Ich habe, als Sie zum G8-Gipfel gefahren sind, hier eine Rede gehalten und Ihnen gesagt, Sie sollten Herrn Berlusconi, der die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit zurückgeschraubt hat, sagen, dass er, wenn er schon den G8-Gipfel in Italien durchführt, zu seiner Verpflichtung stehen soll, den ODA-Stufenplan einzuhalten. Ich schäme mich, dass jetzt Deutschland selbst aus dieser Verpflichtung aussteigt. Da sind wir keinen Deut besser als die Italiener.
Deswegen sage ich, Frau Merkel: Halten Sie Ihr Versprechen gegenüber 1 Milliarde hungernder Menschen ein! Erhöhen Sie wie versprochen die Gelder für die Entwicklungshilfe auf 0,51 Prozent des Bruttonationaleinkommens, und lassen Sie hier nicht die größte Wahllüge in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland entstehen! Dafür sollten wir gemeinsam kämpfen.
Danke.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)