Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen!

Es ist stets ein besonderes Vergnügen, nach Ihnen, liebe Frau Kollegin Hasselfeldt, sprechen zu dürfen. Aber es ist kein Vergnügen, Ihnen immer wieder dabei zuschauen zu müssen, wie Sie hier die Unschuld vom Lande mi­men, wie Sie tricksen, tarnen und täuschen.

(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Herr Schäuble wirft nur Nebelkerzen. Er erklärt den Bürgerinnen und Bürgern überhaupt nichts. Herr Kauder und die anderen Kolleginnen und Kollegen von CDU/CSU und FDP formulieren neue Dogmen darüber, was garantiert nicht passiert.

(Otto Fricke [FDP]: Da kann man wieder einmal nur Rot sehen!)

Und wir wissen doch: Es passiert immer genau das, was Sie vorher striktamente ablehnen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Das wäre alles nicht so schlimm, wenn es nicht maß­geblich der Grund dafür wäre, dass viele Bürgerinnen und Bürger in unserem Land unseren Entscheidungen mit Skepsis und mit Ablehnung begegnen.

(Zuruf von der LINKEN: Recht haben sie!)

Damit müssen wir umgehen. Es ist immer wieder wich­tig, den Bürgerinnen und Bürgern Folgendes zu erklären: Wir stimmen heute Morgen hier im Bundestag nicht über Lohn- und Rentenkürzungen ab, die Hunderttausende von Griechen in die Armut getrieben haben. Wir stim­men heute Morgen im Bundestag auch nicht darüber ab, dass Arbeitnehmerrechte und Gesundheitsleistungen in Griechenland massiv beschnitten worden sind. Wir stim­men heute Morgen auch nicht darüber ab, dass eine Poli­tik der Rezession vor allem junge Menschen in die Mas­senarbeitslosigkeit getrieben hat. Darüber entscheiden wir heute Morgen nicht.

Aber wir stimmen heute darüber ab, ob die immer wieder gestellte Forderung der Sozialdemokratie und der Grünen eine Chance erhält, nämlich dass Griechenland Luft zum Atmen bekommt, dass Griechenland mehr Zeit erhält: Zeit für die notwendigen Strukturreformen, Zeit, um das Land zu reformieren. Dass das, worauf sich die EU-Finanzminister geeinigt haben, unseren Erwartun­gen nicht vollumfänglich entspricht, ist klar. Da gibt es vieles zu kritisieren. Da ist auch manches überhaupt nicht schlüssig. Es paart sich, wie gesagt, immer mit Ih­rem kläglichen Versuch, die Dinge schöner zu machen, als sie tatsächlich sind, oder Dinge strikt abzulehnen, die dann doch irgendwann einmal kommen werden. Aber diese Entscheidung heute ist die Voraussetzung dafür, dass die Demokratie und auch der Staat Griechenland nicht weiter gefährdet wird. Diejenigen von uns, die ein­mal in Griechenland waren, wissen, wie dramatisch die Verhältnisse dort und wie hoffnungslos viele Menschen sind. Davor dürfen wir auch hier im Deutschen Bundes­tag nicht die Augen verschließen.

(Beifall bei der SPD)

Ich fände es gut, wenn wir immer wieder daran erin­nern, dass die Krise viele Gesichter und viele Schicksale hat. Da ist nicht allein der milliardenschwere Reeder, der sein Geld in die Schweiz transferiert oder hier in Berlin am Immobilienmarkt investiert. Es sind gerade die jun­gen Menschen, die von schmerzhaften Einschnitten am allerhärtesten betroffen sind. Ich höre immer wieder, Griechenland sei ein Fass ohne Boden. Dieser Satz strotzt nur so vor Verachtung vor den Einzelschicksalen. Insofern wäre es wichtig, dass wir ein deutliches Zei­chen der Hoffnung setzen, dass die Menschen spüren, am Ende eines langen Tunnels gibt es auch wieder Licht.

Wir in Deutschland haben vor vielen Jahrzehnten ein­mal einen großen Vertrauensvorschuss geschenkt be­kommen. Es wäre gut, wenn wir diesen Vertrauensvor­schuss auch den Griechinnen und Griechen gewähren.

Für die Sozialdemokratie in Deutschland und in Eu­ropa ist Europa – das haben wir immer wieder deutlich gemacht – keine Frage der Taktik, es ist eine Frage der Haltung. Deswegen werden wir trotz Ihrer Politik heute die Zustimmung zur Griechenland-Hilfe erteilen.

(Beifall bei der SPD)

 

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