Klingbeil und Lischka erläutern SPD-Positionen zum Urheberrecht

Kreativpakt statt Kulturkampf

Der Streit um das Urheberrecht im Internet spitzt sich zu. Die Sprache wird unversöhnlicher, und der Streit wird militanter. Der Kulturkampf aber führt in die Sackgasse. Er verkennt, dass Urheber, Nutzer und Verwerter in einer symbiotischen Beziehung zueinander stehen. Sie alle wollen und nutzen kulturelle und kreative Inhalte. Die vielfältigen Interessen müssen in Einklang und zu einem fairen Ausgleich gebracht werden. Das kann nur im Dialog geschehen. Die SPD-Bundestagsfraktion arbeitet darum an einem so genannten Kreativpakt, der die Freiheit der Kommunikation im Netz und die Rechte derer, die von kreativer Arbeit leben, gleichermaßen schützt. Wir brauchen nutzerfreundliche Geschäftsmodelle, die den leichten Zugang legalisieren statt Nutzer zu kriminalisieren. Kreative gegenüber den Verwertern stärken, ist das Motto.

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(Foto: BilderBox.com)

Die SPD tritt für die Interessen der Urheber und Kreativschaffenden ein. Viele von ihnen wollen und müssen von ihrer kreativen und künstlerischen Arbeit leben. Sie sind darauf angewiesen, dass ihre Rechte am geistigen Eigentum auch in der digitalen Welt durchgesetzt werden, ohne die Freiheit des Netzes durch Kontrolle einzuschränken.

Der Arbeitskreis Urheberrecht und das Zukunftsprojekt „Kreativpakt“ der SPD-Bundestagsfraktion entwickeln Vorschläge, wie das Urheberrecht fair und zeitgemäß gestaltet werden kann.

Die Prämissen:

  • Urheber und Kreative stärken und angemessen vergüten.
  • Nutzer nicht unverhältnismäßig kriminalisieren
  • Einfache Geschäftsmodelle unterstützen, die die eine legale Nutzung geschützter Inhalte, verbunden mit einer angemessenen Vergütung, ermöglichen.

Warum ist das Thema so kompliziert?

Das Urheberrecht basiert auf der Idee des Rechts vom geistigen Eigentum, etwa in den Bereichen Literatur, Wissenschaft und Kunst. Die Digitalisierung verschafft dem Thema Urheberrecht eine völlig neue räumliche und wirtschaftli-che Dimension. Das Internet hat enorme Auswirkungen auf den Tausch immaterieller Güter. Digitale Inhalte lassen sich technisch jederzeit und überall verfügbar machen und mit geringem Aufwand ohne Qualitätsverlust unendlich oft reproduzieren. Das Urheberrecht durch die neuen technischen Möglichkeiten erheblich unter Druck. Das Recht am geistigen Eigentum und dessen Durchsetzung muss dabei mit anderen Grundrechten (Recht auf Informationsfreiheit, Recht auf informationelle Selbstbestimmung etc.) abgewogen werden.

Chancen und Risiken

Um diese Chancen tatsächlich nutzen zu können, müssen die Rahmenbedingungen verbessert und das Urheberrecht angepasst werden, um die Verbreitung und die Nutzung kreativer und kultureller Inhalte zu befördern. Vor allem geht es um das Recht der Verwertung. Hier liegen die Risiken: Zum einen empfinden viele Nutzer ein Sichverschaffen und Vervielfältigen digitaler Werke als nicht sozialschädlich, da digitale Inhalte beliebig reproduzierbar sind. Zum anderen gibt es die Kritiker des Urheberrechts, die das geistige Werk als Gemeingut betrachten und im Vorgang des Vervielfältigens keinen Verstoß gegen das Recht des Urhebers an seinem Werk sehen. Gleichwohl müssen die Kultur- und Kreativschaffenden vor der digitalen Prekarisierung ihrer Arbeit durch faktische Enteignung geschützt werden.

