Die Militärseelsorge wirkt nicht nur in Zeiten größter Not. Sie leistet mit ihren großen Angeboten zwischen Freizeitaktivitäten, ethischer Orientierung, theologischem Diskurs und Unterstützung im Einsatz ebenfalls einen wichtigen Beitrag für einen attraktiven Arbeitgeber Bundeswehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Wehrbeauftragter! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Medien haben nach der Übergabe des 55. Jahresberichtes des Wehrbeauftragten an den Bundestagspräsidenten vor allem die Nachricht verbreitet, noch nie seien so viele Eingaben beim Wehr-beauftragten eingegangen wie im Berichtszeitraum 2013. Ich freue mich nicht über die aufgezeigten Probleme. Ich danke aber allen Soldatinnen und Soldaten, die die Mühe und den Mut auf sich genommen haben und auf Schwierigkeiten aufmerksam gemacht haben. Ihr Recht auf Anrufung des Wehrbeauftragten ist ein hohes Gut, auf das sich die Soldatinnen und Soldaten verlassen können. Gleich zu Beginn möchte ich deshalb betonen, dass dafür Sorge getragen werden muss, dass Petenten keine Angst vor einer Benachteiligung durch die Anrufung des Wehrbeauftragten haben.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Henning Otte [CDU/CSU])

Sehr geehrter Herr Königshaus, Ihnen und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danke ich dafür, dass Sie sich um jeden einzelnen Menschen hinter der Zahl von insgesamt 5 095 Eingaben gekümmert haben, und auch dafür, dass Sie sich bei Ihren zahlreichen Besuchen ein eigenes Bild von der Lage der Truppe machen.

(Beifall bei der SPD)        

Danke, dass Sie den Soldatinnen und Soldaten dienen, deren Anwalt sind und dass Sie uns die parlamentarische Kontrolle der Streitkräfte möglich machen.

Dass Sie und Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Eingaben nicht zügig bearbeiten konnten, weil zuständige Dienstposten nicht besetzt waren, ist nicht zu akzeptieren. Hier sind wir Parlamentarier gefragt. Auf die versprochene Abhilfe müssen Sie sich verlassen können.

In Ihrem Vorwort, Herr Königshaus, danken Sie den 20 000 Soldatinnen und Soldaten und Reservisten für deren Leistung bei der Bekämpfung des Hochwassers. Dem schließen wir uns an. Diese Leistung für die Bürgerinnen und Bürger, gemeinsam mit den zivilen Kräften, darf nicht vergessen werden. Sie hat ganz konkret die Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit der Bundeswehr gezeigt.

Sehr geehrter Herr Wehrbeauftragter, Sie können sich darauf verlassen: Wir werden Ihren Bericht und die Stellungnahmen des Verteidigungsministeriums dazu sehr aufmerksam lesen, prüfen und gemeinsam mit Ihnen, den Verbänden und allen Beteiligten nach Verbesserungen und Lösungen suchen.

Es ist beeindruckend, dass sich viele Betroffene auf die neue Situation eingestellt und eingelassen haben. Die von Ihnen beschriebenen Umbrüche durch die Neuausrichtung der Bundeswehr und deren zukünftiger Struktur werden in diesem Jahr evaluiert werden. Klar ist: Wir haben noch viel zu tun auf dem Weg zur neuen Bundeswehr.

Wir sind wegen der Aussetzung der Wehrpflicht darauf angewiesen, dass junge Menschen zur Bundeswehr finden. Junge Menschen sind kritisch bei der Wahl des Berufes, und der soldatische Dienst verlangt Mühe und Einsatz. In unserem Koalitionsvertrag haben wir versprochen, die Attraktivitätsoffensive für die Streitkräfte voranzutreiben. Hier helfen keine kosmetischen Maßnahmen, hier nutzt, um eines der Fallbeispiele aus dem Bericht des Wehrbeauftragten aufzugreifen, kein neuer Anstrich auf einer verschimmelten Wand. Ohne eine gute Ausstattung insgesamt kann die Bundeswehr nicht attraktiv sein. Hier wollen und werden wir anpacken. Eine gute Bundeswehr braucht eine gute Infrastruktur. Das kostet Geld – freilich –, und das Geld muss sinnvoll verteilt werden.

Kostenlos ist allerdings ein ordentlicher Umgangston. Wenn es hier zu Fehlverhalten von Vorgesetzten kommt, ist das nicht akzeptabel,

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

schon gar nicht in einer Bundeswehr, die auf Freiwillige angewiesen ist. Es ist schlimm, wenn wegen schlechten Führungsverhaltens junge Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr den Rücken kehren. Ein attraktiver Arbeitgeber schätzt und unterstützt die Männer und Frauen, die für ihn arbeiten.

Die „neue Bundeswehr“ braucht natürlich Frauen.

