Gesetzentwurf der SPD-Bundestagsfraktion

So soll das Einwanderungsgesetz funktionieren

Die SPD-Bundestagsfraktion will die Einwanderung qualifizierter Fachkräfte flexibler, effizienter und nachvollziehbar steuern und kontrollieren. Dies sind die Eckpunkte ihres vorgeschlagenen Einwanderungsgesetzes:
Screenshot aus dem Erklärfilm der SPD-Fraktion zu ihrem Einwanderungsgesetz
(Grafik: spdfraktion.de)

1) Das Einwanderungsgesetz fußt auf einem Punktesystem.

Herzstück ist ein Punktesystem in Anlehnung an das kanadische Modell, zugeschnitten auf die Bedürfnisse des deutschen Arbeitsmarktes. Es ist ein transparentes, aus dem Ausland leicht verständliches Instrument, das Offenheit nach außen signalisiert und die Akzeptanz von Einwanderung im Inland stärkt.

Das Punktesystem richtet sich an Drittstaatsangehörige, also Menschen aus Nicht-EU-Ländern, die zum Zwecke der Erwerbstätigkeit oder zur Arbeitsplatzsuche nach Deutschland einwandern wollen.

2) Interessierte aus Nicht-EU-Staaten können sich online für einen Platz im Ranking bewerben.

Hat eine qualifizierte Fachkraft aus einem Drittstaat ein Jobangebot aus Deutschland vorliegen (z.B. über die Website http://www.make-it-in-germany.com), kann sie sich über ein vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) zu errichtendes Internetportal registrieren.

Dort werden alle notwendigen Kriterien abgefragt: Berufsqualifikationen, Sprachkenntnisse, Alter, Integrationsaspekte, Berufserfahrung und Vorliegen eines Arbeitsplatzangebotes. 

Für jedes Kriterium werden Punkte vergeben. Wird die erforderliche Mindestpunktzahl erreicht (65 von 100 für Hochschulabsolventen, 60 von 100 für Fachkräfte mit Berufsausbildung), bekommt der Bewerber einen Platz im Ranking – liegt ein Jobangebot vor, rutscht er im Ranking automatisch nach oben.

So kommt beispielsweise eine 25-jährige Ingenieurin aus Indien mit Masterabschluss, Deutsch- und Englischkenntnissen und einem Arbeitsplatzangebot auf 75 Punkte. Je nach Bedarf und Platz im Ranking werden die Bewerber nun in eine der deutschen Auslandsvertretungen eingeladen und ihre Angaben überprüft.

Stehen der Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung keine Sicherheitsbedenken mehr entgegen, darf der Bewerber nach Deutschland einreisen und hier eine Arbeit aufnehmen.

​3) Wer bereits ein Jobangebot hat, bekommt besonders viele Punkte.

Der große Stellenwert eines Arbeitsplatzangebotes im Punktesystem stellt klar, dass die Einwanderung vorrangig bedarfsorientiert ist.

Ohne Jobangebot haben Bewerber nur dann eine Chance, wenn sie mit ihren sprachlichen und beruflichen Qualifikationen eine besonders hohe Punktzahl erreichen. 

Genau wie Bürgerinnen und Bürger aus dem EU-Ausland haben sie in Deutschland jedoch grundsätzlich in den ersten fünf Jahren keinen Anspruch auf Sozialleistungen nach dem SGB II.

4) Der Bundestag legt jährlich ein Einwanderungskontingent fest.

Das für eine Einreise und den Aufenthalt über das Einwanderungsgesetz wird vom Bundestag unter Zustimmung des Bundesrates auf Vorschlag der Bundesregierung durch Gesetz jährlich neu bestimmt. Gab es viel Zuwanderung aus der EU, kann die Quote niedriger sein. Fehlen Fachkräfte, kann sie höher liegen. Die Bundesregierung erstattet dem Bundestag jährlich einen Bericht über den Stand der Einwanderung nach Deutschland.

5) Eine Aufenthaltserlaubnis gibt es zunächst für ein bis drei Jahre.

Fachkräfte mit einer guten Berufsqualifikation und einer Zusage für einen adäquaten Arbeitsplatz erhalten eine zunächst auf drei Jahre befristete Aufenthaltserlaubnis mit Option auf Verlängerung. Voraussetzung dafür ist die erfolgreiche Teilnahme am oben erläuterten Auswahlverfahren. Die Erteilung einer sogenannten Niederlassungserlaubnis, also eines unbefristeten Aufenthaltstitels, ist frühestens nach diesen drei Jahren möglich. 

