Swen Schulz (Spandau) (SPD):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Endlich liegt der lang ersehnte Gesetzentwurf vor. Wir haben wirklich lange darauf warten müssen. Bereits in der Großen Koalition hat die SPD mit dem damaligen Arbeitsminister Olaf Scholz einen Vorstoß unternommen. Dieser ist von der Union abgelehnt worden.

(Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Vollkommen falsch!)

Am 1. Dezember 2009 hat die SPD-Bundestagsfraktion hier einen Antrag eingebracht. Kurz danach legte dann auch die Bundesregierung ein Papier vor: Eckpunkte zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung von im Ausland erworbenen beruflichen Qualifikationen und Berufsabschlüssen. Wir mussten aber bis heute auf die erste Lesung eines Gesetzentwurfs warten. Jetzt stellt sich die Frage: Hat sich das lange Warten gelohnt? Die Antwort lautet: Leider bleibt der Gesetzentwurf hinter den im Eckpunktepapier der Bundesregierung selbst formulierten Ansprüchen zurück. Dass es erheblichen Änderungsbedarf gibt, zeigt schon die Tatsache, dass der Bundesrat, und zwar quer durch alle Länder, unabhängig davon, wie die Landesregierungen parteipolitisch zusammengesetzt sind, viele Änderungsvorschläge – 100 an der Zahl – zu dem Gesetzentwurf eingebracht hat. Leider sind sie von der Bundesregierung in der Entgegnung, jedenfalls zum größten Teil, einfach vom Tisch gewischt worden. Dabei sind die wichtigsten Forderungen des Bundesrates direkt dem Eckpunktepapier der Bundesregierung entnommen. Ich will das an einigen Stellen aufzeigen.

Im Eckpunktepapier ist von einer Erstanlaufstelle die Rede, die geschaffen werden soll. Im Gesetzentwurf findet sich dazu nichts mehr. Herr Staatssekretär, Sie haben hier von einer Telefonhotline und von Internetangeboten gesprochen. Das reicht nicht.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Im Eckpunktepapier sind Angebote zur Ergänzungsund Anpassungsqualifizierung genannt. Im Gesetzentwurf ist davon praktisch nicht mehr die Rede. Es stellen sich folgende Fragen: Wer bietet sie an? Wer finanziert sie? Wie wird es den Leuten ermöglicht, sie tatsächlich
in Anspruch zu nehmen? Auch das ist eine Leerstelle im Gesetzentwurf.
Weiterhin sind in Ihrem Eckpunktepapier Unterstützungsangebote zur Verbesserung der Qualität und bundesweiten Vergleichbarkeit der Bewertungen aufgeführt. Völlig richtig, das ist natürlich ein wichtiger Punkt. Es darf kein Lotteriespiel sein, ob ein Abschluss anerkannt wird oder nicht. Es darf nicht vom Wohnsitz abhängen, weil regional unterschiedliche Stellen zuständig sind, ob ein Abschluss anerkannt wird. Auch das ist im Gesetzentwurf nicht genügend geregelt.
Im Eckpunktepapier wird auch von Mehrkosten gesprochen, die die erfolgreiche Durchsetzung dieses Gesetzes mit sich bringe, wenn man die Anerkennung richtig umsetzen möchte. Im Gesetzentwurf ist die ganze Zeit von Kostenneutralität die Rede. Es ist doch sogar so, dass Sie an anderer Stelle massive Einsparungen und Kürzungsmaßnahmen im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik vorsehen. Das reicht nicht aus, um dieses Anerkennungsgesetz tatsächlich zum Erfolg zu führen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will nicht missverstanden werden: Dieser Gesetzentwurf ist nicht falsch.

(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Das ist doch schon mal etwas!)

Er enthält in der Tat auch einige Verbesserungen. Aber das ist nicht genug. Es ist vollkommen klar, dass dieses Gesetz so nicht zu einem Erfolg führen kann. Es wird som keinen entscheidenden Beitrag zur Integration und zur Bekämpfung des Fachkräftemangels leisten. Deswegen muss der Gesetzentwurf nachgebessert werden.
Die SPD-Fraktion – ich habe es schon gesagt – hat bereits im Dezember 2009 Vorschläge gemacht. Auch der Bundesrat hat Vorschläge vorgelegt. Wir treten jetzt in die Beratungen ein und setzen darauf, dass die Regierungskoalition diese Beratungen ernst nimmt. Wir werden im Ausschuss eine Sachverständigenanhörung durchführen. Ich glaube, dass eine ganze Menge an Verbesserungsvorschlägen gemacht werden wird. Wir setzen darauf, dass dann das eine oder andere von Ihnen berücksichtigt wird, damit die Anerkennung in Zukunft funktioniert.
Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Agnes Alpers [DIE LINKE])