Link zum Video für Apple-Anwendungen
Manfred Zöllmer (SPD):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Regierung will nicht mehr für Banken einspringen“, so titelte Spiegel Online am 31. März dieses Jahres. Wenn ich mir die vorliegende Verordnung genauer anschaue, dann glaube ich: Dieser Satz wird bald genauso der Vergangenheit angehören wie das Versprechen der Kanzlerin, die Banken zur Finanzierung der Krise heranzuziehen. Dieses Versprechen hat sich inzwischen in heiße Luft aufgelöst, wie so vieles, was von dieser Bundesregierung versprochen wurde. Herr Aumer hat eben noch einmal bekräftigt, dass die Koalitionsfraktionen ihre Verantwortung für die Banken wahrnehmen wollen.
(Björn Sänger (FDP): Und für die Menschen! - Peter Aumer (CDU/CSU): Genauer aufpassen!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Basis der Verordnung, über die wir jetzt diskutieren, ist das Restrukturierungsgesetz, das bereits von der Mehrheit des Bundestages verabschiedet worden ist. Mit diesem Gesetz sollte die "Too big to fail"-Problematik angegangen werden und die Banken an den Kosten der Krise beteiligt werden. Der erste Teil des Gesetzes beruht auf den Arbeiten von Frau Zypries, der damaligen Justizministerin, und dem damaligen Finanzminister Steinbrück.
(Beifall bei der SPD)
Das ist, glaube ich, wirklich noch einen Beifall wert.
Das Bundeskabinett hat am 2. März 2011, basierend auf einer entsprechenden Ermächtigung im Restrukturierungsfondsgesetz, die Restrukturierungsfonds-Verordnung beschlossen. Auf dieser Grundlage soll zukünftig die Bankenabgabe erhoben werden. Ziel der Bundesregierung war so wurde es formuliert , die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler davor zu schützen, bei zukünftigen Krisen zahlen zu müssen.
Wird nun alles gut?
(Björn Sänger (FDP): Ja!)
Können wir Entwarnung geben?
(Björn Sänger (FDP): Ja!)
Das glauben Sie doch selber nicht.
(Björn Sänger (FDP): Doch!)
Wir haben doch eben gehört: Die Banken sollen geschützt werden, nicht die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.
(Beifall bei der SPD - Peter Aumer (CDU/CSU): Sie sollten wirklich schlauer sein! Das ist ja billig!)
Die vorliegende Verordnung führt auf absehbare Zeit nicht dazu, den Steuerzahler zu entlasten. Die vorgesehene Bankenabgabe ist viel zu gering, um dieses politische Ziel zu erreichen. Die Bundesregierung geht bei der Bankenabgabe von circa 1 Milliarde Euro an Einnahmen pro Jahr aus. Das bedeutet, dass man 70 bis 100 Jahre warten muss, bis eine entsprechende Summe zur Verfügung steht, um eine mögliche neue Finanzkrise zu finanzieren.
(Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): Wir wollen auch nichts überstürzen!)
Ja, das scheint das Motto der Bundesregierung zu sein. Für diesen langen Zeitraum bleiben nach wie vor der Steuerzahler und die Steuerzahlerin in der Verantwortung.
Die Restrukturierungsfonds-Verordnung präzisiert die Vorgaben des Gesetzes für die Erhebung der Bankenabgabe hinsichtlich der Abgabesätze und der Zumutbarkeitsgrenze. Die Abgabesätze werden gestaffelt. Je größer das Geschäftsvolumen einer Bank ist, desto höher ist der Jahresbeitrag, in entsprechenden Stufen. Außerdem werden bestimmte Termingeschäfte berücksichtigt.
Es gibt eine Zumutbarkeitsgrenze. Der Jahresbeitrag wird bei 15 Prozent des Jahresüberschusses gekappt. Auf jeden Fall soll aber ein Mindestbeitrag in Höhe von 5 Prozent des regulären Jahresbeitrags erhoben werden. Banken, die in einem Jahr aufgrund der Zumutbarkeitsgrenze keinen vollen Jahresbeitrag oder nur den Mindestbeitrag gezahlt haben, müssen die gekappten Beiträge nachzahlen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, unser Hauptkritikpunkt bleibt: Das zu erwartende Aufkommen der Bankenabgabe ist zu gering, um den Finanzbedarf bei der Restrukturierung systemrelevanter Banken decken zu können.
(Beifall bei der SPD)
Das politische Ziel wird verfehlt.
Sie haben darüber hinaus das Ziel einer verursachergerechten Belastung von Banken nicht erreicht.