Wer erfolgreich am Auswahlverfahren im Punktesystem nach dem Einwanderungsgesetz teilgenommen hat, aber noch kein Jobangebot vorweisen kann, bekommt eine einjährige Aufenthaltserlaubnis in Deutschland zum Zweck der Arbeitsplatzsuche. Eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ist maximal für ein weiteres Jahr möglich und nur, sofern der Lebensunterhalt gesichert ist.

6) Auch Nicht-Akademiker haben gute Chancen im Ranking.

Durch einen einheitlichen Fachkräftebegriff verdeutlichen wir, dass wir nicht nur an Hochschulabsolventen interessiert sind, sondern auch an Einwanderinnen und Einwanderern mit anderen Berufsqualifikationen.

Bisher war die Einwanderung für Nicht-Akademiker nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich. Mit den neuen Regelungen ermöglichen wir es Fachkräften außerdem, erst nach Einreise die Gleichwertigkeit/Vergleichbarkeit ihrer beruflichen bzw. akademischen Qualifikation feststellen zu lassen.

So vermeiden wir lange Wartezeiten vor Einreise und sowohl Fachkräfte als auch Arbeitgeber können besser planen. Für die Feststellung der Gleichwertigkeit/Vergleichbarkeit hat der Einwanderer ein Jahr ab Einreise Zeit. Der Nachweis muss gegenüber der Ausländerbehörde vorgelegt werden.

7) Einwanderer mit Jobangebot dürfen ihre Kernfamilie mitbringen.

Einwanderer mit Jobangebot können bei Aufnahme der Erwerbstätigkeit ihre Familie (Kernfamilie) mitbringen – vorausgesetzt der Lebensunterhalt ist gesichert.

8) Die Aufnahme einer Beschäftigung bedarf der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) überprüft die Arbeitsbedingungen auf Gleichwertigkeit, um Lohndumping zu vermeiden. Auf eine zeitraubende individuelle Vorrangprüfung wird verzichtet, sofern die Bundesländer nicht in Bezirken mit hoher Arbeitslosigkeit an der Vorrangprüfung festhalten wollen. Bei einer Vorrangprüfung wird eine Beschäftigung nur erlaubt, wenn kein deutscher Staatsbürger oder EU-Bürger für den Arbeitsplatz gefunden wurde.

9) Das Punktesystem soll schrittweise in die bestehende Rechtsordnung überführt werden.

 

Das Punktesystem soll zunächst testweise neben den bisher geltenden Rechtsvorschriften bestehen. Nach einer Erprobungsphase müssen die bestehenden und die neuen Regelungen evaluiert werden.

Ziel ist es, durch die schrittweise Vereinfachung, Reform und Überführung der bisherigen Einwanderungsregeln in das Einwanderungsgesetz die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche deutsche Einwanderungsgesellschaft zu schaffen. Dazu muss auch an einem attraktiven kulturellen und sozialen Umfeld sowie an geeigneten Maßnahmen zur Förderung von Integration und Gleichberechtigung gearbeitet werden.

Auch die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts und die verbesserte Arbeitsmarktintegration von bereits hier lebenden Migrantinnen und Migranten sind zwingend notwendig. Dazu bedarf es einer breiten gesellschaftlichen Debatte über die Einwanderung und die Veränderungen, die damit einhergehen. Den Anstoß hierzu soll das Einwanderungsgesetz geben.

10) Das Einwanderungsgesetz ist nur ein Baustein.

Das deutsche Einwanderungsgesetz muss darüber hinaus in ein Gesamtkonzept Migration eingebettet werden. Dieses muss die Bekämpfung von Fluchtursachen ebenso beinhalten wie die Schaffung von legalen, sicheren Fluchtrouten, den Schutz der europäischen Außengrenzen und die faire Verteilung von Flüchtlingen innerhalb Europas. In diesen Bereichen muss Deutschland – parallel zur Entwicklung eines eigenen modernen Einwanderungssystems – gemeinsam mit seinen europäischen Partnern vorankommen.

 

Deutschland sollte die Einwanderung von Menschen aus Nicht-EU-Ländern endlich proaktiver steuern und gestalten – mit einem transparenten Punktesystem nach kanadischem Vorbild.

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