In der aktuellen Debatte wird völlig zu Unrecht ein Gegeneinander zwischen den Urhebern und Kreativen auf der einen und den Nutzern auf der anderen Seite heraufbeschworen. Zugleich werden die Verwerter, als „Content-Mafia“ diffamiert, von denjenigen angegriffen, die die Rolle und Bedeutung der Verwerter in der Vermittlung und Aufbereitung von kreativen und kulturellen Inhalten für die Nutzung entweder nicht verstanden haben oder bewusst ignorieren. Ohne die Verwerter, zu denen Verlage, Plattenfirmen und Verwertungsgesellschaften zu zählen sind, wäre es vielen Urhebern nicht möglich, ihr geistiges Schaffen entsprechend zu vermitteln, zu vermarkten und dafür eine Vergütung zu erlösen. Die Verwerter nehmen eine „veredelnde“ Funktion wahr, indem sie Buchtexte redigieren, Newcomer-Bands promoten oder die Tantiemen für die öffentliche Aufführung des Werkes generieren, von der der Urheber sonst keine Kenntnis gehabt hätte.

Urheber, Nutzer und Verwerter stehen somit in einem Dreiecksverhältnis zueinander, welches durch das Urheberrecht geregelt wird.

Es gilt nun folgender Handlungsbedarf:

  • Es gibt noch zu wenig einfache und nutzerfreundliche Geschäftsmodelle, die die legale Nutzung geschützter Inhalte mit einer angemessenen Vergütung verbinden.
  • Pauschale Vergütungsmodelle, die die nichtkommerzielle Weitergabe und Vervielfältigung von digitalen, urheberrechtlich geschützten Werken ermöglichen, sind zu prüfen.
  • Das System der kollektiven Rechtewahrnehmung durch Verwertungsgesellschaften muss weiterentwickelt werden.
  • Die Durchsetzung von Rechten an geistigem Eigentum muss effektiver erfolgen, ohne jedoch in Grundrechte von Bürgerinnen und Bürgern einzugreifen und diese unverhältnismäßig zu be-schränken.
  • Abmahnungen als lukratives Geschäftsmodell einiger weniger Anwälte, die private Nutzer in den Ruin treiben können, müssen beschränkt werden.
  • es muss Rechteinhabern besser als bisher möglich sein, urheberrechtsverletzende Inhalte von den Seiten eines Internetanbieters entfernen zu lassen.
  • Auch wenn das von den Verlegern geforderte eigene Leistungsschutzrecht kritisch zu bewerten ist, müssen sie dabei unterstützt werden, die unautorisierte Verwendung ihrer Presseerzeugnisse durch Dritte (z. B. News-Aggregatoren wie Google News) effizient verfolgen zu können.
  • Durch ein Zweitverwertungsrecht sollen wissenschaftliche Autoren gestärkt werden, das es ihnen ermöglicht, ihre Beiträge neben der Verlagspublikation z.B. auf den Seiten der Hochschule zugänglich zu machen.
  • Die Digitalisierung von kulturellen Werken ist ein Baustein für den Erhalt und das Zugänglichma-chen des kulturellen und wissenschaftlichen Erbes. Rechtsunsicherheit bei der Digitalisierung entsteht, wenn der Urheber bzw. seine Erben oder der Rechteinhaber nicht mehr auffindbar sind. Dafür müssen Regelungen gefunden werden, damit verwaiste oder vergriffene Bücher online zugänglich bleiben, die sonst aus dem kulturellen Bewusstsein zu verschwinden drohen.

Der Arbeitskreis Urheberrecht und das Zukunftsprojekt „Kreativpakt“ der SPD-Bundestagsfraktion arbeiten an tragfähigen Antworten auf die Frage, wie die Vergütung kreativer Inhalte im Internet praktikabel, gerecht und ohne Eingriff in andere Grundrechte aussehen kann. Dazu hat der Arbeitskreis ein Thesenpapier mit zwölf Thesen vorgestellt, das die Diskussion mit allen Beteiligten öffnen soll.

Lesen Sie hier die die zwölf Thesen zum Urheberrecht.

 

Lars Klingbeil, netzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, und Burkhard Lischka, rechtspolitischer Sprecher, erläutern die wichtigsten Forderungen der SPD zum Streit um das Urheberrecht.

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