Am 22. Juni hatte der BGH entschieden, dass Schmiergeldzahlungen an freiberufliche Ärzte strafrechtlich nicht belangt werden können, wenn sie von der Pharmaindustrie Schmiergelder oder auch große Geschenke, wie Reisen, annehmen und daraufhin fleißig ihren Patient_innen ein bestimmtes Medikament verschreiben. Anders sieht es bei angestellten Ärzten in Krankenhäusern, Polykliniken und großen Arztpraxen aus. Hier greift das Strafrecht. Sie können verurteilt werden, verlieren danach ihre Approbation und ihren Job. Nur die Freiberufler gehen leer aus. Denn das Standesrecht reicht auch nicht aus, um die Bestechungen im Gesundheitswesen wirksam zu bekämpfen.

SPD fordert seit 2009 die Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen

Um der Korruption im Gesundheitswesen entgegen zu treten hat die SPD-Bundestagsfraktion bereits im November 2010 einen Antrag in den Bundestag eingebracht, den schwarz-gelb abgelehnt hat. Auch in der Großen Koalition hatten die Sozialdemokrat_innen einen Vorstoß unternommen, um gegen Bestechung im Gesundheitswesen  vorzugehen. Die Union hatte sich dem jedoch mit nicht nachvollziehbaren Begründungen widersetzt.

SPD: Gesetzeslücke schließen und Patient_innen schützen

Die SPD-Fraktion machte in der Aktuellen Stunde deutlich, dass es ihr nicht um einen Generalverdacht der Ärzteschaft in Deutschland gehe, sondern darum, eine Gesetzeslücke zu schließen. Den SPD-Abgeordneten geht es auch darum, Gerechtigkeit zwischen freiberuflichen und angestellten Ärzten zu schaffen. Vor allem aber wollen sie die Patient_innen davor schützen, dass ihnen Medikamente verschrieben werden, weil die schwarzen Schafe in der Ärzteschaft dafür Provisionen erhalten. Denn es kann durchaus passieren, dass ein anderes Präparat dem oder der Erkrankten besser geholfen hätte, als das, was von der Pharmaindustrie promotet werden soll. Im schlimmsten Fall kann solch ein Medikament sogar Schaden anrichten.

Behandlungskosten von Verschreibungsfehlern sind höher als Schmiergelder an die Ärzte

Der zuständige Berichterstatter der SPD-Fraktion, Edgar Franke, sagte in der Debatte, dass es offensichtlich unter einigen freiberuflichen Ärzten „kein Unrechtsbewusstsein“ gebe und dass das „Standesrecht keine Bestrafung vorsehe“. Die Kosten für die Behandlung der Schäden, die die Verschreibung eines ungeigneten Medikaments anrichten kann, lägen deutlich höher als die Honorare, die Ärzte von den Pharmaunternehmen kassierten. Davon berichteten ihm u.a. auch die orthopädischen Schuhmacher_innen aus seinem Wahlkreis.

Karl Lauterbach, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, warf Schwarz-Gelb vor, „Straftäter zu decken“, wenn sie die Gesetzelücke nicht schließen würden. Die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, Carola Reimann (SPD) sagte, es sei „höchste Zeit, dass die Bundesreigerung handele. Die schwarzen Schafe unter den Ärzten untergräben „das Vertrauen in die gute Arbeit vieler Ärzt_innen“. Mechthild Rawert, rief zur Wette auf, ob Schwarz-Gelb bereit sei, die Gesetzeslücke zu schließen oder nicht. Sie tippe darauf, dass die Lücke gefüllt werde.

Forderungen der Sozialdemokraten an die Bundesregierung

Die SPD-Bundestagsfraktion fordert in ihrem Antrag die Bundesregierung zu folgenden Maßnahmen auf:

  • Durch ergänzende Regelungen im Strafgesetzbuch sicher zu stellen, dass Korruptionshandlungen niedergelassener Vertragsärzte Straftatbestände darstellen.
  • Mit entsprechenden gesetzlichen Regelungen ist zu gewährleisten, dass systematische Falschabrechnungen von Krankenhäusern mit spürbaren Sanktionen geahndet werden.
  • Auf die Länder sollt eingewirkt werden, damit diese besonders qualifizierte Schwerpunktstaatsanwalt-schaften und Ermittlungsgruppen bei der Kriminalpolizei zur Verfolgung von Korruption im Gesundheitswesen errichten. Begleitend sollten Angebote zur Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten mit einem möglichst einheitlichen Curriculum realisiert werden.
  • Es wird ein besonderer, auf sozialversicherungsrechtliche Sachverhalte abzielenden Straftatbestand geschaffen, der neben dem Vermögen die besondere Stellung der gesetzlichen Krankenversicherung und der Patientinnen und Patienten schützt.

Die Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten sollen als Profit-Center innerhalb der sie tragenden Organisationen verankert werden, damit der erwünschte personelle Ausbau nicht durch die von der Koalition geplante Deckelung der Verwaltungskosten der Krankenkassen verhindert wird.