Lieber Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich will mich gern den Worten des Kollegen Gehring anschließen und vor der herzlichen Begrüßung von Frau Wanka, dem Angebot zur Kooperation in der Sache und der Bekundung des Respekts vor der Person das in dieser Form ausdrücklich auch noch einmal an die frühere Ministerin Frau Schavan gerichtet sagen.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP
und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Dass Sie, Frau Wanka, eingestiegen sind in die Debatte zu einem Nationalen Bildungsbericht, der von Bund und Ländern zusammen verantwortet wird, ist nicht das schlechteste Zeichen. Wir haben nicht immer erlebt, dass Ministerinnen dazu gesprochen haben.
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Nach dem Wechsel von der Bundesratsseite auf die Bundesregierungsseite
ein Bund-Länder-Dokument aufzugreifen, verpflichtet natürlich und bietet auch Chancen.
Wir haben von SPD-Seite aus sehr wohl registriert, dass Sie auch in Einzelheiten unseres wertenden Antrags zum Bildungsbericht eingestiegen sind. Sie können gewiss
glauben, dass wir die Unterscheidung zwischen Sonderuntersuchung, Sonderveröffentlichung und dem, was in einem Bildungsbericht eine durchgängige Betrachtungslinie sein müsste, sehr wohl kennen. Wenn es darum geht, zusammen kreative neue Ideen zu entwickeln, auch den Bildungsbericht in aller Sorgsamkeit
verstärkt als Steuerungsinstrument zwischen Bund und Ländern zu nutzen, sind wir dabei, wie lange die Regierungszeit für Sie auch immer sein mag.
(Florian Hahn [CDU/CSU]: Sehr lang!)
Gerade durch den Wechsel von der Landesverantwortung in die Bundesverantwortung können Sie sich dort gut einbringen, wo ein kooperativer Ansatz notwendig ist. Ergreifen Sie diese Chance bitte! Sie wissen ja, wie wichtig eine faire Regelung für die Entflechtungsmittel nach dem Wegfall der Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau
für die Länder ist. Da kann diese Bundesregierung noch etwas bewirken; da können auch Sie etwas bewirken.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der
Abg. Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Sie wissen, dass wegen der Verdopplung der Zahl der Studienanfänger die Länder und der Bund zusammenkommen müssen; man darf diese Aufgabe nicht an die
Länder allein delegieren. Sie von der Bundesseite müssen mit liefern, damit die Länder mitgehen können.
Sie wissen auch, dass in Bezug auf die Lehrerbildung die Bundesländer ganz dicht beisammen sind. Man kann einen Staatsvertrag nur zwischen zwei Ländern schlecht machen. Machen Sie das bitte nicht zur Voraussetzung, sodass das sinnvolle Projekt „Exzellenz in der Lehrerbildung“ an der Stelle hakt. Auch eine Übereinkunft aller
Bundesländer im Sinne einer Vereinbarung ist genauso bindend und vielleicht sogar flexibler und noch sachgerechter.
– Aber ich merke an Ihrem Mienenspiel, dass Sie über diese Hürde noch nicht gehen wollen. Vielleicht ist am Ende Bayern einmal mehr einsichtiger als manch anderer.
Die Auseinandersetzung mit dem Bildungsbericht will ich verstärken, so wie es Kollege Gehring gemacht hat. Dieser Bildungsbericht zeigt leider einmal mehr auf, dass wir in Sachen Bildungsarmut und Bildungsgerechtigkeit noch viele Aufgaben vor uns haben.
(Beifall bei der SPD)
Aber er beschreibt auch sehr klar – die Auseinandersetzung darüber wünschen wir uns auch mit den Regierungsfraktionen – auf Seite 14 vier zentrale Aufgabenfelder. Als erstes Aufgabenfeld nennt er im Konsens mit Bund, Ländern und der Wissenschaft, die an diesem Bildungsbericht mitgearbeitet hat, die Qualifizierung der frühkindlichen Bildung über eine Qualifizierung des Personals und eine Aufwertung von Kindertagesstätten
als Bildungseinrichtungen. Um noch einmal zu vertiefen, was Kollege Gehring angesprochen hat – wir haben hier ja eine SPD-Grüne-Gesamtsinfonie –: Frau Wanka,
Sie werden in den Diskussionen, die sich um den 1. August dieses Jahres entwickeln, die bittere Erfahrung machen, dass die 2 Milliarden Euro, die als Betreuungsgeld kalkuliert wurden, besser unmittelbar für die Qualifizierung in Kindertagesstätten eingesetzt würden.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Sie haben aber noch alle Chancen – auch in der FDP auf der Ebene von Parteibeschlüssen –, dies zu korrigieren und nachhaltig ein neues Denken zu beginnen. Im Übrigen – Stichwort „betrogene Betrüger“ – muss sich die FDP fragen, ob sie sich beim Bildungssparen – das es immer noch nicht gibt; dabei war es ihre Bedingung dafür,
dass das Betreuungsgeld kommt – weiter hinhalten lassen will.
Was das zweite Aufgabenfeld angeht, will ich Ihre emphatischen und kompetenten Ausführungen zur kulturellen Bildung gar nicht kommentieren, Herr Feist. Johannes
Rau hat immer gesagt: Ein Instrument macht Kinder schlau. – Das war ein knapper, aber treffender Ausdruck für die Bedeutung von kultureller Bildung – man kann das
auch auf die kulturellen Zugangsformen beziehen –, weil das Kinder stark macht und sie in ihrer persönlichen Leistung anspricht. Wenn wir das gemeinsam angehen, dann
lassen Sie es doch einfach, der Opposition das Etikett „leistungsfeindlich, kulturfeindlich und bildungsfeindlich“ an die Backe zu kleben.
(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Dann stimmen
Sie doch zu!)
Wir sind in der Bewertung im Prinzip sehr weit, und zwar gemeinsam. Was wir dem Bericht bzw. der Analyse der Wissenschaftler entnommen haben, ist, dass – so bedauerlich es ist – eben nicht allen Kindern persönliche Stärke durch kulturelle Bildung vermittelt werden kann.
Im Bildungsbericht wird in der zweiten Empfehlung ausdrücklich gesagt, dass es dafür gute Ganztagsschulen braucht, weil darüber auch alle Kinder angesprochen werden, die jetzt sozial von anderen getrennt sind und eben nicht in der freiwilligen, außerschulischen und familienergänzenden kulturellen Bildung erreicht werden.
Deshalb ist es so wichtig, Frau Wanka, dass auch Sie in Bezug auf die Länder und die Öffnung des Grundgesetzes aktiv werden, um den Zugang zu gerechter kultureller
Bildung für alle auch durch Ganztagsschulen zu ermöglichen, statt alles geschehen zu lassen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Die dritte Empfehlung ist: Das Übergangssystem muss modernisiert werden. Hier werden wir noch Diskussionen darüber führen dürfen: Wie weit ist die Berufsorientierung rufsorientierung durch diese Regierung tatsächlich auskömmlich finanziert?
Viertens wird die Schnittstelle zwischen dualer Ausbildung und Hochschule angesprochen. Wir haben sehr wohl registriert, dass Sie das Thema auch auf Ihre Agenda gesetzt haben. Aber im Bericht wird festgestellt, dass es sehr schwierig ist, solange es an den Hochschulen noch den hohen Leistungsdruck gibt. Umso wichtiger ist es, dass Sie eine Entlastung der Hochschulen über eine gute Fortsetzung des Hochschulpaktes mit organisieren. Sonst ist die andere richtige gemeinsame Idee schwer zu realisieren.
Ich hoffe, Sie verstehen es auch durch die Sachlichkeit unserer Einlassungen so, dass es bei der empirischen Wende, die von Frau Bulmahn über Frau Schavan mit den Bildungsberichten verbunden ist, auch immer eine sachliche Debatte geben muss, und die bieten wir Ihnen an. In dem Sinne wollen wir jetzt trefflich bis zum September
streiten.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)