(Zuruf des Abg. Frank Schäffler (FDP))
Die haben diese Bankenabgabe nicht konzipiert. Schauen Sie doch einfach einmal in die Geschichte. - Diese Bankenabgabe schont große Banken mit ihren risikoreichen Geschäftsmodellen, weil die Bemessungsgrundlage zu einem ganz überwiegenden Teil nur an die Passivseite der Bilanz anknüpft und damit lediglich die Verbindlichkeiten der Bank berücksichtigt.
Eine risikoorientierte Bankenabgabe, die eine stabile und langfristig orientierte Geschäftspolitik begünstigen würde, müsste auch den Risikogehalt der Forderungen einer Bank angemessen berücksichtigen. Um dies zu erreichen, müssten die risikobehafteten außerbilanziellen Geschäfte einer Bank stärker als bisher vorgesehen belastet werden.
(Beifall bei der SPD)
Große Banken werden außerdem durch die in der Verordnung enthaltene Zumutbarkeitsgrenze bevorteilt, da die Höhe der Bankenabgabe auf maximal 15 Prozent des Jahresüberschusses gedeckelt ist. Nach Expertenschätzungen hätte die Deutsche Bank ohne diese Zumutbarkeitsgrenze etwa im Jahre 2009 eine um einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag höhere Bankenabgabe entrichten müssen.
(Frank Schäffler (FDP): Was wollen Sie denn machen?)
Die nunmehr in der Verordnung vorgesehene Nachzahlung der aufgrund der Zumutbarkeitsgrenze nicht erhobenen Bankenabgabe reicht bei weitem nicht aus, um eine angemessene Belastungsverteilung zu gewährleisten.
(Frank Schäffler (FDP): Was wäre denn Ihr Vorschlag?)
Wir sind nicht in der Regierung. Wir sprechen über Ihren Vorschlag.
(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Ah! – Max Straubinger (CDU/CSU): Dann ist es auch besser, dass Sie nicht in die Regierung kommen!)
Ja, nun mal ganz ruhig bleiben. Wir haben unseren Vorschlag in der letzten Sitzung des Finanzausschusses gemacht, und ich werde gleich noch darauf eingehen. Sie waren bei der Sitzung nicht dabei, deswegen können Sie das auch nicht wissen.
(Max Straubinger (CDU/CSU): Ich bin ja auch nicht Mitglied des Finanzausschusses!)
Die Deckelung von 15 Prozent schwächt die eigentlich vorgesehene Ausrichtung der Beitragserhebung am systemischen Risiko einer Bank in deutlichem Maße und begrenzt damit sehr stark das Aufkommen der Bankenabgabe. Die Zumutbarkeitsgrenze bevorzugt Institute mit hochvolatilen Geschäftsmodellen und damit verbundenen starken Ergebnisschwankungen. Damit werden international tätige Großbanken mit hohen Renditezielen deutlich bevorzugt. Sie werden nicht in der erforderlichen Weise zur Beitragserhebung herangezogen.
Wir Sozialdemokraten wollen Risiken begrenzen und die Beiträge an der Risikogeneigtheit der Banken orientieren, wie es auch der IWF gefordert hat.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wir haben deshalb im Finanzausschuss den Antrag gestellt, die Zumutbarkeitsgrenze von 15 auf 25 Prozent des Jahresergebnisses zu erhöhen.
(Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Das war selbst den Grünen zu viel!)
Diesen Antrag haben Sie ebenso abgelehnt wie die Änderungsanträge der Grünen zur Veränderung des Berechnungsverfahrens und zur Beteiligung des Parlaments sowie zu einigen anderen Punkten. Dieses Verhalten von Schwarz-Gelb ist aus unserer Sicht unklug. Wir sind nicht die Einzigen, die Kritik an dem Inhalt der Verordnung haben. Es gibt eine Reihe von Bundesländern, die mit den Regelungen, die Sie vorgeschlagen haben, nicht zufrieden sind, und das sind nicht nur rot-grün regierte Länder.
Den Ländern wurde von Ihnen eigentlich ein Mitspracherecht eingeräumt. Sie haben es aber versäumt, im Vorfeld eine Abstimmung mit den Ländern vorzunehmen. Ich habe irgendwie das Gefühl, Sie glauben immer noch, Sie würden allein regieren und hätten die Mehrheit im Bundesrat. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass dies nicht der Fall ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist Ihnen mit dieser Verordnung leider nicht gelungen, ein in sich konsistentes und belastbares System einer Bankenabgabe vorzulegen. Wir bedauern das.
(Beifall bei der SPD)