Für die Arbeitsfähigkeit des Deutschen Bundestages und anderer nationaler Parlamente ist die zügige Vorlage übersetzter EU-Dokumente von zentraler Bedeutung. Es ist nicht hinnehmbar, wenn EU-Vorlagen wegen der fehlenden Übersetzung nicht in den Fachausschüssen des Bundestages beraten werden können. Wir fordern daher seit Jahren eine grundlegende Reform des EU-Übersetzungsregimes. Auch für die SPD-Fraktion steht außer Frage, dass alle EU-Vorlagen in den 23 Amtssprachen der EU vorliegen müssen, damit die nationalen Parlamente ihre Mitwirkungs- und Kontrollaufgaben angemessen wahrnehmen können. Das gilt für Dokumente, die im Rahmen der Gemeinschaftsmethode erarbeitet wurden, ebenso wie für Vorlagen aus dem Bereich des intergouvernementalen Handelns der Mitgliedstaaten, also für Vorlagen der GASP/ESVP, zu den Rettungsschirmen EFSF und ESM, zum Fiskalpakt und zum Euro-Plus- Pakt.

Im Grundsatz sind wir uns in dieser Frage fraktions­übergreifend einig. Umso ärgerlicher, dass die Koali­tionsfraktionen nicht bereit waren, sich mit der Oppo­sition noch einmal zusammenzusetzen, um einen akzeptablen Kompromiss zu schmieden. Der Dissens be­steht nämlich in der nicht unerheblichen Frage, aus wel­chem Topf das Geld für diese Übersetzungsleistungen genommen werden soll. Die Argumente von CDU/CSU und FDP zur Finanzierung des neuen Übersetzungsre­gimes sind mehr als abenteuerlich: Wenn es um die Zu­stimmungsvoraussetzungen für den ESM-Vertrag geht, erklärt uns die Bundesregierung seit Wochen, der dau­erhafte Rettungsschirm stehe „bewusst außerhalb des europäischen Rechtsrahmens“ und sei damit nicht als Angelegenheit der Europäischen Union nach Art. 23 Grundgesetz zu behandeln. Wenn es aber um Überset­zungsleistungen für Dokumente geht, die im Kontext des ESM-Vertrags erarbeitet werden, fordern die Koalitions­fraktionen wiederum, dass diese aus Mitteln des EU-Haushalts finanziert werden sollen. Diese Logik er­schließt sich mir nicht. Das passt doch vorne und hinten nicht zusammen.

Des Weiteren fordern CDU/CSU und FDP in ihrem Antrag, die deutlich gestiegenen Übersetzungserforder­nisse der nationalen Parlamente „in gebührender Weise“ bei den laufenden Verhandlungen über den Mehrjährigen Finanzrahmen der EU für den Zeitraum 2014 bis 2020 zu berücksichtigen. Das verwundert mich; denn eigent­lich spricht sich die Bundesregierung doch hartnäckig für eine Kürzung des Gesamtvolumens des MFR auf 1 Prozent des Bruttonationaleinkommens aus. In Brüssel vertritt die Bundesregierung gerne das Motto Better Spending, während sie in Berlin dafür eintritt, mehr Geld auszugeben. Diese Milchmädchenrechnung kann in der Praxis nicht aufgehen.

Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist klar: Für Dokumente, die nicht im Rahmen der klassi­schen Gemeinschaftsmethode, sondern im Bereich des intergouvernementalen Handelns der Mitgliedstaaten er­arbeitet worden sind, müssen zusätzliche finanzielle Ressourcen bereitgestellt werden. Diese Mittel dürfen aus unserer Sicht jedoch nicht aus dem EU-Haushalt stammen, sondern sie müssen aus den nationalen Haus­halten der teilnehmenden Mitgliedstaaten finanziert wer­den. Es kann doch nicht angehen, dass die Europäische Union die Rechnung für die Merkel’sche Unionsme­thode zahlen soll! Aus den genannten Gründen kann meine Fraktion den Antrag von CDU/CSU und FDP nicht mittragen.