Ministerin hat Bedürfnisse junger Menschen nicht im Blick

Die Einführung eines neuen Zivildienstes berücksichtigt zu wenig die Perspektiven und Interessen junger Menschen. Nach den Plänen der Familienministerin sollen mit diesem freiwilligen Zivildienst die wegfallenden Zivildienststellen in Krankenhäusern, Altenheimen und Kindergärten abgefedert werden. Mit dieser Perspektive hat die Bundesregierung erstens nicht die Bedürfnisse der Jugendlichen im Blick und zweitens wird eine „soziale Katastrophe“ ausbleiben: Gemessen an der Zahl der Beschäftigten im sozialen Bereich machen Zivildienstleistende – die allerdings keine Beschäftigten sind - gerade einmal ein Prozent aus. Viele Träger haben sich schon lange darauf eingestellt, dass der Zivildienst als Pflichtdienst früher oder später obsolet wird.

Jugendfreiwilligendienste sind erprobte Erfolgsmodelle

Zudem würde der geplante freiwillige Zivildienst zu teuren und überflüssigen Doppelstrukturen führen. Aber nicht nur das: Diese Doppelstrukturen können mittel- und langfristig die Jugendfreiwilligendienste in ihrer Existenz gefährden. Diese Bedenken, die wir in einem Gespräch mit der zuständigen Bundesministerin Schröder am 15. September vorgetragen haben, konnten nicht ausgeräumt werden. Jugendfreiwilligendienste sind aber erprobte Erfolgsmodelle, äußerst beliebt bei jungen Menschen und werden erfolgreich gemeinsam von der Zivilgesellschaft, Bund und Ländern angeboten!

Jugendfreiwilligendienste ausbauen und Anreize schaffen

Seit Jahren übersteigt die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber die Zahl der Freiwilligendienst-Plätze um das Doppelte. Jugendfreiwilligendienste müssen deshalb quantitativ wie qualitativ weiter gestärkt werden. Wir wollen, dass jede junge Frau und jeder junge Mann tatsächlich die Gelegenheit zum freiwilligen Engagement erhält, wie wir es auch in unserem Antrag zur Zukunft der Jugendfreiwilligendienste fordern. Zusätzlich fordern wir weitere Anreize, um junge Menschen für einen freiwilligen Dienst zu gewinnen, z.B. in Form von Bonusregelungen, BAföG-Vergünstigungen oder Anrechnung von Dienstzeiten auf die Rentenversicherung. Es ist Aufgabe der Politik, die jetzt anstehenden Veränderungen als Chance zu einer Offensive für mehr Freiwilligkeit zu nutzen und noch mehr Gelegenheit für freiwilliges Engagement zu schaffen.

  

Ministerin Schröder und Union  im alten Denken verhaftet  

Statt diese Gelegenheit mutig zu nutzen, bleibt Bundesfamilienministerin Schröder mit ihrem Vorschlag eines freiwilligen Zivildienst altem Denken verhaftet. Der Vorschlag stellt den Grundsatz der Nachrangigkeit von staatlichem gegenüber gesellschaftlichem Engagement in Frage und verabschiedet sich vom Leitbild einer starken Bürgergesellschaft.
Auch die Rufe aus der Union nach einem sozialen Pflichtdienst zeigen einen Rückfall in alte Zeiten. Vertreterinnen und Vertreter von CDU und CSU setzen nach wie vor auf Zwang statt auf Freiwilligkeit. Sie haben kein Vertrauen in die Bereitschaft junger Menschen, Verantwortung zu übernehmen.

Freiwilligkeit stärkt die Bürgergesellschaft

Der SPD-Bundestagsfraktion geht es bei der Diskussion um die Wehr- und Zivildienstreform vor allem um eins: Indem wir auf Freiwilligkeit setzen, wollen wir die Bürgergesellschaft deutlich stärken. Die bisherigen Erfahrungen mit den Jugendfreiwilligendiensten zeigen, dass junge Menschen selbstbestimmt sind und freiwillig und aus innerer Überzeugung Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen.

Wir werden unsere Forderungen in die kommende Debatte über die Zukunft der Wehrpflicht und die Umgestaltung des Zivildienstes einbringen. Dabei werden wir auch darauf drängen, die Zivilgesellschaft eng in weitere Diskussionen einzubeziehen.