Die gewinnen wir nicht, wenn Diskriminierung, Sexismus, Mobbing und sexuelle Belästigung nicht mit allem Nachdruck bekämpft werden. Von einem modernen Ar-beitgeber Bundeswehr dürfen Frauen zu Recht einen anderen Umgang erwarten. Es ist eigentlich kaum zu glauben, dass Soldatinnen mit Nachnamen angesprochen werden, während Soldaten mit Dienstgrad und Nachna-men angesprochen werden. Das ist keine Nachlässigkeit, sondern eine unerträgliche Form der Abwertung. Bei einem guten Arbeitgeber hat das nichts zu suchen.

(Beifall bei der SPD)

Es ist bedauerlich, dass wir überhaupt darüber reden müssen; aber hier muss die Bundeswehr besser werden, wenn sie gut bleiben will.

Auslandseinsätze wird es auch zukünftig geben. Die besondere Belastung für Soldaten und Angehörige ist uns bewusst. Es muss alles dafür getan werden, dass mit genügend Personal zu häufige Einsätze verhindert werden und ausreichend lange Erholungsphasen zur Verfügung stehen. Wir schulden unseren Soldatinnen und Sol-daten neben bestmöglicher Ausrüstung auch eine optimale Planbarkeit ihrer Einsätze.

Der Sanitätsdienst – er nimmt einen großen Teil des Berichtes ein – ist, finde ich, selbst ein Patient. Dem ho-hen Anspruch kann die Bundeswehr nur gerecht werden, wenn die notwendigen Dienstposten besetzt sind. Ärztliches und nichtärztliches Sanitätspersonal leisten einen wichtigen Dienst. Dieser muss sich zunächst an der Versorgung der Soldatinnen und Soldaten orientieren. Wer krank ist, wer verwundet ist, muss sich darauf konzen-trieren können, gesund zu werden. Dafür muss alles getan werden; auch das sind wir unseren Soldatinnen und Soldaten schuldig.

Es ist ein Fortschritt, dass über Posttraumatische Belastungsstörungen mittlerweile offen gesprochen wird. Der Wehrbeauftragte berichtet von insgesamt 1 500 – davon 200 neuen – Fällen. Da ehemalige Zeitsoldaten nicht erfasst werden, weil sie sich in zivilen Einrichtungen behandeln lassen, haben wir kein genaues Bild vom Leid der Einsatzrückkehrenden und deren Angehörigen. Über die Ansprüche ausgeschiedener Soldatinnen und Soldaten und die Einsatz- und Beschädigtenversorgung müssen wir intensiv beraten. Wer dem Land dient, muss erwarten können, dass er aufgefangen wird, wenn er krank an Körper und Seele wird.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Königshaus, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie in Ihrem Bericht die Arbeit der Militärseelsorge so anerkennend erwähnen. Militärseelsorge wirkt nicht nur in Zeiten größter Not. Sie leistet mit ihren großen Angeboten zwischen Freizeitaktivitäten, ethischer Orientierung, theologischem Diskurs und Unterstützung im Einsatz ebenfalls einen wichtigen Beitrag für einen attraktiven Arbeitgeber Bundeswehr.

(Michael Brand [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Es ist wichtig, dass sich die Soldatinnen und Soldaten Militärgeistlichen anvertrauen können. Ich bin froh darüber, dass der Wehrbeauftragte keine Beschwerden im Hinblick auf die Einhaltung religiöser Gebote und Feiertage zu verzeichnen hat. Die Sicherung der freien Religionsausübung ist grundgesetzlich gesichert.

Wer die Besonderheiten eines Einsatzes nicht kennt und nicht selbst erlebt hat, kann nur schwer den soldatischen Dienst verstehen. Verständnis ist aber die erste Voraussetzung für den Dienst am Nächsten. Darum ist die Militärseelsorge unverzichtbar. Das gilt nicht nur für den Einsatz, sondern auch für die Einsatznachsorge und dann, wenn die Angehörigen die Einsatzfolgen nicht richtig einordnen können. Neben der ärztlichen Versorgung ist die Sorge um die Seele ein ganz wesentlicher Teil, der zur Genesung beiträgt.

Ich bin dafür, dass es neben dem christlichen Angebot auch Anlaufstellen für Angehörige anderer Religionen gibt. Der Wunsch danach ist nachvollziehbar, und die-sem Wunsch sollte Rechnung getragen werden. Es sollte niemand, der geistlichen Beistand wünscht, alleingelassen werden – auch nicht bei der Bundeswehr.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich werbe dafür, Standorte zu besuchen, mit Soldatinnen und Soldaten zu sprechen und auch das Gespräch mit der Militärseelsorge zu suchen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Not beten lehrt. Das Wichtigste im Leben sind deshalb lebendige und herzliche Begegnungen mit Menschen, damit die Seele nicht verkümmert und die kranke Seele genesen kann. Das gilt nicht nur für die Angehörigen der Bundeswehr, das gilt für uns alle.

(Michael Brand [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und Gottes Segen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)