Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

im Jahr 2008 hat der Gesetzgeber das Schornsteinfegerwesen grundlegend reformiert. Seinerzeit ging es darum, ein Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission abzuwenden. Die EU-Kommission hatte die bestehenden Regeln als unverhältnismäßige Hemmnisse für die Niederlassungs- und die Dienstleistungsfreiheit in der EU kritisiert. Als Reaktion darauf wurde das Schornsteinfegermonopol abgeschafft. Im Gegenzug erhielten die Schornsteinfeger die Erlaubnis, Nebentätigkeiten auszuüben.

Diese neue Situation verunsicherte damals viele Schornsteinfeger. Viele befürchteten, allein von ihrem Kerngeschäft nicht mehr leben zu können. Daher haben sich viele in die Handwerksrolle eintragen lassen, um sich weitere Einkommensquellen zu erschließen. In der Praxis kam es dann aber anders als gedacht. Die meisten Schornsteinfeger sind heute mit ihren eigentlichen Schornsteinfegertätigkeiten gut ausgelastet und haben ein verlässliches, solides Einkommen. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass die Menschen diesem Handwerk vertrauen und dessen Arbeit schätzen.

Warum dann also eine Novelle des Schornsteinfegerhandwerksgesetzes? Nun, zunächst einmal geht es uns darum, den Vollzug des Gesetzes durch die Länder zu vereinfachen. So wird bei der Verwaltung der Kehrbezirke klargestellt, dass die so genannte Sammelausschreibung als Verfahren zur Neubesetzung von Bezirken genutzt werden kann. Auf diese Weise wird eine lückenlose Besetzung der Kehrbezirke gewährleistet und der Prozess der Massenausschreibungen verschlankt. Dann wollen wir die Kehrbuchdaten besser schützen. Dazu werden die Anforderungen an die Übergabe der Kehrbuchdaten konkretisiert. Zudem wurden die Pflichten der bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger bei der Übergabe von Bezirken an Nachfolger präzisiert.

Darüber hinaus wollen wir die Anforderungen an die Neutralität der Bezirksschornsteinfeger verschärfen. Für die allermeisten Schornsteinfeger bräuchten wir hier eigentlich keine Neuregelung, denn sie erledigen ihre Aufgaben auch so unparteiisch und zuverlässig. Leider gab es in der Vergangenheit aber auch einzelne Fälle, in denen bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger ihre Stellung ausgenutzt und sich die von ihnen eingebauten Öfen gegenseitig abgenommen haben. Dies darf natürlich nicht sein. Bereits nach geltender Rechtslage dürfen bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger daher keine Bescheinigungen für Anlagen ausstellen, wenn sie diese selbst oder Angehörige ihres Betriebes eingebaut oder verkauft haben. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf gehen wir noch einen Schritt weiter. In Zukunft dürfen Schornsteinfeger auch dann keine Bescheinigungen für Anlagen ausstellen, wenn Angehörige des Schornsteinfegers rechtlich oder wirtschaftlich an der Gesellschaft beteiligt sind, die die Anlage verkauft oder eingebaut hat. Damit schließen wir aus, dass ein Bezirksschornsteinfeger eine Anlage von jemandem abnimmt, mit dem er in einer verwandtschaftlichen oder nachweislichen wirtschaft-lichen Beziehung steht.

Wir sind uns bewusst, dass damit noch nicht alle theoretisch denkbaren Fälle von Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der Ofenbauer ausgeräumt sind. Daher haben wir die vom Ofenbauerhandwerk geforderten weiteren Einschränkungen der Nebentätigkeitsbefugnis für Bezirksschornsteinfeger geprüft, diese aber letztlich nicht in das Gesetz aufgenommen. Denn die damit verbundenen Eingriffe in die Berufs- und Gewerbefreiheit der Schornsteinfeger wären, wenn überhaupt, verfassungs-rechtlich nur schwer zu rechtfertigen gewesen. Es wird daher Aufgabe der Handwerksvertreter vor Ort sein, Lösungen zu finden, die einen für beide Berufsgruppen fairen Wettbewerb ermöglichen. Das klappt in vielen Regionen gut und ist auch in beiderseitigem Interesse.

Abschließend lässt sich sagen, dass die aktuellen Änderungen und die von 2008 wichtige und richtige Schritte für das Schornsteinfegerhandwerk sind. Denn dies ist eine Branche mit Zukunft. Während die Lehrlingszahlen in vielen Gewerken rückläufig sind, liegt die Ausbildungsbereitschaft dort seit einigen Jahren auf hohem Niveau. Auch das Interesse an diesem Beruf ist gestiegen: Mit der Ausschreibung der Kehrbezirke, steigen die Chancen junger Menschen, frühzeitig bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger zu werden. Es ist somit gut, dass wir hier aktiv geworden sind.

Vielen Dank!