Vielmehr haben auch die Jugendlichen ein Recht darauf und hätten es verdient, dass Sie als Bundesregierung ihr Anliegen aufnehmen und sich zur Lobby auch von jungen Menschen machen, nicht nur zu der für Kinder bis zu 14 Jahren.
Ganz herzlichen Dank, Herr Präsident. Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Dies ist sicherlich ein dankbares Thema für den Minister; denn wir sind uns bei diesem Gesetzentwurf durchaus in den wichtigen Teilen, die uns heute vorliegen, parteiübergreifend einig.
Ich beginne mit Erlaubnis des Präsidenten mit einem Zitat von Frank Patalong in Spiegel Online aus dem April dieses Jahres: Eigentlich sollte uns dieses Gesetz zutiefst beschämen. Er führt aus, man könne sich durchaus Gedanken darüber machen, dass es bedauerlich ist, dass man ein solches Gesetz überhaupt braucht, und man treffe diese Regelung in einem Gesetz, das eigentlich für Immissionen von Abgasanlagen und Industrieanlagen zuständig ist. Daran ist durchaus etwas, wenn man die gesellschaftliche Situation betrachtet: Man kann bedauern, dass wir dies überhaupt regeln müssen, weil sich zu viele Menschen beklagen und sogar gerichtlich gegen Kinderspielplätze oder Kindertagesstätten vorgehen.
Aber entscheidend ist für uns, dass wir nicht darüber trauern, dass es solche Zustände gibt, sondern dass wir den Kindern mit diesem Gesetz Freiräume schaffen und dass wir dies parteiübergreifend tun. Vor allem sorgen wir dafür, dass für Kinderlärm eine Privilegierung gilt und er daher dem Spielen und Sich-Entfalten nicht im Wege steht.
Ausdrücklich bedanke ich mich bei der Landesregierung von Rheinland-Pfalz, die mit ihrer Bundesratsinitiative im November 2009, also schon vor anderthalb Jahren, die Grundlage dafür geschaffen hat, dem Ganzen zusammen mit Anträgen der Opposition etwas Nachdruck zu verleihen. Daher kommen wir heute wenigstens in diesem einen Feld, was die Kinder betrifft, zu einer Sicherheit, wenngleich die Rechtssicherheit, wie Sie ja selbst gesagt haben, Herr Minister, erst dann gegeben sein wird, wenn, wie im SPD-Antrag vermerkt, auch das Baurecht und andere damit zusammenhängende Rechtsvorschriften geändert werden.
Trotzdem möchte ich mein Bedauern darüber ausdrücken, dass Sie mit diesem Gesetzentwurf doch ein ganzes Stück hinter dem zurückbleiben, was die Realität heute erfordert. In unserer Anhörung vom 14. März 2011 hat der Sachverständige Rainer Grund vom Baurechtsamt Stuttgart dazu etwas Treffendes gesagt. Er beschreibt, wie er es nennt, die offene Flanke, die dieser Gesetzentwurf bietet. Ich zitiere aus dem Protokoll der Anhörung:
Der Gesetzentwurf, der jetzt vorliegt, beschäftigt sich eigentlich nur ... mit dem Kinderlärm durch Kindertagesstätten oder durch klassische Spielplätze. Im praktischen Vollzug ist das der Bereich, der am wenigsten Probleme aufwirft.
Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, halte ich für zutiefst bedauerlich. Auch Sie, Herr Minister, haben mit keinem Wort erwähnt, dass die Kindheit eben nicht endet, wenn man den Kinderspielplatz verlässt. Sie endet auch nicht mit 14 Jahren; das ist meistens das Höchstalter, bis zu dem man einen Kinderspielplatz nutzen darf. Vielmehr haben auch die Jugendlichen ein Recht darauf und hätten es verdient, dass Sie als Bundesregierung ihr Anliegen aufnehmen und sich zur Lobby auch von jungen Menschen machen, nicht nur zu der für Kinder bis zu 14 Jahren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Wenn wir einerseits die Erkenntnisse aus den Anhörungen es war nicht nur der eine Sachverständige, der solche Ausführungen gemacht hat zugrunde legen und andererseits sehen, was uns zum Beispiel eine FDP-Kollegin im Ausschuss erläutert hat, tut sich ein Widerspruch auf. Sie sagte nämlich, der Kinderlärm bedürfe einer Regelung, denn man könne den Kindern nicht so gut sagen, dass sie still sein sollen, sie verstünden das noch nicht; Jugendlichen hingegen könnte man solche Hinweise durchaus geben.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Stellen Sie sich das einmal bildlich vor: Die Kollegin Skudelny rennt in Stuttgart von Bolzplatz zu Bolzplatz und sagt den Jugendlichen, sie sollen aber bitte ein bisschen leiser sein. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist weltfremd, und es ist auch ganz schön albern, welche Vorstellungen Sie haben. Sie drücken sich davor, eine Lösung für ein Thema zu finden, das den eigentlichen Konflikt vor Ort schafft.
(Patrick Döring (FDP): Sie haben alle Anträge, die wir in der letzten Wahlperiode gestellt haben, abgelehnt!)
Denn wenn Jugendliche ihrer Spielfreude Ausdruck verleihen wollen, macht dies viel mehr Probleme, aber für sie ist viel weniger Lobby vorhanden. Es wäre mutig und richtig gewesen, wenn Sie auch bei diesem Gesetzentwurf nicht bei den Kindern geendet hätten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN - Patrick Döring (FDP): Wo war Ihr Mut?)
Deshalb appelliere ich an Sie, dass Sie die vorliegenden Anträge der Opposition nicht in gewohnter Art und Weise beiseitelegen und nicht einfach sagen: Wir haben die Mehrheit, hurra, jetzt setzen wir uns einmal allein mit dem durch, was wir für richtig halten.
Wir haben uns als Opposition parteiübergreifend entschieden, Ihrem Gesetzentwurf zuzustimmen. Man könnte jetzt auch im Sinne einer guten demokratischen Kultur sagen: Im Gegenzug stimmen Sie den Anliegen der Opposition zu. Dazu zählt das Anliegen, eben auch Bolzplätze, Baseballanlagen, Skateranlagen und auch wohnortnahe Sportplätze einzubeziehen und vor allem gleichzustellen. Das alles ist in den Anträgen der Opposition enthalten. Ich kann Sie nur bitten: Schieben Sie das Ganze nicht auf die lange Bank. Die Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU und der FDP aus dem Sportausschuss vielleicht sind diese manchmal ein bisschen näher an der Realität haben einen eigenen Antrag eingebracht, in dem Sie ausdrücklich aufgefordert werden, auch Rechtssicherheit bei der Beurteilung von Lärm der Jugendeinrichtungen zu schaffen.
In diesem Sinne bitte ich Sie ganz dringend: Stimmen Sie auch den Oppositionsanträgen zu. Damit würden wir ein Gesetz verabschieden, das im Grunde genommen allen gerecht wird, Kindern und Jugendlichen. Wir hätten auch ein Stück Geschichte geschrieben, weil wir einmal nicht nur hinsichtlich des Gesetzes einig sind, sondern auch bei den dazu gehörenden Anträgen.
Danke schön.
(Beifall bei der SPD)