FANkultur.com: Herr Gerster, der Fußball hat 2012 einiges an Ereignissen zu bieten gehabt. Wenn Sie jetzt auf das Fußballjahr als Politiker zurückblicken, was ist Ihnen positiv in Erinnerung geblieben und was nicht?
Martin Gerster: Ich denke bei einem Rückblick auf das Fußballjahr 2012 sollte man – gerade als Sportpolitiker – zwischen den sportlichen Ereignissen und den Ereignissen mehr oder weniger fernab des Spielgeschehens trennen.
Auf der sportlichen Seite stand auf der internationalen Ebene die Europameisterschaft in Polen und der Ukraine im Vordergrund. Die EM war spannend, auch wenn sie für die deutsche Nationalmannschaft leider mit der Niederlage gegen Italien im Halbfinale endete. Noch weitaus unglücklicher verlief aus deutscher Sicht das Finale der Champions League zwischen Bayern München und Chelsea. Der FC Bayern hätte den Sieg sicherlich verdient gehabt. In der zweiten Jahreshälfte haben die deutschen Starter in Champions League und Europa League stark aufgespielt und allesamt in ihren Wettbewerben überwintert. Ein toller Erfolg für die Bundesliga. Als Einzelspieler ist Lionel Messi besonders hervorzuheben, der wettbewerbsübergreifend 91 Pflichtspieltore erzielte und damit den alten Rekord von Gerd Müller mit 85 Toren aus dem Jahr 1972 übertroffen hat. Messi ist meiner Meinung zu Recht erneut zum Weltfußballer gewählt worden.
Auf nationaler Ebene überragte Borussia Dortmund mit dem ersten Double-Gewinn der Vereinsgeschichte und dem Bundesliga-Rekord von 81 Punkten am Saisonende. Bayern hat sich nach den beiden Meisterschaften des BVB eindrucksvoll zurückgemeldet und in der zweiten Jahreshälfte eine grandiose Hinrunde gespielt. Dieser Konkurrenzkampf auf höchstem Niveau ist gut für den deutschen Fußball.
Außerhalb des Platzes zeigen zwei Zahlen die hohe Attraktivität und den damit verbundenen wirtschaftlichen Erfolg der Bundesliga im Jahr 2012 auf. Mit insgesamt 13.805.496 Millionen StadionbesucherInnen wurde vergangene Saison ein neuer Rekord in der Geschichte der Bundesliga aufgestellt. Dazu bringt der neue TV-Vertrag für vier Spielzeiten den Proficlubs der 1. und 2. Bundesliga im Durchschnitt jährlich 628 Millionen Euro ein. Diese hohen Einnahmen sind jedoch mit großer Verantwortung verbunden. Die Bundesligavereine sind gut beraten, weiterhin solide zu wirtschaften. Die Erlöse aus der TV-Vermarktung könnten in Zukunft wieder deutlich niedriger ausfallen, es gibt keine Garantie für einen ewigen Geldsegen.
Negativ sehe ich das unsägliche Verhalten einiger Chaoten, die ich gar nicht erst als Fans bezeichnen möchte. Sie schaden leider allen Zuschauern und damit dem gesamten Fußball. Beispielsweise war das Relegationsspiel in Düsseldorf verheerend für die öffentliche Wahrnehmung. Das massive Werfen von Pyromaterial auf das Spielfeld seitens einiger Hertha-Fans und der vorzeitige Platzsturm vieler Fortuna-Anhänger gaben den Hardlinern ordentlich Rückenwind. Forderungen zur Abschaffung der Stehplätze und zur Beteiligung des Fußballs an den Kosten der Polizeieinsätze teilen wir als SPD im Deutschen Bundestag nicht. Populismus hilft nicht weiter. Das DFL-Sicherheitskonzept brachte im Anschluss viel Unruhe. Es wäre mit Sicherheit sinnvoll und richtig gewesen, auch Fanvertreter an der Ausarbeitung zu beteiligen.
Neben einigen Vorkommnissen in den Stadien sind gewalttätige Übergriffe außerhalb der Stadien sicherlich ein Problem. Womöglich sogar das größere. Hier sind beispielsweise gezielte Angriffe von Gewalttätern auf Fans anderer Vereine an Autobahnraststätten zu nennen. Das ist eine Schande.
