Steinbrück begann seine Rede mit einem Dank an das Nobelpreiskommitee, dafür, dass die EU den Friedensnobelpreis verliehen bekommt. „Wir freuen uns darüber; die Entscheidung zeigt, das Europa mehr ist als ein Wechselbalg der Ratingangenturen“, sagte Steinbrück.

Er verwies auf das „Zivilisationsprojekt Europa“ und postulierte, Deutschland habe nach 60 Jahren Frieden eine besondere Verantwortung – schließlich hätten die europäischen Nachbarn Deutschland trotz dessen Verbrechen den Weg in die europäische Einheit geebnet. Steinbrück: „Was Europa zu bieten hat, ist das Erbe der Aufklärung“. Diese historische Leistung des Kontinents, der europäischen Gemeinschaft hätte Merkel laut Steinbrück schon vor zwei Jahren erwähnen müssen. Die SPD-Fraktion habe immer davor gewarnt, Europa nur auf die ökonomische Dimension zu verkürzen. „Ihr Kleinmut wird Europa nicht gerechet“, sagte Steinbrück in Richtung Kanzlerin. Merkel müse den Bürgerinnen und Bürgern endlich sagen, dass Deutschland für Europa auch künftig investieren müsse. „Das ist Ihre Pflicht, das endlich zu sagen, Frau Merkel!“

Steinbrück warnte vor einem Austritt Griechenlands, denn breche ein Stein aus dem europäischen Haus, dann wackle das ganze Fundament. Merkels Leute dagegen hätten gegen Griechenland gemobbt – mit Merkels Segen. Sie habe nicht interveniert, als Dobrindt, Söder, Brüderle, Rösler und Döring gegen Griechenland hetzten.

 

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Merkel ist eine Getriebene

Vor kurzem, so Steinbrück, habe Angela Merkel Altbundeskanzler Helmut Kohl geehrt. „Weder Helmut Kohl noch ein anderer Ihrer Vorgänger hätte zugelassen, einen europäischen Nachbarn für innenpolitische Händel zu missbrauchen. Sie sind eine Getriebene!“ Merkel und Ihre Regierung vollzögen permanent 180-Grad-Wendungen.

Selten sei Deutschland in Europa so isoliert gewesen wie heute, „das wird noch lange nach Ihrer Amtszeit spürbar sein“, konstatierte Steinbrück und fügte hinzu, Merkel analysiere und therapiere immer nur einseitig. Damit spielte er darauf an, dass die Koalition den krisengeschüttelten Ländern lediglich Sparpropgramme aufzwingen wollte, aber null Wachstumsimpulse. Steinbrück: „Not frisst Stabilität“. Es gehe, so der Sozialdemokrat, vielmehr darum, „den Kern der sozialen Marktwirtschaft auf Europa zu übertragen. In Europa muss es gerecht zugehen“.

Freilich sei eine europäische Bankenunion sinnvoll, auch ein Bankenfonds. Doch – „der muss dann aber auch von den Banken finanziert werden“.

Steinbrück warnte davor, dass es in Europa unter Merkel nur noch eine „Vergipfelung“ gebe, die Demokratie aber außen vor bleibe. Europa müsse ein inneres Gleichgewicht bekommen. Steinbrück: „Es ist an Ihnen, Frau Bundeskanzlerin, diesen Weg fortzusetzen, Ihre Politik der letzten zwei Jahre und auch Ihre Rede heute ist dem nicht gerecht geworden“.

In einem Entschließungsantrag (Drs. 17/11003) formuliert die SPD: Die SPD-Fraktion erwartet von der Bundesregierung, dass sie die Ziele des Wachstums- und Beschäftigungspaktes für Europa entschlossen und kontinuierlich vorantreibt. Den Ankündigungen müssen – auch über den Pakt hinaus - endlich Taten folgen. Neben soliden öffentlichen Finanzen brauchen die notleidenden Staaten vor allem
Wachstumsimpulse, um erfolgreich ihre Haushalte zu konsolidieren. Die einseitig auf
Ausgabenkürzungen zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger ausgerichtete
Haushaltskonsolidierung wird die notleidenden Staaten noch tiefer in die Rezession
reißen.

Die Regierung soll dem Antrag nach dem Problem der Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland und Europa höchste politische Priorität beimessen und eine mittel- und langfristig nachhaltige Strategie zur Bekämpfung und Prävention von Jugendarbeitslosigkeit entwickeln.

Der Antrag wurde unmittelbar nach der Aussprache von der schwarz-gelben Mehrheit im Parlament abgelehnt.