Katja Mast, Sprecherin der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales der SPD-Fraktion, machte deutlich, dass die SPD-Fraktion in der Großen Koalition bisher viel für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erreicht habe. Vom Tarifautonomiestärkungsgesetz mit dem Mindestlohn, der Öffnung des Arbeitnehmerentsendegesetzes und der Erleichterung bei der Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen, über die abschlagsfreie Rente ab 63 und die Mütterrente, vom ElterngeldPlus bis zur Geschlechterquote in Aufsichtsräten habe die Fraktion mit den SPD-geführten Ministerien bereits vieles erfolgreich umsetzen können.

SPD-Fraktion ist Garant für Arbeitnehmerpolitik

Nun würden das Bundesprogramm zur Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit und die Eindämmung von Missbrauch bei Leiharbeit und Werkverträgen folgen. „Das wird kein Zuckerschlecken mit unserem Koalitionspartner“, sagte Katja Mast. Schon heute würden Mitglieder der Unionsfraktion Grenzen für die Arbeitnehmerpolitik formulieren und den Mindestlohn immer wieder angreifen. Zudem gehe es jetzt darum, die Zukunft der Arbeit zu gestalten und sich den Herausforderungen der Digitalisierung der Arbeitswelt zu stellen. Politik müsse die Chancen von „Arbeiten 4.0“ nutzen und die Risiken, z. B. durch die permanente Erreichbarkeit von Beschäftigten, minimieren. Eines sei klar, so Mast: „Die SPD-Fraktion ist der Garant für eine gute Arbeitnehmerpolitik“. Dabei sollten Betriebs- und Personalräte, Gewerkschaften und die SPD-Fraktion zusammenstehen.

Heute die Weichen für morgen stellen

„Die SPD-Fraktion ist kontinuierlich im Dialog mit Betriebs- und Personalräten. Als Partei der Arbeit steht die SPD an der Seite der Beschäftigten“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. Bei der augenblicklich positiven wirtschaftlichen Situation in Deutschland komme es darauf an, dass „alle Menschen am Wohlstand teilhaben“. Deshalb sei es gut, dass die Einführung des Mindestlohns und gute Tarifabschlüsse zu wachsender Kaufkraft geführt hätten.

Die Weichen für die Zukunft müssten heute gestellt werden, erklärte Oppermann. Dazu gehörten ein ausgeglichener Haushalt und Investitionen in Infrastruktur sowie in Bildung und Forschung. Als weitere wichtige Aufgabe nannte Oppermann die Sicherung von Fachkräften. Dafür sei Einwanderung notwendig, die durch ein Einwanderungsgesetz geregelt werden müsse. Aber auch eine höhere Frauenerwerbsquote und die Qualifizierung junger Menschen ohne Schul- und Berufsabschluss durch eine zweite Chance seien unumgänglich. Mit Blick auf die augenblicklich stetig wachsenden Flüchtlingsströme nannte Oppermann zum einen die finanzielle Entlastung von Kommunen als vordringliche Aufgabe des Bundes und zum anderen die Aufstockung der Entwicklungshilfe, um die Fluchtursachen vor Ort zu bekämpfen.

Beschäftigte schützen

In Bezug auf die Herausforderungen durch die Digitalisierung der Arbeitswelt – Stichwort Arbeiten 4.0 – forderte Stefan Körzell, Bundesvorstandsmitglied des DGB, Regelungen zu etablieren, die Beschäftigte schützen. Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) habe bereits Forderungen auf den Tisch gelegt, die deutlich machten, dass die Arbeitgeberseite die Digitalisierung nutzen wolle, um Arbeitnehmerrechte zu „schleifen“. So wollten die Arbeitgeber Regelungen für die tägliche Arbeitszeit abschaffen und nur noch über Wochenarbeitszeit reden, Sonn- und Feiertage sollten nicht mehr geschützt werden, und auch von Mindestentgelten wollten sich die Arbeitgeber verabschieden. Körzell sagte, die Versteigerung von Arbeitszeit, bei der der günstigste Bieter den Zuschlag erhalte, dürfe es nicht geben.

Den Menschen in den Mittelpunkt stellen

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) erteilte der Forderung von BDA-Präsident Kramer, dass die Digitalisierung mehr Werkverträge notwendig mache, eine klare Absage. Schon heute würden Werkverträge und Leiharbeit branchenweit dafür missbraucht, um Arbeitnehmerrechte auszuhöhlen. Deshalb müsse beides reguliert werden. Dafür werde ihr Haus nach der Sommerpause einen Gesetzentwurf vorlegen. Ebenso machte sie deutlich, dass Leiharbeitnehmer, wie aktuell bei der Post, nicht als Streikbrecher eingesetzt werden dürften.

Beim Thema Arbeit 4.0 kommt es Nahles darauf an, den Menschen und nicht die Technik in den Mittelpunkt zu stellen. Es werde vor allem darum gehen, Qualifizierungsverluste zu vermeiden. Neue Technik und Arbeitnehmer könne man nicht einfach aufeinander prallen lassen. Deshalb müsse es auch ein neues Management für das „Training on the Job geben“. Um den steigenden Anforderungen an Fort- und Weiterbildung gerecht zu werden, will Nahles die Bundesagentur für Arbeit zur Bundesagentur für Arbeit und Qualifizierung weiterentwickeln. Die Arbeitgeber wollten die Diskussion nutzen, um eine neue Deregulierungsdebatte zu führen. Die Robotisierungswelle und eine Arbeitswelt, die sich von einem Arbeitsort entferne, dürften nicht zu „Kapitalismus pur im neuen Gewand führen, sondern zu einer sozialen Marktwirtschaft 4.0“.

Mitbestimmungsformen ausweiten

Politik müsse angesichts der Globalisierung und Digitalisierung von Wirtschaft und Arbeit soziale Standards global durchsetzen, empfahl  Sabine Pfeiffer, Arbeits- und Industriesoziologin an der Universität Hohenheim. Das diene nicht nur den Beschäftigen, sondern auch dem Schutz des Mittelstands und damit der Basis der Export-, Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Kollektive Mitbestimmungsformen sollten auf nicht-abhängige Formen der Arbeit und virtuelle „Betriebsformen“ ausgeweitet werden.

Intensive Diskussion 

Die Betriebs- und Personalräte nutzten den Tag, um intensiv anstehende Herausforderungen auch in aktuellen Arbeitskämpfen zu diskutieren. Sie formulierten, an welchen Stellen sie sich konkrete Unterstützung von der SPD-Fraktion und der Bundesarbeitsministerin erhoffen. Auch hierbei stand die Bekämpfung des Missbrauchs von Leiharbeit und Werkverträgen im Mittelpunkt. Die Diskussionen wurden von der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Carola Reimann und Katja Mast moderiert.

Arbeitnehmerrechte stärken

Klaus Barthel, SPD-Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in der SPD (AfA), sagte am Ende der Konferenz, dass die Digitalisierung der Arbeitswelt nur gemeinsam gestaltet werden könne und der Wandel zu nutzen sei, um Arbeitnehmerrechte zu stärken.

Anja Linnekugel