Flisek machte deutlich, dass vor allem eine öffentliche Befragung durch den Ausschuss für die BND-Mitarbeiter eine völlig neue Situation bedeute. Schließlich seien Mitarbeiter eines Geheimdienstes ansonsten darauf bedacht, sich in der Öffentlichkeit und auch im Privaten nicht zu ihrer Tätigkeit zu äußern. Die Zeugen berichteten über die Hergänge aus der Perspektive ihrer persönlichen Wahrnehmung und stünden dabei unter dem Druck, nicht zu viel preiszugeben.
Inhaltlich sei er mit den Vernehmungsergebnissen zufrieden, auch wenn noch einige Fragen zu klären seien, so das Fazit Fliseks zur Zeugenvernehmung des Untersuchungsausschusses am 6. November. Befragt wurden ein Sachgebietsleiter der BND-Abhörstation in Bad Aibling, der dort von 2003 bis 2007 in dem gemeinsamen Projekt mit der NSA (Joint SIGNIT Activity - JSA) tätig war, sowie dessen Nachfolgerin. Dabei ging es vor allem um die technischen Abläufe in Bad Aibling. Die Ergebnisse der Zeugenbefragung würden sich mit der bisherigen Beweisaufnahme und den Erkenntnissen aus den Akten decken, stellte Flisek klar.
Zeugen stützen These, dass USA Kooperation beendet haben
So habe die Zeugenbefragung ergeben, dass die kabelgebundene Überwachung am Frankfurter Datenknoten keine „anlasslose verdachtsunabhängige Massenüberwachung“ gewesen sei. Es seien nur bestimmte Strecken ausgewählt worden. Zudem sei intensiv gefiltert und selektiert worden, berichtete der SPD-Obmann. Die Filter hätten im Jahr 2003 im Probebetrieb anfangs nur zu 95 prozentiger Sicherheit funktioniert. Am Ende des Probebetriebs seien schließlich 99 Prozent erreicht worden. Während des Probebetriebs seien jedoch keine Daten an die NSA übermittelt worden. Da es bei der automatischen Filterung der Daten keine 100 prozentige Sicherheit gegeben habe, seien die Daten später vor einer Weitergabe mehrfach gefiltert und am Ende händisch nachsortiert worden, erläuterte Flisek. Somit sei im Rahmen der technischen Möglichkeiten sowie der Rechtsauslegung aus Sicht des BND der Grundrechtsschutz beim Umgang mit den Daten gewahrt worden.
Da die relevanten Daten, die der BND an die NSA weitergleitet habe, nicht den großen Erwartungen der Amerikaner entsprochen hätten, habe es „Misstöne“ in der Zusammenarbeit gegeben, habe der Sachgebietsleiter aus Bad Aibling erklärt, so Flisek. Die amerikanische Seite sei mit dem Ergebnis der Zusammenarbeit unzufrieden gewesen, nicht zuletzt deshalb sei die JSA im Jahr 2012 aufgelöst worden. Dies würde seine These stützen, sagte Flisek, dass die USA die Kooperation beendet hätten, weil die Deutschen die Wahrung der Grundrechte aus der amerikanischen Perspektive zu genau genommen hätten.
Offene Fragen bei weiteren Zeugenbefragungen klären
Allerdings seien erneut Fragen offen geblieben, so Flisek. Er will wissen, wie die automatisierte bzw. teilautomatisierte Filterung der Daten aus dem Frankfurter Kabel ab 2007 abgelaufen ist und welchen politischen Zwecken bzw. Sicherheitsaspekten die Informationsverarbeitung im BND diente. Zudem interessiert sich der SPD-Obmann, wer anhand welcher Kriterien entschieden habe, was schützenswerte Grundrechtsträger seien.
Am 13. November werden ein Unterabteilungsleiter des BND sowie der frühere Eikonal-Projektleiter befragt. Dabei stehen erneut die Abläufe und der Umfang der Datenerfassung, der Datenspeicherung, der Ausfilterung deutscher Kommunikationsdaten, der Suche nach nachrichtendienstlich relevantem Material durch so genannte Selektoren sowie die Übergabe der Daten an die BND-Zentrale oder an die USA im Fokus.
Mit der Rechtsauslegung („Weltraumtheorie“) innerhalb des BND bei der Erfassung und Verarbeitung von Daten aus dem Ausland, die zum Teil auch im Inland erfasst wurden, wird sich der Untersuchungsausschuss am 27. November durch die Befragung des früheren G10-Juristen des BND befassen.
Die Befragung der BND-Mitarbeiter wird sich insgesamt etwas verzögern und erst Anfang des kommenden Jahres abgeschlossen sein. Insgesamt wird der Untersuchungsausschuss im Rahmen seiner Beweisaufnahme 70 Zeuginnen und Zeugen vernehmen.