Der „Entwurf eines Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren“ stand als erster Tagesordnungspunkt auf der Agenda der Abgeordneten (Drs. 18/7538). Umgangssprachlich wird es als Asylpaket II bezeichnet. Mit großer Mehrheit verabschiedete das Parlament die Gesetzesvorlage.

Das Gesetz bündelt verschiedene Maßnahmen: Asylsuchende mit geringen Chancen auf Anerkennung sollen künftig in besonderen Aufnahme-Einrichtungen untergebracht werden, in denen die Asylverfahren in kurzer Zeit abgeschlossen sein sollen. Über den Asylantrag entscheidet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) innerhalb von einer Woche, Rechtsbehelfsverfahren sollen in zwei Wochen abgeschlossen werden. Diese Regelung betrifft unter anderem Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten, Folgeantragsteller, solche, die keine Bereitschaft zeigen, ihre wahre Herkunft aufzudecken oder die aus schwerwiegenden Gründen ausgewiesen worden sind.

Für diesen Personenkreis gilt auch eine Wohnverpflichtung in besonderen Aufnahme-Einrichtungen; daran knüpft die so genannte Residenzpflicht an, d. h. sie dürfen den Bezirk der zuständigen Ausländerbehörde nicht verlassen. Ihre Rückführung soll im Fall der Ablehnung unmittelbar aus der Aufnahme-Einrichtung erfolgen. Wer sich diesem Verfahren verweigert, dem drohen künftig Sanktionen wie etwa die Einstellung des Asylverfahrens.

Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte ausgesetzt

Außerdem sieht das geplante Gesetz vor, den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte ab Inkrafttreten des Gesetzes befristet für zwei Jahre auszusetzen. Aber: Insbesondere für minderjährige Flüchtlinge mit subsidiärem Schutzstatus kann eine Härtefallprüfung vorgenommen werden. Das Aussetzen des Familiennachzugs gilt zudem nur für die relativ kleine Gruppe der subsidiär Schutzberechtigten, nicht aber für diejenigen, die als Asylbewerber oder als Flüchtling nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt werden. Für sie bleibt der Familien- und Elternnachzug ohne zweijährigen Aufschub erhalten.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann betonte: „Die Sozialdemokraten haben dieser Regelung zugestimmt, weil ansonsten das gesamte Asylpaket in Frage gestanden hätte. Die Menschen erwarten aber in der jetzigen Situation von uns zu Recht, dass die Koalition handelt, auch wenn das im Einzelfall das Eingehen von Kompromissen bedeutet.“

Aydan Özoguz (SPD), Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, machte gegenüber der Opposition im Plenum deutlich, dass Deutschland die höchste Zahl an Flüchtlingen aufnehmne. Nun müsse es aber darum gehen, dass die Asylverfahren viel schneller werden. Und sie stellte klar, dass es ohne die SPD in der Regierung heute gar keinen Familiennachzug gäbe, dafür aber haftähnliche Transitzonen.

Özoguz warb für ein umfassendes Integrationspaket, das nun umgehend geschnürt werden müsse.

Darauf verwies auch der SPD-Abgeordnete Sebastian Hartmann. "Wir müssen die Situation auch als Chance sehen. Eine erfolgreiche Integration ist ein kultureller, sozialer und ökonomischer Gewinn für unser Land", sagte Hartmann. Er forderte einen Integrationspakt.

SPD-Fraktionsvizechefin Eva Högl sagte bei der ersten Lesung: „Das Asylpaket II ist insgesamt ein vernünftiger Kompromiss der Koalition.“ Högl forderte eine gemeinsame europäische Asylpolitik, denn die offenen Grenzen innerhalb Europas „sind das Wertvollste, was wir an Europa haben“. Das neue Gesetzesvorhaben begründete sie unter anderem damit, dass es schlicht nicht in Ordnung sei, wenn Menschen monatelang auf eine Entscheidung warten müssten. Högl: „Schnelle Entscheidungen sind nicht unmenschlich, sondern Voraussetzung für eine Willkommenskultur.“

Nun sollten die Veränderungen auch erstmal wirken, so Högl. „Wir müssen uns jetzt auf die Integration derjenigen konzentrieren, die hier bleiben dürfen.“

Die SPD-Fraktion hat in den Verhandlungen über das Paket erfolgreich sichergestellt, dass Menschen, die in Deutschland Schutz suchen, weiterhin ein menschliches und faires Verfahren erhalten. Haftähnliche Transitzonen, wie ursprünglich von der Union gefordert, sind vom Tisch.

Weitere Regelungen in dem Gesetz im Überblick:

  • Der Schutz für minderjährige Flüchtlinge in den Unterkünften wird verbessert. Beschäftigte und Ehrenamtliche, die in Kontakt mit Minderjährigen stehen, müssen ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen. Sie dürfen nicht zuvor aufgefallen sein, etwa durch Gewalt- oder Sexualdelikte.
  • Der Bund wird seine Unterstützung bei der Passersatzbeschaffung intensivieren. Es wird eine neue Organisationseinheit beim Bundespolizeipräsidium eingerichtet, um Heimreisedokumente zu beschaffen. Sie hält stetigen Kontakt mit den Botschaften der Herkunftsstaaten.
  • Die Rückführung wird erleichtert, wenn medizinische Hinderungsgründe geltend gemacht werden: Dazu zählt eine Präzisierung der methodischen Anforderungen an Atteste, eine widerlegbare Vermutung für das Fehlen gesundheitlicher Abschiebungshindernisse, eine Pflicht zur unverzüglichen Vorlage (statt Attest „auf Vorrat“) und bei Zweifeln der Behörde Anordnung einer ärztlichen oder amtsärztlichen Untersuchung.
  • Mit Blick auf eine faire Lastenverteilung und geordnete Verfahren ist es notwendig, dass ein Anspruch auf volle Leistung aus dem Asylbewerberleistungsgesetz erst dann besteht, wenn der Ankunftsnachweis in der zugewiesenen Aufnahmereinrichtung ausgestellt ist.

Die Koalition wird nun auf Betreiben der SPD ein Integrationspaket schnüren, das sich vor allem mit Maßnahmen zur nachhaltigen Integration der Flüchtlinge befasst. Ein Integrationskonzept der SPD, genannt Malu-Dreyer-Plan, liegt vor und fließt in die Beratungen zwischen Bund und Ländern ein.

SPD-Fraktionschef Oppermann macht deutlich: „Wir müssen nun rasch die notwendigen Voraussetzungen schaffen, damit sich Menschen, die neu in unser Land kommen und hier bleiben werden, schnell integrieren.“

Alexander Linden