Was muss die Politik, Bund und Land, eigentlich leisten? Sie muss dafür sorgen, dass dieser bisherige Pannenflughafen endlich zu einer Erfolgsstory wird. Das ist die einzige konsequente Antwort auf die Fragen, die sich uns jetzt stellen. Der Flughafen Berlin Brandenburg „Willy Brandt“ muss eine Erfolgsstory werden.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hier sind schon einige sehr emotionale Reden gehalten worden, die sicherlich die verschiedensten Motivationen hatten. Das Thema, um das wir uns hier heute zu kümmern haben, nämlich den Luftverkehr in Deutschland zu gestalten, ist gleichwohl eine sehr wesentliche Aufgabe.

Es ist zunächst einmal wichtig, dass auch wir im Parlament das Signal aussenden, dass Deutschland Luftverkehr braucht, und zwar an verschiedenen Standorten, weil in einer Industrienation wie der unseren Menschen auf Mobilität und damit auch auf Luftverkehr angewiesen sind. Dazu müssen wir uns eindeutig bekennen.

(Zuruf von der FDP)

Weiterhin – da ist unsere Gestaltungskraft gefragt – geht es um die Frage, ob wir als Gesetzgeber gehalten sind, das bisher gültige Luftverkehrsgesetz zu überarbeiten und, wenn ja, in welcher Form. Dabei geht es auch darum, wie wir den von Lärm Betroffenen besser helfen und mehr Akzeptanz für den Flugverkehr erreichen können. Dazu gibt es Vorschläge. Hier gilt es nun, in kluger Art und Weise die verschiedenen Aspekte abzuwägen, über die wir zu reden haben, nämlich den Luftverkehr und die Gesundheitsvorsorge für Menschen.

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Ein dritter Punkt, über den wir debattieren, ist die Panne beim BER und der damit verbundene Imageschaden. Das ist sehr ernst zu nehmen, weil das nicht nur den Berliner Raum betrifft, sondern die Bundesrepublik Deutschland insgesamt. Solche Pannen sollten bei Großprojekten in Deutschland nicht so häufig vorkommen, weil wir uns das international nicht leisten können.

(Sören Bartol [SPD]: Das stimmt!)

Das, was beim Planfeststellungsverfahren und dann in Bezug auf die Flugrouten zwischen der Deutschen Flugsicherung und dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung abgelaufen ist, entsprach den gültigen Gesetzen und war, so denke ich, nachvollziehbar. Das ist nicht zu kritisieren. Die Frage ist, ob wir daraus Lehren ziehen müssen, wenn bestimmte Ergebnisse – Kollege Gysi und andere haben das ja vorhin anhand praktischer Beispiele dargestellt – uns nachdenklich stimmen, weil sie gewisse Effekte nach sich ziehen. Ich spreche hier von der Stimmung der Bevölkerung, die sagt: „Das kann ja wohl nicht wahr sein“, und deren Akzeptanz durch die Ereignisse zerstört worden ist. An diesem Punkt ist die Politik gefordert. Jetzt müssen Minister und Parlamentarier bald mit der Bevölkerung ins Gespräch kommen, um die Akzeptanz zu erhöhen.

Gestatten Sie mir auch ein Wort zu den Investitionen und zu der Pannenserie. Nach den Anhörungen, die wir im Verkehrsausschuss gehabt haben, habe ich den Eindruck, dass dieser Flughafen zum Juni dieses Jahres nicht fertig geworden wäre, auch wenn, wie es geplant war, zusätzliche 700 Studenten oder Hilfskräfte für irgendwelche Schließvorgänge eingesetzt worden wären. Der Lufthansa-Chef zum Beispiel hat darauf hingewiesen, dass die gesamte IT und das Brandschutzsystem nicht in Ordnung waren, die Lounges nicht fertiggestellt waren und die Zahl der Abfertigungsschalter unzureichend gewesen wäre. Das zeigt doch, dass zwischen dem, was hätte fertiggestellt sein sollen, und dem, was tatsächlich fertiggestellt war, eine Riesenlücke klaffte.

Das ist dem Umstand geschuldet – das darf man nicht vergessen –, dass in den letzten Jahren immer wieder Beschlüsse gefasst wurden, den Flughafen zu erweitern. Das hatte auch Auswirkungen auf die Kosten. Während der Planungs- und Bauphase ist der Flughafen faktisch um 50 Prozent erweitert worden.

