Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Meine Damen und Herren!
Kolleginnen und Kollegen!
Jeder Mensch muss essen. Selbst Sozialdemokraten leben nicht nur von Gerechtigkeit und Solidarität. Damit ist klar: Lebensmittelsicherheit ist wichtig und – damit eng verbunden – auch der Tierschutz; denn Milch, Eier, Fleisch sind hierzulande Hauptnahrungsmittel.
Erinnern Sie sich an den Bayern-Ei-Skandal, mit dem wir uns bis heute beschäftigen müssen? Europaweit erkrankten Hunderte Menschen schwer an Salmonellose – drei starben sogar daran –, und zwar wegen tierschutzwidriger Haltungsbedingungen in einem Legehennenbetrieb, wegen mangelnder Hygiene und Missmanagement. Weil wir nicht nur von Politik und schön Reden allein leben, sind gesunde und sichere Lebensmittel für unser Wohl essenziell.
Tierschutz ist Verbraucherschutz ist Menschenschutz. Wie viel sind uns also Lebensmittelsicherheit und Tierschutz wert, und zwar im kommenden Jahr? Da liest sich der Haushaltsentwurf erst mal wie eine gute Nachricht: knapp 30 Millionen Euro für den Tierschutz, circa 12 Millionen für Lebensmittelsicherheit, 66 neue Stellen im Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Aber, aber, aber. Wenn man sich den Gesamtetat des BMEL für 2016 anschaut, kommt die Ernüchterung. Noch nicht einmal 1 Prozent des Gesamtetats ist für Lebensmittelsicherheit und Tierschutz vorgesehen. Von einem Gesamtetat von 5,6 Milliarden Etat sind gerade mal 42 Millionen Euro für Lebensmittelsicherheit und Tierschutz. Die muss man schon fast mit der Lupe suchen. Trotzdem: Dass das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit personell aufgestockt wird, begrüßt die SPD – und ich ganz besonders.
Dadurch kann die Kontrolle von Lebensmitteln besser gewährleistet werden. Dass da viel zu wenig Personal ist in der Lebensmittelaufsicht, ist mir aus meiner langjährigen Überwachungstätigkeit als amtliche Tierärztin natürlich bestens bekannt. Und noch etwas muss dazukommen, nämlich dass die Öffentlichkeit über Missstände in der gesamten Lebensmittelkette informiert wird. Im Bayern-Ei-Skandal wurde beispielsweise die Öffentlichkeit nicht informiert. Der Grund: bestehende Rechtsunsicherheit. Und weil die Rechtslage unklar ist, traut sich keine Behörde, vor Missständen öffentlich zu warnen, weil sie Angst vor Schadensersatzansprüchen hat, und zwar nicht, weil der Missstand unklar ist, sondern weil die Rechtslage unklar ist. So, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann guter gesundheitlicher Verbraucherschutz nicht gelingen.Genau das haben wir uns aber seinerzeit im Koalitionsvertrag vorgenommen.
Ich zitiere:
Verbraucherinformationsgesetz und § 40 Lebensund Futtermittelgesetzbuch (LFGB) werden dahingehend geändert, dass die rechtssichere Veröffentlichung von festgestellten, nicht unerheblichen Verstößen unter Reduzierung sonstiger Ausschlussund Beschränkungsgründe möglich ist. An dieser Neuformulierung des § 40 LFGB versuchen wir nun seit zwei Jahren zu arbeiten.
Als Vertreterin der SPD kann ich sagen, dass es uns ein großes Anliegen ist, ein bisschen Tempo in unsere Arbeitsweise zu bringen.
Denn Verbraucherinnen und Verbraucher haben das Recht auf Information und Transparenz, und wir haben die Pflicht, rechtssichere Regelungen zu schaffen. Unsere Wählerinnen und Wähler verlangen nach mehr Transparenz und Sicherheit ihrer Lebensmittel, wie zum Beispiel eine Allensbach-Umfrage zweifelsfrei belegt.
Jetzt noch ein paar Worte zum Tierschutz. Wenn ich mir im Haushaltsentwurf die für den Tierschutz vorgesehenen Mittel näher anschaue, fällt mir schon auf, dass einige Positionen aus dem Koalitionsvertrag 2016, nun ja, bearbeitet werden sollen. Aber an die Empfehlungen des Wissenschaftlichen Beirates für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz traut man sich dann doch nicht so richtig ran, Empfehlungen, die da lauten: Tierwohlindikatoren weiterentwickeln, Tierschutzniveau steigern und Kontrolllücken schließen, Grundlagenforschung im Tierschutzbereich fördern. Wie werden diese Empfehlungen im nächsten Jahr umgesetzt? Da muss dringend etwas passieren; denn nur so wird die deutsche Landwirtschaft für die Zukunft fit.
Es reicht nicht, nur Geld in die Hand zu nehmen oder freiwillige Selbstverpflichtungen der Wirtschaft zu bejubeln. Der Tierschutzgedanke muss sich auch in Gesetzen und Verordnungen wiederfinden, und da sind wir gefragt. Nun wird es Zeit, auch mal die Bereiche Lebensmittelsicherheit und Tierschutz des Koalitionsvertrages abzuarbeiten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die zweite Halbzeit der Legislatur läuft.