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Manfred Zöllmer (SPD):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Vermögensteuer zählt zu den ältesten Steuern der Welt. Schon in Babylonien und im alten Ägypten hat es Abgaben auf das Vermögen gegeben.

(Christian Freiherr von Stetten (CDU/CSU): Damals hat es auch die Todesstrafe und die Folter gegeben!)

Die Steuern dienten damals allerdings hauptsächlich der Kriegsfinanzierung. Vieles hat sich seitdem geändert, einiges ist gleichgeblieben, zum Beispiel die Forderung nach mehr Steuergerechtigkeit. Unser Steuersystem muss gerechter werden. Dazu gehört nach Auffassung der Sozialdemokraten eine Vermögensteuer.

(Beifall bei der SPD)

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen: Die Einkommens- und Vermögensverteilung in Deutschland ist ungerecht. Das obere Zehntel in Deutschland besitzt circa 61 Prozent des gesamten Vermögens. Der Anteil der vermögensbezogenen Steuern in Deutschland am Bruttoinlandsprodukt beträgt ungefähr 0,9 Prozent. Damit ist deren Anteil am gesamten Steueraufkommen im internationalen Vergleich deutlich geringer als in anderen Staaten.

Lieber Kollege Aumer, das hat nichts mit einer Neiddebatte zu tun, sondern das bedeutet, die gesellschaftliche Realität anzuerkennen. Das ist die wichtigste Voraussetzung, um eine vernünftige Politik machen zu können.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Die Struktur des Steueraufkommens in Deutschland ist zu stark am Lohneinkommen ausgerichtet. Dies hat auch wirtschaftspolitische Konsequenzen. Es bedeutet, dass die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zu gering ist. Sie zu steigern, ist auch ein Gebot der wirtschaftlichen Vernunft.
Eine Vermögensteuer ist wirtschaftspolitisch richtig, und sie ist ein Gebot sozialer Gerechtigkeit.

(Beifall bei der SPD)

Wir brauchen sie, um den Staat handlungsfähig zu halten. Eine Vermögensteuer steht den Ländern zu. Viele Bundesländer haben erhebliche Liquiditätsprobleme; einige bewegen sich fast am Rande der Insolvenz.

(Zuruf von der CDU/CSU: Des Verfassungsbruchs!)

Liebe Kollegin Höll, das hat natürlich auch etwas mit den Kommunen zu tun. Ich komme aus Wuppertal. Ich will jetzt keine Ost-West-Debatte aufmachen, aber doch anmerken: Wir zahlen pro Jahr 25 Millionen Euro in Richtung neue Bundesländer

(Zuruf von der LINKEN: Danke!)

gerne und müssen das alles mit Krediten finanzieren. Das aber nur am Rande.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die aktuelle Situation erinnert mich fatal an eine Diskussion, die wir in den 70er-Jahren unter der Überschrift „Privater Reichtum öffentliche Armut“ geführt haben. Das Gebot der sozialen Gerechtigkeit und die ökonomische Vernunft sprechen für eine Vermögensteuer in Deutschland.

Werfen wir doch einen kurzen Blick auf die Steuerpolitik von Schwarz-Gelb! Sie beschließen Steuergeschenke für Hoteliers, reiche Erben und große Unternehmen in Höhe von 5,6 Milliarden Euro. Das ist eine reine Klientelpolitik.

(Beifall bei der SPD)

Sie diskutieren weiter über mögliche Steuersenkungen, ohne die Konsequenzen für Länder und Kommunen zu bedenken. Sie versuchen, sich mit fadenscheinigen Argumenten der Einführung einer Vermögensteuer zu widersetzen.

(Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): Richtig!)

Lassen Sie mich festhalten: Eine Vermögensteuer in Deutschland ist verfassungsrechtlich selbstverständlich möglich; überhaupt kein Problem.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Die ungerechtfertigte Besserbehandlung von Immobilien gegenüber anderen Vermögensteilen muss aufgehoben werden.

(Iris Gleicke (SPD): So ist das!)

Das ist mit der Reform der Erbschaftsteuer wirklich möglich. Das ist kein Problem.

Lieber Herr Wissing, schauen Sie sich das doch einfach einmal an! Die Bewertungsprobleme sind lösbar.

Herr Kollege Flosbach, auch vor 1997 war die Bundesrepublik Deutschland keine Wüste. Es hat Vermieter gegeben, es hat Häuser gegeben, es hat Mieter gegeben, es hat den Mittelstand gegeben,

(Christian Freiherr von Stetten (CDU/CSU): Aber keine 5 Prozent auf alles!)

und es hat eine Vermögensteuer gegeben.

(Beifall der Abg. Dr. Barbara Höll (DIE LINKE))

Erzählen Sie uns hier also bitte nicht solche Märchen!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Warum können wir jetzt dem Antrag der Linken nicht zustimmen? Der Kollege hat eben schon einiges dazu gesagt. Sie verstehen die Vermögensteuer praktisch als konfiskatorische Steuer. Ein Steuersatz von 5 Prozent bedeutet wirklich eine Politik mit dem Vorschlaghammer.

(Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE): Ab 1 Million Euro!)

Eine solche Substanzbesteuerung ist nicht akzeptabel. Deswegen haben wir Sozialdemokraten ein realistisches Gesamtkonzept für mehr Steuergerechtigkeit gegenüber den Besserverdienenden in dieser Republik vorgelegt. Wir haben bereits in der letzten Legislaturperiode die Reichensteuer eingeführt, und wir fordern neben der Vermögensteuer eine Anhebung des Spitzensteuersatzes von 42 Prozent auf 49 Prozent. Dies ist ein guter Schritt insgesamt in Richtung mehr Steuergerechtigkeit. Dies ist ein Gesamtkonzept. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD)