Für einige Vorhaben in der Richtlinie gilt: Das Ziel ist gut, der im EU-Richtlinien-Vorschlag aufgezeigte Weg ist falsch. Die SPD stellt sich gegen die Forderung der EU, europaweit Netzsperren im Internet einzuführen. Die symbolpolitischen und ungeeigneten Netzsperren müssen aufgegeben werden. Das wirksamste Mittel für die Bekämpfung von kinderpornografischen Inhalten im Internet und für einen effektiven Schutz der Opfer ist die Löschung der Internetseiten. Dazu ist die internationale Zusammenarbeit zu verstärken und zeitgemäß zu gestalten.
Dreistufigen Jugendschutz erhalten
Lässt sich Europa, was diesen Richtlinien-Vorschlag angeht, nicht umstimmen, ist das auch das Aus für den deutschen dreistufigen Jugendschutz. Die Unterscheidung zwischen Kindern und Jugendlichen, wie wir sie im deutschen Sexualstrafrecht kennen, würde fallen. Und auch das wäre falsch. Denn dieser Differenzierung liegt die richtige Überlegung zugrunde, dass die Schutzwürdigkeit von Kindern und Jugendlichen vor dem Hintergrund der zunehmenden sexuellen Reife unterschiedlich zu beurteilen ist. Es ist nicht das gleiche, ob es sich um ein 10-jähriges Kind oder einen fast 18-jährigen Jugendlichen handelt. So wie der Richtlinien-Vorschlag konzipiert ist, kann sich der verliebte 18-Jährige, der übers Netz bei einer 17-Jährigen anklopft und sich mit ihr zu Intimitäten verabredet, strafbar machen, wenn es dann zu diesen Intimitäten kommt. Das geht an der Lebenswirklichkeit vorbei. Wir müssen „Grooming“, also die Anbahnung sexuellen Missbrauchs durch das Internet, unter Strafe stellen, aber wir dürfen Heranwachsende bei ihren ersten, ganz normalen sexuellen Kontakten nicht kriminalisieren.
Mehr Opferschutz notwendig
Und: Wir brauchen mehr Opferschutz. Wir erleben derzeit, wie aus allen Winkeln der Republik neue Meldungen über Kindesmissbrauch an die Öffentlichkeit drängen. Jahrzehntelang haben die Opfer geschwiegen. Für viele Betroffene gab es einfach keine Anlaufstelle. Sie konnten sich nicht anvertrauen. Eine Gesellschaft, die das Thema Kindesmissbrauch verdrängt und tabuisiert, kann den Kampf gegen sexuellen Missbrauch und Ausbeutung von Kindern nicht gewinnen. Deshalb ist es notwendig, mehr Anlaufstellen zu schaffen, an die sich Kinder und Jugendliche in ihrer Not wenden können. Wir brauchen Schulungsprogramme für Lehrer, Erzieher, Priester, Ärzte und Sozialarbeiter, damit diese sexuellen Missbrauch erkennen und adäquat reagieren können. Daneben müssen Therapieangebote für pädophile Täter vorgehalten werden.