Eine noch größere Gefahr für den Fußball und die Gesellschaft sind Rechtsradikale in den Kurven und auf den Tribünen deutscher Stadien. Es darf nicht sein, dass Nazis die Plattform Fußball für die Verbreitung ihrer rechten Ideologie nutzen oder gar die ideologische Lufthoheit über den Kurven erobern. Hier müssen wir alle, vom einfachen Fan bis zum Vereinspräsidenten, vom Stadionsprecher bis zum Sponsor, zusammenstehen.
Und nochmals zu den Finanzen: Auch wenn die 1. Bundesliga boomt wie nie, darf nicht vergessen werden, dass einige Vereine leider in enormen finanziellen Schwierigkeiten stecken. Zu nennen sind hier beispielsweise die insolvente Alemannia Aachen oder der MSV Duisburg.
Die Politik muss immer wieder als Sündenbock herhalten, wenn es um gravierende Entscheidungen im Fußball geht, wie eben dem Sicherheitspaket vom 12. Dezember 2012. Es wird von Druck gesprochen, den man seitens der Politik verspürt hat. Wie groß war denn der Druck wirklich?
Der Druck aus Teilen der Politik war sicherlich vorhanden. An vorderster Stelle stand dabei Bundesinnenminister Friedrich mit seinen Drohungen zur Abschaffung der Stehplätze, obwohl solch eine Maßnahme gar nicht in die Kompetenz des Bundes fällt, sondern nur auf Länderebene umsetzbar wäre. Das ist eine Farce und bringt unnötig Schärfe in die Debatte. Ich halte solche Forderungen für ein völlig falsches Signal. Denn ob reine Sitzplatzstadien die Lösung aller Probleme darstellen, darf doch bezweifelt werden. Ich befürchte dadurch einen Verdrängungsprozess in den Stadien – viele einkommensschwache Fans wären damit vom Stadionbesuch ausgeschlossen. So etwas ist nicht im Interesse der Politik. Daher plädiere ich für eine Versachlichung der Debatte und Zurückhaltung auf der Seite derer, die versuchen, sich mit einer „Law and Order-Rhetorik“ zu profilieren.
Wir müssen die Fanvertreter in die Gespräche rund um die Sicherheit im Fußball einbeziehen. Dafür setzt sich die SPD-Bundestagsfraktion im Rahmen ihrer Möglichkeiten ein. Beispielsweise hatten wir zur Öffentlichen Anhörung des Sportausschusses des Deutschen Bundestags zum Thema „Gewalt in und um Fußballstadien“ im Februar vergangenen Jahres vorgeschlagen, einen Fanvertreter einzuladen. Dies wurde auch umgesetzt. Nur im Gespräch kommen wir gemeinsam für den Fußball voran. Auch stehen wir in regelmäßigem Kontakt mit der KoordinationsstelleFanprojekte (KOS). Die Fanprojekte leisten sehr gute Arbeit für den Fußball und müssen nach allen Kräften unterstützt werden. Übrigens wird im Juni diesen Jahres erneut das Thema Sicherheit in Fußballstadien im Sportausschuss behandelt. Hierzu hat die SPD-Fraktion vorgeschlagen, Fanvertreter, die KOS sowie den Herausgeber eines Buches über Ultras als Sachverständige hinzuzuziehen.
Sie sind im Sportausschuss der SPD, inwieweit hat man dort Einfluss auf das sportliche Geschehen, auf die Fans und auf die Politik der Bundesregierung? Wie darf man sich die Arbeit in einem Sportausschuss vorstellen?
Als sportpolitischer Sprecher meiner Fraktion koordiniere ich eine vierköpfige Arbeitsgruppe von SPD-Abgeordneten, die sich mit diesem Themenfeld befassen. Die in dieser Gruppe erarbeiteten Ergebnisse bringen wir dann in den Sportausschuss des Deutschen Bundestages ein. In diesem Gremium treffen sich 18 Abgeordnete aus allen Fraktionen, wobei die Sitzverteilung die Mehrheitsverhältnisse im Parlament widerspiegelt.
Die Themen, die der Ausschuss diskutiert, sind durch die Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern und die Art und Weise, wie der organisierte Sport in Deutschland aufgestellt ist, vorbestimmt. So fällt in Deutschland die Förderung des Spitzensports ins Aufgabenfeld der Bundespolitik, während der Breitensport Ländersache ist. Zudem genießt der organisierte Sport in Deutschland garantierte Autonomie, ist also vor staatlicher Einflussnahme auf die Arbeit der Vereine und Verbände weitgehend geschützt. Damit will man vermeiden, dass der Sport für politische Zwecke in einer Form instrumentalisiert werden kann, wie man es aus Zeiten der Diktatur kennt.
