Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Teller oder Tank - auf diesen Ausspruch reagiere ich ganz ehrlich, bei aller Liebe, mittlerweile allergisch. Ich kann es bald nicht mehr hören. Dadurch wird die Problematik unzureichend auf ein einziges Schlagwort verkürzt. In der Sache liegt man völlig daneben, wenn man es darauf reduziert. Dann könnte ich in der Tat - genauso wie der Kollege Sascha Raabe - sagen: Tank oder Trog. Auch Thilo Hoppe hat darauf hingewiesen. Ich habe allerdings andere Zahlen, Thilo, die weit höher liegen als die Zahlen, die du genannt hast: Annähernd 70 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche werden zur Erzeugung von Futtermitteln benötigt.
Das ist in dem Fall auch gut so, wenn es sich so verhält, dass wir in Deutschland weniger Fleisch essen, während sich in Entwicklungs- und Schwellenländern deswegen, weil das Existenzminimum steigt, die Menschen mehr Fleisch leisten können. Das ist zumindest in diesem Punkt eine gute Nachricht. Denn: Wer sich Fleisch leisten kann, hat mehr Geld zur Verfügung. Wir müssen im Zusammenhang mit unserem Fleischkonsum aber auch darauf achten, welche Preise den Bauern gezahlt werden; das ist ja teilweise gar nicht auskömmlich. Fleisch scheint oftmals viel zu günstig verkauft zu werden.
(Beifall bei der SPD)
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Ungefähr 70 Prozent der in Bearbeitung stehenden Flächen werden also für den Anbau von Futtermittel genutzt, aber nur 3 Prozent für den Anbau von Biomasse zur Verwendung als Kraftstoff. Ich finde, alleine diese Zahl zeigt, welches Missverhältnis da besteht und dass die Diskussion „Teller oder Tank“ nicht gerechtfertigt ist, da die Dimension eine ganz andere ist. Ich will das Problem ja nicht verniedlichen - darum geht es nicht -, aber ich will eine differenzierte Betrachtung der Ursachen. Dafür sind diese polemischen Schlagwörter überhaupt nicht geeignet.
In der Tat: Wir müssen neu darüber nachdenken, wie wir die zunehmende Umwandlung natürlicher Ökosysteme in Anbauflächen verhindern. Auch bei uns in Deutschland gibt es, wenn auch regional begrenzt, negative Auswirkungen durch die Erzeugung von Biomasse.
(Norbert Schindler (CDU/CSU): Wo?)
Ich weiß durchaus, wovon ich da rede. Ich kenne das nämlich aus meiner Region. Die buchstäbliche Vermaisung ganzer Regionen, Herr Kollege Holzenkamp, ist ein nicht zu übersehender Hinweis darauf. Ich gebe an dieser Stelle auch zu: Offensichtlich greift die Nachhaltigkeitsverordnung nicht.
Ebenfalls ist darüber nachzudenken, wie in Zukunft finanzielle Anreize zur Förderung von erneuerbaren Energien so gestaltet werden, dass wir nicht einen permanenten Reparaturbetrieb für die negativen Auswirkungen an anderer Stelle organisieren müssen. Im Übrigen entscheidet auch der Markt über den Anbau. Das, für das gut gezahlt wird, wird viel lieber angebaut. Machen wir uns da doch nichts vor!
(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)
Sicherlich werden wir auch darüber nachdenken müssen, ob die zurzeit gültigen Beimischungsquoten so beibehalten werden sollten, allein schon deshalb, weil die Akzeptanz der Biokraftstoffe in der Bevölkerung erheblich zu wünschen übrig lässt. Die Biomasse aber zu verteufeln, wäre geradezu fatal; denn sie bietet eine große Chance für die ländliche Entwicklung, ob bei uns oder in den Entwicklungs- und Schwellenländern.
Die Verwendung natürlicher Reststoffe wie zum Beispiel Pflanzen- und Holzreste und durchaus auch eine Verwertung von Gülle in einem begrenzten Rahmen ist sinnvoll; aber wir sollten eben auch darauf achten, dass Erzeugung und Vermarktung vor Ort erfolgen können. Unsere Bauern profitieren davon. Das ermöglicht ihnen ein oft dringend benötigtes Zusatzeinkommen. Das gilt im Übrigen nicht nur für unsere Landwirtschaft; Kollege Raabe hat das eben deutlich gesagt.
Wir brauchen die Biomasse als Teil einer Strategie mit erneuerbaren Energien, um unabhängig von Atomkraftwerken und weitgehend auch von fossiler Energie zu werden. Ebenso brauchen wir sie im Rahmen der Bemühungen zum Schutz des Klimas und der Umwelt. Hier besteht Handlungsbedarf. Was passiert aber? Nichts, einfach nichts. Ganz ehrlich, Herr Heiderich, diese Bundesregierung hat keine schlüssigen Konzepte zur Umsetzung der gesetzten Ziele, und sie hat ebenso wenig eine Strategie, um die negativen Auswirkungen durch die Erzeugung von Biomasse einzuschränken und die positiven Aspekte zu unterstützen.
(Beifall bei der SPD - Zuruf von der CDU/CSU)
Das fehlt, und das ist in der Tat zu kritisieren. Aber das, was wir im vorliegenden Antrag vorfinden, ist in meinen Augen eine einseitige Negativkampagne. Ich hätte mir gewünscht, in Ihrem Antrag eine sachliche Auseinandersetzung mit den Fakten vorzufinden. Ganz ehrlich, Herr Kollege: Der Akzeptanz erneuerbarer Energien leisten Sie mit diesem Antrag einen Bärendienst.
(Beifall bei der SPD - Niema Movassat (DIE LINKE): Es geht um das Problem Hunger!)