In wesentlichen Handlungsfeldern der maritimen Wirtschaft sind von ihr keine Antworten geliefert worden. Auf wichtigen Feldern, ob Offshorewindenergie, Maritimes Bündnis oder Hinterlandanbindung, ist weiterhin kein Land in Sicht.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
(Dirk Fischer (Hamburg) (CDU/CSU): In Hamburg sagt man: Uwe, hör auf zu tüdeln!)
- Herr Fischer, haben Sie sich einmal Gedanken gemacht, weshalb hier kein Minister sitzt? Ist das für die Minister Rösler und Ramsauer kein Thema? Aber gut.
Die maritime Wirtschaft schaut auch ohne die Minister heute nach Berlin.
(Burkhardt Müller-Sönksen (FDP): Ist Herr Gabriel da?)
In der Vorbereitung der Konferenz in Kiel werden von der Politik überzeugende Antworten erwartet,
(Otto Fricke (FDP): Wo ist denn Herr Steinmeier?)
Link zum Video für Apple-Anwendungen
die helfen können, die maritime Wirtschaft in schwierigen Zeiten zu unterstützen. Das gilt für die derzeitige Bundesregierung leider nicht. Sie hat in den Augen der maritimen Wirtschaft schon auf der Konferenz in Wilhelmshaven kläglich versagt. Showeffekte sind kein Ersatz für eine stimmige und hilfreiche Politik.
(Beifall bei der SPD)
Auch nach der letzten Maritimen Konferenz hat es die Regierung nicht vermocht, das Steuer herumzureißen. In wesentlichen Handlungsfeldern der maritimen Wirtschaft sind von ihr keine Antworten geliefert worden. Die Folgen: Auf wichtigen Feldern, ob Offshorewindenergie, Maritimes Bündnis oder Hinterlandanbindung, ist weiterhin kein Land in Sicht. Die Aussichten verheißen wenig Besserung, zumindest was die Politik von Union und FDP betrifft. Die Achte Nationale Maritime Konferenz in Kiel fällt mit dem Ende dieser Wahlperiode zusammen. Oder sollte man besser sagen: Mit dem Ende der schwarz-gelben Regierungszeit?
(Torsten Staffeldt (FDP): Die Wahl ist doch erst im September!)
Daher ist dies auch der Zeitpunkt für eine Bilanz von vier Jahren Schwarz-Gelb. Das Ergebnis fällt nicht positiv aus; denn eine Schlüsselbranche unserer Volkswirtschaft ist unter der jetzigen Bundesregierung auf sich gestellt.
(Torsten Staffeldt (FDP): Ach Quatsch!)
Die derzeitige Bundesregierung versteht sich, wie im Bericht mehrfach nachzulesen, als moderierend. Handeln ist nicht so ihr Ding. Sie setzt auf wichtigen Handlungsfeldern der maritimen Wirtschaft auf den Rückzug des Staates, das Laisser-faire der Märkte – eine Haltung, die dem maritimen Standort insgesamt schadet. Wir brauchen einen Kurswechsel in der maritimen Politik. Notwendig ist eine konsequente Innovationspolitik, um die maritime Wirtschaft in der Krise aktiv zu unterstützen.
(Ingbert Liebing (CDU/CSU): Machen wir schon!)
Entscheidend wird sein, den Modernisierungsprozess der Branche aktiv zu steuern. Eine strategische Industriepolitik für den gesamten maritimen Bereich muss vier zentrale Bausteine enthalten: erstens die Finanzierung von maritimen Projekten, zweitens die Förderung zukunftsfähiger Arbeit, drittens eine umfassende Innovationsstrategie und förderung und viertens die Stärkung der Infrastruktur. Kurz gesagt: Ein Zukunftspaket für die maritime Branche ist notwendig. Darauf setzen wir Sozialdemokraten.
(Beifall bei der SPD – Ingbert Liebing (CDU/CSU): Das habt ihr doch noch nie hingekriegt!)
Die Zukunftsfähigkeit der maritimen Branche hängt wesentlich vom technologischen Fortschritt und von marktfähigen Innovationen ab. Dies erfordert jedoch hohe Investitionssummen. Angesichts der weltweit angespannten Lage auf den internationalen Kapitalmärkten und der wachsenden globalen Standortkonkurrenz ist die solide Finanzierung absolut notwendig und eine wesentliche Herausforderung der maritimen Erfolge und der maritimen Projekte.
Darum fordern wir die Bundesregierung auf, sich gegenüber der BaFin für die Übernahme des sogenannten Long Term Asset Value als alternatives Ertragswertverfahren für die Schiffsfinanzierung einzusetzen – bis zum heutigen Tage ist da auf Ihrer Ebene nichts passiert -, gemeinsam mit den schiffsfinanzierenden Banken Modelle zu entwickeln, um die deutschen Reeder beim Abbau von Schiffskapazitäten zu unterstützen, und zwar durch Aufliegerprogramme oder durch Herausnahme von Schiffen, die nicht energieeffizient sind oder älter als 15 Jahre, die bestehenden Finanzierungsinstrumente zu überprüfen und im Rahmen von Förderzielen neue Perspektiven für die Schiffbaubranche zu eröffnen.