Wie in anderen Ausschüssen auch, stellt die Bundesregierung im Sportausschuss ihre Ideen und Planungen vor, die dann von den Vertretern der Koalitionsfraktionen und der Opposition mehr oder weniger kritisch diskutiert werden. Alle Fraktionen im Deutschen Bundestag haben die Möglichkeit, Parlamentarische Initiativen wie Anträge oder Gesetzesinitiativen in das Parlament einzubringen und damit, wenn thematisch passend, nach Überweisung im Sportausschuss zu behandeln. Darüber hinaus verständigen sich die sportpolitischen Sprecher aller Fraktionen im Obleutegespräch über die Sitzungsplanung und Aufsetzung von Tagesordnungspunkten im Ausschuss.
Da geht es dann um die Rahmenbedingungen des sportlichen Wettbewerbs, z. B. die Antidopinggesetzgebung oder um die Vorbereitung sportlicher Großereignisse wie die Olympischen Spielen. Selbstverständlich diskutiert der Ausschuss – vor allem mit Blick auf die oberen Ligen – auch Phänomene wie Fangewalt und die generelle Entwicklungen innerhalb der Fanszenen.
Vor dem Hintergrund der „Autonomie des Sports“ kann der Ausschuss vor allem Themen aufgreifen und Impulse für die öffentliche Debatte geben. Das versuchen wir zum Beispiel dadurch zu erreichen, dass wir regelmäßig Vertreter der Verbände, Wissenschaftler aber auch der aktiven Fanszene als Experten zu den Sitzungen des Ausschusses einladen. Es ist vor diesem Hintergrund fatal, dass die Vertreter der schwarz-gelben Koalition im Ausschuss durchgedrückt haben, dass wir nicht mehr öffentlich tagen.
Vielen Fans und auch einigen Journalisten ist leider nicht bewusst, dass einer direkten Einflussnahme auf Verbandsentscheidungen rechtlich sehr enge Grenzen gesetzt sind. Allerdings ist es den Sportpolitikern über die Vernetzung mit anderen Ausschüssen und Arbeitsgruppen durchaus möglich, Einfluss auf das Regierungshandeln zu nehmen, zum Beispiel wenn es um die Verteilung von Fördermitteln für den Spitzensport oder die Regulierung des Sportsponsorings geht. Beispielsweise möchte ich einen Erfolg anführen, den der Sportausschuss fraktionsübergreifend mit dem Ausschuss für Arbeit und Soziales, dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales sowie dem organisierten Sport jüngst erzielen konnte: Die Beträge für die Unfallversicherung von Sportlerinnen und Sportlern bei der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft sollten exorbitant steigen, was für viele Vereine finanzielle Schwierigkeiten gebracht hätte bis hin zu Insolvenzen; im Fußball wären Vereine vom Profi-Bereich bis hin zu den untersten Ligen betroffen gewesen. Hier konnte die Politik dem Sport direkt helfen und durch Gespräche die Beitragssteigerungen auf ein moderates Maß begrenzen. Aber nicht nur der Fußball profitierte davon, dem gesamten organisierten Sport ist mit dem Ergebnis geholfen.
Viele Fans haben den Eindruck gewonnen, dass sich die Parteien in Deutschland über den Fußball so hermachen, weil es dem Wahlkampf 2013 dient. Aber ist die Sicherheit in den Stadien denn so bedrohlich, wie immer behauptet wird?
Nein, meines Erachtens sind unsere Stadien sicher. Natürlich nicht zu 100 Prozent – so etwas gibt es nicht im Leben. Aber der oft herangezogene Vergleich der Zahl der Verletzten zwischen einer Bundesliga-Saison und dem Münchener Oktoberfest sagt doch einiges aus. Ich sehe in diesem Thema kein Potential für den Wahlkampf. Auch der überwiegende Teil der Zuschauerinnen und Zuschauer fühlt sich sicher. Wir hatten in Deutschland – vor allem in den 1980er-Jahren – durchaus Probleme mit Gewalt in den Stadien, aber das liegt nun doch schon etwas zurück. Pyrotechnik sehe ich aber durchaus als Gefahr: 2000 Grad heiße Bengalos gehören nicht ins Stadion und sind laut Stadionordnungennicht ohne Grund verboten.
Was halten Sie generell von der Berichterstattung der Medien, von Taliban bis Kriegszustand in Stadien waren schon alle Extreme dabei?
Ich halte das – wie gesagt – für überzogen. Vorhandene Probleme sollten nicht kleingeredet werden, aber Hysterie hilft in der Sache nicht weiter. Leider ist genau das von einigen Seiten herbeigeführt worden: Wer behauptet, dass ein Stadionbesuch in Deutschland lebensgefährlich sei, ist doch nur an der Provokation interessiert. Und das greifen dann natürlich auch die Medien auf.
Und was können die Fans tun, damit auch die Politik den Sport wieder genießen kann ohne Einschränkungen zu fordern.
In erster Linie geht es in der Debatte nicht darum, dass „die Politik den Sport wieder genießen kann“. Den Vertreterinnen und Vertretern aller Parteien muss doch daran gelegen sein, dass der Besuch eines Fußballstadions sicher und die Spiele auf dem Platz frei von Manipulation sind.
Die Fans können dazu ihren Teil beitragen. Bei Gewalt, Rechtsextremismus oder Pyroeinsatz wird häufig auf die „selbstreinigenden Prozesse innerhalb der Fanszene“ verwiesen. Das unterstütze ich. Soweit möglich müssen die Vernünftigen geschlossen auf die Nebenfrau oder den Nebenmann einwirken, wenn Probleme drohen. Wichtig ist auch, endlich das Anzünden von Bengalos etc. zu beenden. Die organisierten Fans haben mit der der Aktion „12:12 - Ohne Stimme keine Stimmung“ ein beeindruckendes Zeichen gesetzt, sind über die Fangrenzen hinweg geschlossen und gut organisiert aufgetreten. Warum geht das nicht, wenn es um Pyrotechnik geht? Das wäre ein großer Fortschritt.
Aber Fans allein können am Ende nicht für die Sicherheit in den Stadien sorgen. Das wäre weltfremd. Die Sicherheitskräfte sind weiterhin gefordert. Dialog und Prävention durch die Fanprojekte vor Ort leisten dazu einen wichtigen Beitrag.
Ein weiteres Problem sind auch die politischen Orientierungen in den Fanblöcken. In den letzten Monaten häufen sich die Schlagzeilen, dass immer mehr rechtsorientierte Fans auf den Rängen stehen. Selbst die NPD geht vor den Stadien auf Stimmenfang, wirbt mit Flyern und Plakaten. Wird so etwas seitens der Politik registriert und viel wichtiger, tut man was dagegen?
Wie bereits gesagt, die verstärkte Präsenz von Rechtsradikalen in den Stadien ist der Politik nicht entgangen. Diese Entwicklung ist gefährlich. Doch sosehr es wir uns wünschen, es lässt sich leider nicht von heute auf morgen in den Griff bekommen. Wir als SPD-Bundestagsfraktion setzen dabei sowohl auf präventive als auch auf repressive Maßnahmen. Aufklärung und Projekte gegen Rechts müssen verlässlich finanziert werden. In dieser Legislaturperiode hat die SPD-Fraktion daher auch den Antrag „Rechtsextremistische Einstellungen im Sport konsequent bekämpfen – Toleranz und Demokratie nachhaltig fördern“ in den Bundestag eingebracht, der leider von der Regierungskoalition abgelehnt wurde.
An dieser Stelle möchte ich Kevin-Prince Boateng mein Lob aussprechen, der als Spieler jüngst ein starkes Zeichen gegen Rassismus setzte, als er nach rassistischen Beleidigungen gegen ihn und weitere Milan-Spieler bei einem Testspiel das Feld verließ und damit das Spiel abgebrochen wurde.
Das Thema Pyrotechnik müssen wir ansprechen. Wir waren erschrocken, als wir den Skisport gesehen haben. Dort wurde Pyrotechnik eingesetzt und seitens der Medien bejubelt. Kein Politiker ist vor die Presse getreten und hat sich dazu geäußert. Wird in dieser Thematik nur der Fußball an sich fokussiert oder wie erklären Sie sich das?
