Wolfgang Tiefensee blickt sich um, betrachtet die Fotos an den Wänden, schaut hoch auf die Tribüne und hinaus auf das Reichstagsgebäude. „Ist ein schöner Raum, hier, oder? Was meint ihr?“, fragt er in die Runde. Die übrigen Abgeordneten in Saal 4.800 des Paul-Löbe-Hauses nicken zustimmend. „Vor allem die rote Wandfarbe passt“, bemerkt einer. Die Parlamentarier schmunzeln.

An diesem Dienstagmorgen ist die SPD-Arbeitsgruppe Wirtschaft und Energie wie alle übrigen 22 AGs zum ersten Mal zusammengekommen, um sich zu konstituieren und ihre Sprecher zu wählen. 14 Männer und Frauen bilden die SPD-Arbeitsgruppe. Zur Tradition gehört es, dass die erste Sitzung und die Wahl des Sprechers der Gruppe vom zuständigen stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden übernommen werden. Jedem der neun Stellvertreter von Fraktionschef Oppermann sind Ressorts zugeordnet. In diesem Fall ist Hubertus Heil zuständig, in dessen Bereich Wirtschaft, Energie, Bildung, Forschung und Tourismus fallen.

Wolfgang Tiefensee, ehemals Leipziger Oberbürgermeister und Bundesminister für Bau, Verkehr und Stadtentwicklung, kandidiert erneut als Sprecher. Doch diesmal gibt es eine wichtige Veränderung: Denn die Arbeitsgruppe ist dem neu zugeschnittenen Ministerium für Wirtschaft und Energie angeglichen. Das bedeutet, der Sprecher muss künftig beide Themen abdecken.

Optimale Verteilung nach Regionen

Hubertus Heil schlägt eine Vorstellungsrunde vor. Einige Gesichter in der Arbeitsgruppe sind neu, denn die Fraktion ist nach der Bundestagswahl stark gewachsen. Schnell wird klar, die MdBs kommen aus vielen Bundesländern Deutschlands. „Die regionale Verteilung gefällt mir sehr gut“, lobt Heil, das bedeute nämlich auch, dass die wirtschaftspolitische Arbeit der Fraktion in viele Wahlkreise getragen wird.

Heil erklärt, es gehe künftig vor allem darum, das wirtschaftspolitische Profil der SPD-Fraktion zu stärken. Er kündigt an, wichtigstes Thema bei der Energie sei nun die EEG-Reform. Ein Gesetzentwurf dazu solle schon im April vorliegen.

Gespannt hören die Abgeordneten zu, in einem Oval sitzen sie um Heil herum. Alle Arbeitsgruppen- und Ausschuss-Säle im Löbe-Haus sehen so aus. Vor jedem Platz befindet sich ein Mikrofon, in einer zweiten Reihe sitzen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Geschäftsstelle und der Abgeordneten. Vier Referenten werden die MdBs künftig bei ihrer Arbeit unterstützen.

Tiefensee wird wiedergewählt

Die Wahl des Sprechers läuft zügig. Nach wenigen Minuten verkündet Heil: „Wolfgang, du bist bei 14 abgegebenen Stimmen mit zwölf Ja- bei einer Nein-Stimme und einer Enthaltung gewählt. Wolfgang Tiefensee dankt seinen Kolleginnen und Kollegen für das Vertrauen. Heil steht auf, er muss weiter, eine andere Arbeitsgruppe konstituieren. Tiefensee übernimmt die Leitung. In einem weiteren Wahlgang werden seine Stellvertreter gewählt: Andrea Wicklein und Dirk Becker – beide saßen schon zuvor im Bundestag.

Bevor die AG sich vertagt, hat Tiefensee noch eine Bitte. Auf einem Zettel sind Bereiche aufgelistet, für die sich so genannte Berichterstatter finden müssen. Das bedeutet, der oder die Abgeordnete muss Spezialist/in werden auf diesem Gebiet und vor der Fraktion gegebenenfalls Stellung nehmen, wenn es Initiativen dazu gibt. Jeder Abgeordnete kann drei Bereiche wählen und sie priorisieren, zum Beispiel Luftfahrt, Mittelstand, Telekommunikation.

Und damit die Zusammenarbeit im Ausschuss mit dem neuen Koalitionspartner Union auch gut klappt, soll es demnächst ein gemeinsames Abendessen geben. Denn auch bei der Union, sagt Tiefensee, gebe es ganz nette Kolleginnen und Kollegen.

Alexander Linden