Ich will das abkürzen. Wir haben im Bereich der Offshoreförderung ein KfW-Sonderprogramm. Bis zum heutigen Tage haben Sie, sehr geehrte Damen von der christdemokratischen Union und der FDP, es abgelehnt, dies für den Bereich der Hafen- und Schiffskapazitäten zu öffnen. Das ist ein Umstand, der – ich sage es einmal – für die deutsche Küste schädlich ist.
(Beifall bei der SPD)
Der maritime Arbeitsmarkt ist in den vergangenen Jahren stark in Bewegung geraten. Vor diesem Hintergrund sind Fragen der Verfügbarkeit und Qualifizierung von Fachkräften sowie der Stellenwert und die Perspektive der traditionellen Industriearbeit zu diskutieren. Auch hier wurden Aufgaben nicht erfüllt. Deshalb fordern wir Sozialdemokraten die Entwicklung von Maßnahmen zur Sicherung des Nachwuchses in der Schiffbauindustrie, die Erhöhung der Ausbildungsquote in der deutschen Werftindustrie, die Verknüpfung der Förderung für den Bereich Schiffbau, Seeschifffahrt und Offshorewindenergie mit quantitativen und qualitativen Zielen hinsichtlich Ausbildung, Übernahme und Ausgestaltung der Tarifverträge.
Wir fordern ein Sicherheitskonzept Deutsche Küste im Bereich des Rettungswesens auf Offshorewindenergieanlagen und eine koordinierte Strategie einer maritimen Sicherheitspartnerschaft aller Beteiligten ein. Nicht nur diejenigen, die vor der Küste technisch tätig sind, sondern wir alle müssen uns darum kümmern. Ich will mich auch hier kurz fassen. Die Langfassung können Sie in unserem Antrag nachlesen. Wir fordern Sie des Weiteren auf, auf europäischer Ebene beim Verzicht auf Ausschreibungspflicht für Lotsdienste tätig zu werden. Hier ist zu vermerken, dass Sie bislang alle Aktivitäten unterlassen haben.
Wir brauchen dringend Anstrengungen bei der beschleunigten Modernisierung der Schiffsflotte zur verstärkten Emissionsminderung und Energieeffizienz. Wir brauchen eine systematische Untersuchung der Vor- und Nachteile von Flüssiggas und Flüssigerdgas. Auch hier haben Sie in Ihrer Strategie einen absoluten Nullpunkt erreicht. Wir brauchen die Entwicklung einer Exzellenzstrategie, die es der deutschen Werftindustrie ermöglicht, im Hightech-Segment tätig zu werden. Wir brauchen zudem eine deutliche Aufstockung im Haushaltstitel „Maritime Technologie der nächsten Generation“ zugunsten der Werftindustrie in Deutschland.
Wesentlicher Bestandteil einer Innovationsstrategie für die maritime Wirtschaft muss auch eine gezielte staatliche Infrastrukturpolitik sein; denn die logistische Anbindung der deutschen Seehafenstandorte wird in den kommenden Jahren zu einem kritischen Wettbewerbsfaktor werden. Nur eine Politik der zwei Säulen industrielle Entwicklung und Ausbau der Infrastruktur wird dazu beitragen, die Wachstumsbasis der maritimen Branche in Deutschland nachhaltig zu sichern und zu stärken. Hierzu einige Stichworte: zuverlässige Abwicklung der Hinterlandverkehre insbesondere durch den Ausbau der Schienen- und Wasserwege sowie den zügigen Ausbau der seewärtigen Zufahrten unserer Seehäfen inklusive Nord-Ostsee-Kanal; Kürzung der Verfahrensdauer beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig durch eine deutlich bessere Personalausstattung. Sie müssen das Prinzip der verkehrsträgerbezogenen Finanzierungskreisläufe aufgeben. Wir brauchen eine integrierte Finanzierung unserer Verkehrsinfrastruktur.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN)
Wir brauchen endlich eine klarsichtige Politik bei der Neuordnung der Bundeswasserstraßen. Was Sie dort aktuell machen, ist schädlich für Deutschland. Sie bringen den ganzen Bereich in Unordnung. Wir wollen das beenden. Ich hoffe, dass es nach Abwahl dieser Regierung zu einem Neustart kommt.
Sie sehen, meine Damen und Herren: Nichts ist gut auf diesem Feld in der Bundesrepublik Deutschland. Die Bundesregierung versucht mit ihrer selbstgefälligen Art, die Fehlleistungen der vergangenen dreieinhalb Jahre zu übertünchen. Aber die maritime Industrie lässt sich nicht mehr hinter die Fichte führen. Sie wartet auf einen Neustart. Diesen wird es allerdings mit dieser Bundesregierung nicht geben. Wir brauchen einen Kurswechsel in der maritimen Politik, vielleicht kommt er erst nach der Bundestagswahl.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD)