Sie sind diejenigen, die momentan dafür sorgen, dass in Deutschland Infrastruktur – zumindest beim Wasserbau – sträflich vernachlässigt wird.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man sich mit dem Thema Nord-Ostsee-Kanal beschäftigt, kommt einem vieles in den Kopf. Man erinnert sich vor allen Dingen daran, dass in der Öffentlichkeit vor mindestens zwei, wenn nicht sogar drei Jahren seitens der Christdemokraten, aber auch anderer Parteien und der Regierung gute Nachrichten ausgesendet wurden. Der Tenor war: 2012 können wir anfangen. Ich habe ein paar Beispiele herausgesucht: „CDU-Landesgruppe Schleswig-Holstein besichtigt Brunsbütteler Schleuse “; das war im November 2011. Ebenfalls November 2011: „Ferlemann: Schleuse kommt 2012“. Damals versprach Staatssekretär Ferlemann immer wieder: Fünfte Schleuse – im nächsten Jahr geht es los. All das steht in Zeitungsartikeln aus dieser Legislaturperiode.
Nun kann man sagen, die Vorgängerregierung habe hier nur Fingerschnipp gemacht. Es habe gar keine Vorbereitungen gegeben. Wer das behauptet, irrt sich allerdings.
(Torsten Staffeldt (FDP): Man sollte nicht alles glauben!)
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Herr Staffeldt, es hat eine entsprechende Voruntersuchung gegeben, es hat eine Ausführungsplanung und die Vorbereitung der Planfeststellung mit Planfeststellung gegeben.
(Bettina Hagedorn (SPD): Genau!
Unter der Ägide von Wolfang Tiefensee.
(Zuruf von der CDU/CSU: Donnerwetter!)
wurden die entsprechenden vorbereitenden Maßnahmen mit der Wasserschifffahrtsverwaltung durchgeführt. Damit wurden alle Voraussetzungen geschaffen, damit der Bau dieser fünften Schleuse beginnen kann. Es ist sogar das Geld zur Verfügung gestellt worden.
(Beifall bei der SPD)
Die Fragestellung, die sich daran anschließt, ist: Was ist in der Zwischenzeit mit dem Planfeststellungsbeschluss und mit dem Geld passiert? Es ist passiert, dass es Peter Ramsauer abhandengekommen ist.
(Bettina Hagedorn (SPD): Ja, genau!)
Was passierte danach?
(Zuruf von der SPD: Nichts!)
Es gab wohl eine andere Prioritätensetzung, meine Herren Staatssekretäre, Herr Minister. Das wäre vielleicht nachvollziehbar. Die Fragestellung ist also: Welche Prioritätensetzung haben Sie mit dem Geld für den NOK vorgenommen?
(Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär: Es war ja gar keines da!)
- Ach, es war gar keines da? Die Bundesregierung unter Angela Merkel stellt Haushaltsmittel aus dem Konjunkturprogramm zur Verfügung, und Sie sagen: Es war gar keines da. Wie kann das denn angehen? Das glauben Sie doch wohl selber nicht. Ihre Bundeskanzlerin ist doch wohl noch in der Lage, Ihnen Geld zur Verfügung zu stellen, vor allen Dingen, wenn Sie eine planfestgestellte Schleuse haben.
Es ist vielmehr so: Sie sind nicht in der Lage, diese Schleuse zu bauen.
(Torsten Staffeldt (FDP): Unglaublich!)
Ich will Ihnen sagen, weshalb. Wir haben gerade festgestellt, dass für Ausschreibungen in einem ganz beträchtlichen Umfang Personal hätte zur Verfügung gestellt werden müssen.
(Bettina Hagedorn (SPD): Ja, richtig!)
Aber dieses Personal ist nicht zur Verfügung gestellt worden. Es war klar, dass mindestens 20, 30 Köpfe bei der WSD Nord benötigt würden, damit diese Planungen vorankommen und entsprechend technisch umgesetzt werden können. Was ist passiert? Nichts. Sie haben dieses Personal nicht zur Verfügung gestellt. Stattdessen produzieren Sie bis heute Überschriften nach dem Motto: „Wir müssen diese verstaubte Verwaltung eindampfen, damit überhaupt in irgendeiner Form etwas passiert.“ Das, was Sie da machen, ist politisch genau das Falsche.
(Beifall bei der SPD)
Sie zerstören die Wasserschifffahrtsverwaltung in Deutschland. Gleichzeitig beklagen Sie, dass Ihre Projekte nicht vorankommen. Sie sind diejenigen, die momentan dafür sorgen, dass in Deutschland Infrastruktur ‑ zumindest beim Wasserbau ‑ sträflich vernachlässigt wird.
(Bettina Hagedorn (SPD): So ist es!)
Im Hamburger Abendblatt ‑ wahrlich keine Gazette der sozialdemokratischen Partei ‑
(Torsten Staffeldt (FDP): Sie lesen zu viel Zeitung!)
vom 8. März dieses Jahres steht:
Ramsauer hat versagt
Der Kollaps des Nord-Ostsee-Kanals zeigt erneut, dass der Minister im Amt überfordert ist
Das ist schon eine große Leistung: Tatenlos sieht die Bundesregierung dabei zu, wie Deutschlands wichtigste künstliche Wasserstraße, der Nord-Ostsee-Kanal, kaputt gefahren wird… Es schaudert einen bei dem Gedanken, wie die politische Geisterfahrt im Bundesverkehrsministerium bis zur Bundestagswahl im September wohl enden wird und was das Deutschland am Ende kostet.
Ich will Ihnen ein weiteres Zitat aus diesem Artikel nicht vorenthalten:
Doch der Minister aus Bayern, ein Freund des forschen Wortes, lässt das Gespür für die Belange der Schifffahrt und Hafenwirtschaft in Norddeutschland sträflich vermissen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, was wir hier erleben, muss uns leider betrübt machen. Denn wir erfahren über Diskussionsbeiträge, politische Äußerungen und Antworten auf Fragen, die wir, die Sozialdemokraten, und auch die Grünen der Bundesregierung gestellt haben, dass es bei Ihnen die ganze Zeit ein Hin und Her bei der Haltung gibt: Wie gehen wir eigentlich bei der fünften Schleusenkammer vor?
(Bettina Hagedorn (SPD): Ja!)
Der Bau der fünften Schleusenkammer ist nach all dem, was wir wissen und Sie bis zum heutigen Tage bestätigen, notwendig, damit danach die Sanierung der anderen, alten Schleusen stattfinden kann. Dass erst gebaut und dann saniert werden sollte, wurde übrigens von Ihnen selbst – das ist das Merkwürdige – bereits 2011, in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der SPD-Bundestagsfraktion, infrage gestellt. In einer Antwort heißt es:
In diesem Zusammenhang werden jetzt die vorhandenen Vorplanungen der Grundinstandsetzung der Brunsbütteler Schleusen aktualisiert und mögliche Varianten sowohl mit als auch ohne vorlaufenden Bau einer fünften Schleusenkammer geprüft.
Vizepräsidentin Petra Pau:
Kollege Beckmeyer, Sie müssten jetzt bitte zum Schluss kommen.
Uwe Beckmeyer (SPD):
Ich komme zum Schluss. – Sie selbst haben zu Beginn der Legislaturperiode, im ersten Jahr Ihrer Regierungszeit, den gesamten Vorlauf noch einmal auf den Kopf gestellt, noch einmal überprüfen lassen, noch einmal Zeit verschwendet, um am Ende doch zu keinem Beschluss zu kommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dramatischer, als Sie es in dieser Legislaturperiode getan haben, kann man einen solchen Schleusenneubau nicht vergeigen. Herr Minister, dafür gehören Sie abgelöst.
(Franz Thönnes (SPD): Ausgeschleust!)
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD)