Wenn der Wald wirtschaftlich genutzt wird, soll dies naturnah geschehen. Viele Forstbetriebe tun das in vorbildlicher Weise. Aber nicht alle Formen der Waldbewirtschaftung genügen diesem Anspruch.

Guten Abend! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren!

 

Wir unternehmen heute den dritten Anlauf, das Bundeswaldgesetz zu novellieren.

(Peter Bleser [CDU/CSU]: Richtig!)

Aller guten Dinge sind drei. Viele Fragen sind unter den Fraktionen völlig unstrittig.

(Peter Bleser [CDU/CSU]: Auch richtig!)

Auch forstwirtschaftliche und Naturschutzakteure geben grünes Licht. In Kürze: Modernisierungsbedarf – das wurde eben schon gesagt – besteht in der Abgrenzung der Begriffe „Agroforstsysteme“ und „Kurzumtriebsplantagen“ vom Begriff „Wald“. KUPs werden vor allem als Option für die steigende Holznachfrage und unter gewissen Anforderungen als Alternative mit positiven Wirkungen für biologische Vielfalt und Böden verstanden. Zukünftig wollen wir die Besitzer kleiner Wälder stärken. Sie können ihr Holz zu fairen Bedingungen nutzen und auf den Markt bringen. Dafür erweitern wir den Aufgabenkatalog der forstwirtschaftlichen Vereinigungen. Diskussionsbedarf besteht momentan noch bei der Verkehrssicherungspflicht. Ich bin aber zuversichtlich, dass eine Lösung im berechtigten Interesse der Waldbesitzer gefunden wird. Aber dieser Punkt führt uns leider schon hinaus aus der schönen, seltenen Einigkeit. Sobald Belange des Naturschutzes angesprochen werden, endet die Kooperation.

(Peter Bleser [CDU/CSU]: Das wäre aber nicht nötig gewesen! – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Verweigern Sie sich!)

Cornelia Behm, Christel Happach-Kasan, Georg Schirmbeck – er ist heute nicht da – und Kirsten Tackmann – Sie, meine lieben Kollegen und Kolleginnen, kümmern sich schon seit vielen Jahren verdienstvoll um den Wald.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Peter Bleser [CDU/CSU]: Oh! Da haben Sie mich aber vergessen!)

Inwieweit einige von Ihnen zum Scheitern der ersten beiden Anläufe einer Novellierung beigetragen haben, dazu will ich keine Mutmaßungen anstellen.

(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Also wir waren unschuldig!)

Als neue wald- und forstpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion will ich drei Punkte ansprechen.

Erstens. Wem der Wald am Herzen liegt, der sollte bereit sein, Gesetze, die zum Teil seit 1975 nicht mehr angefasst wurden, zu ändern.

Zweitens. Meine politischen Forderungen für unseren Wald sind realistisch, aber auch maximal.

(Beifall bei der SPD)

Drittens. Ich sehe trotz Konfliktpotenzial, dass die Gemeinsamkeiten größer sind als die Gegensätze.

(Peter Bleser [CDU/CSU]: Das ist schon mal was!)

Wir müssen unser Waldgesetz jetzt an die geänderten Zeiten anpassen. Die nächsten 20, 30 Jahre sind für den Klimawandel entscheidend. Der Wald muss mit immer extremeren Wetterlagen klarkommen. Die Abgase aus Verkehr und Landwirtschaft setzen ihn noch immer unter Stress. Laut Waldbericht verbleiben die Schäden auf hohem Niveau. Es mangelt an alten Wäldern, an Alt- und Totholz. Beim Artenrückgang ist keine Trendwende zu verzeichnen. Ich erinnere hier an unsere international wie national eingegangenen Verpflichtungen zum Schutz der biologischen Vielfalt.

Das alles lässt nur einen Schluss zu: Wir brauchen Mindeststandards im Naturschutz für die gesamte Waldfläche.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wissen inzwischen so viel über ökologische und ökonomische Zusammenhänge im Wald und in der Forstwirtschaft. Dieses Wissen muss sich in einem modernen Bundeswaldgesetz wiederfinden. Darum will die SPD-Bundestagsfraktion die „gute fachliche Praxis“ im Bundeswaldgesetz verankern. Immer höre ich ein verstärktes Raunen allein bei der Nennung dieser drei Worte. Deshalb sage ich es einmal so: Wir müssen unsere Wälder in die Lage versetzen, aus sich heraus zu funktionieren. Die Nutzung des Waldes stresst ihn. Das ist letzten Endes nicht zu vermeiden. Unsere Pflicht ist es aber, den Stress für das Ökosystem auf ein Minimum zu beschränken.

(Zuruf von der CDU/CSU: Wie äußert sich denn Stress im Wald?)

Der SPD ist klar: Der Wald muss wirtschaftlich genutzt werden. Doch wir wollen, dass das naturnah geschieht. Viele Forstbetriebe, auch bei mir im Sauerland, tun das in vorbildlicher Weise. Ich kann aber nicht alle Formen der Waldbewirtschaftung gleichsam loben. Es gibt Waldbesitzer, die sehr verantwortungsvoll vorgehen, und andere, die das nicht tun.

Wenn wir die „gute fachliche Praxis“ im Gesetz verankern, hauen wir den schwarzen Schafen der Branche empfindlich auf die Finger. Denn die bereichern sich doch auf Kosten der naturnahen Waldwirtschaft. Mit der Aufnahme in das Bundeswaldgesetz binden wir alle Forstbetriebe an ein Mindestniveau des Naturschutzes. Damit schaffen wir auch wettbewerbsrechtlich einen einheitlichen Rahmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, ich glaube auch nicht, dass die „gute fachliche Praxis“ im Bundeswaldgesetz alle Probleme löst. Aber ohne sie wird es auch nicht gehen. Sie ist ein wichtiges Instrument der Naturschutzpolitik im Wald. Warum geht nicht beim Wald, was doch bei der Landwirtschaft geht? Da ist es verankert.

Klar brauchen wir naturnahe Waldwirtschaft, braucht es Vertragsnaturschutz, Beratungen, Zertifizierungen und in Zukunft vermehrt wohl auch ein Honorierungssystem von Natur- und Klimaschutzleistungen. Der Mix aus den Instrumenten macht es. Sicher kennen Sie die umfangreiche wissenschaftliche Arbeit zu den Bausteinen einer Naturschutzpolitik im Wald des BfN. Die kommt zu dem Schluss: Mit den Kriterien der „guten fachlichen Praxis“ sind keine gravierenden ökonomischen Auswirkungen zu befürchten. Auch die forstliche Förderung bliebe weitgehend unbeeinträchtigt. Wir schlagen ja auch eine Regelungsverteilung zwischen Bund und Ländern vor. Da bleibt viel Spielraum für die Präzisierung bei den Ländern. Ein Naturschutz, der keine gesellschaftspolitische Akzeptanz hat, wird langfristig scheitern. Eine Bewirtschaftung, die unsere Wälder und ihre Lebensformen empfindlich stört oder sogar zerstört, hat schon heute keine gesellschaftspolitische Akzeptanz mehr.

Daher meine Bitte an Sie: Setzen wir uns noch einmal an einen Tisch und beraten wir über die gesetzliche Verankerung der GfP. Hier können wir alle gemeinsam einen guten Aufschlag schon vor dem Internationalen Jahr der Wälder 2011 machen. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)