Von Einzelpersonen eingesetzte Pyrotechnik hat nichts bei öffentlichen Veranstaltungen – egal welcher Art – zu suchen (siehe auch Antwort 4). Ich halte es im konkreten Einzelfall aber für richtig, dass sich dazu kein Politiker geäußert hat. Es hilft in der Sache nämlich nicht weiter, wenn nach jeder abgebrannten bengalischen Fackel Politiker Statements von sich geben. Dann wären nach fast jedem Bundesliga-Spieltag, leider, einige Pressemitteilungen fällig. Nichtsdestotrotz sind das Vorkommnisse, die ich absolut verurteile. Aber in erster Linie gilt es, dies von den Sicherheitskräften vor Ort aufzuklären.
Können Sie generell den Zorn der Fans verstehen, die mit dem DFB über eine Legalisierung der Pyrotechnik gesprochen hat, dieses dann aber ohne Angaben von Gründen abgebrochen wurde. Warum bietet man seitens des DFBs Gespräche an für etwas, das von vornerein nicht umsetzbar war?
Der Unmut der Fans ist durchaus nachvollziehbar. Dort wurden offensichtlich Erwartungen aufgebaut, die dann bitter enttäuscht wurden. Aber zu den Beweggründen des DFB kann ich nichts sagen, da bin ich der falsche Ansprechpartner.
Wie stehen Sie zum Thema "Nacktkontrollen" wie sie schon in München stattgefunden haben?
Dies ist zweifelsohne ein heikles Thema. Im DFL-Sicherheitskonzept fehlt es bei die Einzel-Kontrollen an präzisen Kriterien (Auswahl der Personen, Dauer, Umfang etc.). Das ist nicht transparent und Stadionbesucherinnnen und -besucher sollten nicht per se kriminalisiert werden.
Auf der anderen Seite müssen die Fans aber in Zukunft durch ein angemessenes Verhalten dafür sorgen, den Rufen nach solchen Kontrollen keinen Anlass zu geben. Wenn Teile einer Fanszene bei jedem Bundesliga-Spiel Pyros anzünden, dann stehen am Ende leider viele Fans sprichwörtlich in schlechtem Licht.
Sind Sie selbst auch Fußballfan und können einige Sichtweisen, Aktionen und Reaktionen persönlich nachempfinden?
Ich habe selbst Fußball gespielt und bin seit meiner Studienzeit leidenschaftlicher Anhänger von Mainz 05. Wenn ich Zeit habe, besuche ich mit meinen ehemaligen Kommilitonen gern ein Heimspiel – natürlich im Fanblock, nicht auf der Haupttribüne. Zuletzt war ich beim Spiel Mainz 05 gegen den 1. FC Nürnberg dabei.
Abschließend würde mich noch interessieren, in wie weit die Medien Einfluss auf die Politik in Deutschland haben?
Der Einfluss der Massenmedien auf die Politik ist sicherlich beachtlich. Die überwiegende Mehrzahl der Menschen kennt Politik nahezu ausschließlich aus Presse, Rundfunk und über die Berichterstattung im Internet. Wer dort als Politiker nicht auftaucht, bleibt unsichtbar. Denn die wenigsten Bürgerinnen und Bürger machen sich die Mühe, den direkten Kontakt zu ihren Abgeordneten zu suchen und sich aus erster Hand zu informieren. Man ist also auf journalistische Vermittlung angewiesen.
Journalisten und Medien haben jedoch ihre eigenen Arbeitsweisen, Anforderungen und Spielregeln, die auf die Politik zurückwirken. Vor allem das Fernsehen lebt von Bildern und verlangt nach kurzen, prägnanten Aussagen. Für komplexe Zusammenhänge und differenzierte Abwägungen bleibt meist wenig Raum. Und wer darauf aus ist, Aufmerksamkeit zu erzielen, muss zuspitzen, polarisieren und dramatisieren.
Im Ergebnis trägt das dazu bei, dass Politik als oberflächlicher und berechenbarer Zank erscheint und die eigentlichen Diskussionen bestenfalls stark verkürzt öffentlich werden. Eine Problematik, die sich mit dem immer härter werdenden Kampf um Quoten, Auflage und Klicks noch verschärft. Neben die klassischen journalistischen Plattformen sind in jüngerer Vergangenheit zudem Blogs und ähnliche Online-Angebote getreten, die mit Blick auf die sportpolitische Berichterstattung eine feste Größe darstellen. Gerade in diesem Bereich fehlt aber häufig das Wissen um politische Arbeitsabläufe und Sachzusammenhänge, was qualitativ auf Kosten der Berichterstattung geht.