(Sören Bartol [SPD]: Das muss man auch einmal sagen!)

Das hat das Controlling möglicherweise sehr kräftig beeinträchtigt und das Ganze teilweise unüberschaubar gemacht. Ich will da niemanden entschuldigen. Stichwort „Entschuldigung“: Ich finde es gut, dass sich Wowereit und Platzeck vor ihren jeweiligen Landtagen gegenüber der Öffentlichkeit entschuldigt haben.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Noch besser, sie wären im Ausschuss gewesen!)

Dieses Thema ist, denke ich, auch richtig von ihnen beurteilt worden.

Wichtig ist aus meiner Sicht, dass sich die Geschäftsführung und auch der Aufsichtsrat – darüber haben wir uns im Ausschuss unterhalten – beim Thema Transparenz bewegen: Controlling-Berichte müssen für die Parlamentarier transparent sein und in den parlamentarischen Gesprächen genutzt werden können.

(Beifall bei der SPD)

Uns hilft es nichts, dass die entsprechenden Berichte in der Geheimschutzstelle liegen und dort möglicherweise von keinem eingesehen werden können. Controlling-Berichte sind vielmehr dazu da, nachvollziehbar zu machen, was misslich und was gut gelaufen ist.

(Jens Koeppen [CDU/CSU]: Also? Ergo?)

Zum Thema „Schaden und Regress“. Ich bin einer derjenigen gewesen, die im Ausschuss danach sehr prononciert gefragt haben. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass Schaden und Regress nicht nur einen Geschäftsführer und vielleicht zwei oder drei Firmen betreffen. Dieses Thema hat einen besonderen Tiefgang. Wir haben in der Bundesrepublik Deutschland Gesetze, um dem gerecht zu werden. Es gab auch in der Vergangenheit schon richterliche Entscheidungen bezüglich dieser Fragen. Dieses Thema wird eine Eigendynamik bekommen; da bin ich mir sicher. Es wird nicht nur die Politik, sondern auch Gerichte beschäftigen – und das ist auch gut so.

Zum Thema Mehr- und Minderkosten. Natürlich wird das gesamte Thema, das wir hier behandeln, uns, die Gesellschaften und die sie tragenden Gesellschafter belasten. Natürlich bedarf der Flughafenfertigstellungsprozess weiteren Kapitals. Zurzeit werden, glaube ich, insgesamt 3,4 Milliarden Euro aufgewendet, teilweise durch Kredite, teilweise durch Einlagen der Gesellschafter, aber auch durch Eigenmittel der Gesellschaft. Nun stellt sich die Frage, ob weiteres Geld benötigt wird. Es ist davon die Rede, dass monatlich aufgrund von Mindereinnahmen bei Landegebühren usw. Kosten in Höhe von 15 Millionen Euro entstehen. Ich als Sozialdemokrat sage an dieser Stelle aber auch: Vergessen wir dabei bitte nicht die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,

(Beifall bei der SPD)

die in dieser Angelegenheit die A-Karte haben; denn sie bekommen entweder keinen oder nur verspätet einen Job. Wenn wir uns über Entschädigungen, über Mehr- und Minderkosten unterhalten, dann müssen wir uns auch bewusst machen, dass es dabei nicht nur um die Companys geht, sondern auch um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die hier ganz schön gebeutelt sind und blöd dastehen.

(Zuruf von der FDP: Ihr Genosse Wowereit!)

Zum letzten Punkt. Was muss die Politik, Bund und Land, eigentlich leisten? Sie muss dafür sorgen, dass dieser bisherige Pannenflughafen endlich zu einer Erfolgsstory wird. Das ist die einzige konsequente Antwort auf die Fragen, die sich uns jetzt stellen. Der Flughafen Berlin Brandenburg „Willy Brandt“

(Lars Lindemann [FDP]: Schönefeld heißt der!)

muss eine Erfolgsstory werden. Das ist unsere Aufgabe, an der wir jetzt alle zusammen arbeiten müssen. Der Aussage von Bundesminister Ramsauer: „Berliner Flughafen ist keine ,Pommes-Bude‘“, stimme ich ausdrücklich zu.

Herzlichen Dank.